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Urteil : Löschungspflicht von Einträgen über erledigte Zahlungsstörungen bei Kreditauskunfteien : aus der RDV 4/2025, Seite 203 bis 206

(OLG Köln, Urteil vom 11. April 2025 – 15 U 294/24 –)

Lesezeit 14 Min.

Entsprechend der gesetzlichen Wertung des § 882e Abs. 3 Nr.  1 ZPO dürfen Wirtschaftsauskunfteien Informationen über Zahlungsstörungen, die auch in das Schuldnerverzeichnis nach § 882b ZPO eingetragen sind oder dort eingetragen werden könnten, nicht länger speichern, wenn die vollständige Befriedigung des Gläubigers gemeldet worden ist.

Aus den Gründen:

Die […] Schadenersatzansprüche sind entgegen der Auffassung des Landgerichts gem. Art. 82 Abs. 1 DS‑GVO in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang gerechtfertigt.

  1. Die Beklagte hat gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstoßen, indem sie die in den ursprünglichen Klageanträgen genannten Einträge über Zahlungsstörungen des Klägers auch nach dem Ausgleich der Forderungen am 02.12.2020, am 04.11.2021 beziehungsweise im Dezember 2022 für drei beziehungsweise gut zwei Jahre weiterhin gespeichert und für ihre Kunden zum Abruf bereitgehalten hat. Nach der Erfüllung der Forderungen war die fortdauernde Speicherung der – nunmehr zusätzlich mit einem Erledigungsvermerk versehenen – Einträge betreffend die zuvor aufgetretenen Zahlungsstörungen rechtswidrig, weil die in Art. 6 Abs. 1 DS‑GVO genannten Bedingungen nicht länger erfüllt waren.

a) Dies gilt insbesondere für die in Art.  6 Abs.  1 UAbs.  1 lit. f) DS‑GVO genannte Bedingung. Die von dieser Vorschrift geforderte Beurteilung der Frage, ob die berechtigten Interessen der Beklagten vernünftigerweise nicht durch eine kürzere Dauer der Datenspeicherung erreicht werden können, erfordert eine Abwägung der einander gegenüberstehenden Rechte und Interessen (vgl. EuGH, Urt. v. 07.12.2023 – C-26/22, ZD 2024, 166 Rn. 92). Bei dieser Abwägung ist vor‑ liegend in Ermangelung einer gesetzlichen Regelung der für Wirtschaftsauskunfteien maßgeblichen Speicherfristen (vgl. BT-Drs.  20/10859 S.  34 ff. [Buchstabe f nebst Begründung]) die gesetzliche Wertung des §  882e Abs.  3 Nr.  1 ZPO maßgeblich zu berücksichtigen. Danach wird eine Eintragung im Schuldnerverzeichnis auf Anordnung des zentralen Vollstreckungsgerichts gelöscht, wenn diesem die vollständige Befriedigung des Gläubigers nachgewiesen worden ist. Unter Berücksichtigung dieser Wertung hätte die Beklagte die fraglichen Einträge über Zahlungsstörungen des Klägers löschen müssen, nachdem ihr die vollständige Befriedigung der Gläubiger durch entsprechende Meldungen der Gläubiger nachgewiesen worden war.

aa) Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Art. 5 Abs. 1 lit. a) und Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) DS‑GVO einer Praxis privater Wirtschaftsauskunfteien entgegenstehen, die darin besteht, in ihren eigenen Datenbanken aus einem öffentlichen Register stammende Informationen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung zugunsten natürlicher Personen zum Zweck der Lieferung von Auskünften über die Kreditwürdigkeit dieser Personen für einen Zeitraum zu speichern, der über die Speicherdauer der Daten im öffentlichen Register hinausgeht (vgl. EuGH, Urt. v. 07.12.2023 – C-26/22, ZD 2024, 166). Die anderslautende Entscheidung des Senats vom 27.01.2022 – 15 U 153/21 – (ZD 2022, 233), die nach Rücknahme der dagegen eingelegten Revision rechtskräftig geworden ist, ist damit ebenso überholt wie die vom Landgericht angeführten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Stuttgart (Urt. v. 10.08.2022 – 9 U 24/22, ZD 2022, 691) und Oldenburg (Urt. v. 23.11.2021 – 13 U 63/21, ZD 2022, 103, ausdrücklich aufgegeben im Beschl. v. 13.03.2024 – 13 W 9/24, Anlage zur Be‑ rufungsreplik) sowie des Kammergerichts (Urt. v. 15.02.2022 – 27 U 51/21, ZD 2022, 335).

bb) Zwar bezieht sich die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nur auf in einem Insolvenzregister veröffentlichte Informationen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung. Für Eintragungen im Schuldnerverzeichnis gem. §  882b ZPO kann aber nichts Anderes gelten (vgl. BeckOK-Datenschutzrecht/Krämer, §  31 BDSG Rn. 77 [Stand: 01.11.2024]), denn zwischen dem Insolvenzregister und dem Schuldnerverzeichnis bestehen keine Unterschiede, die für die vorzunehmende Interessenabwägung von wesentlicher Bedeutung wären. Es ist der Beklagten deshalb verwehrt, aus dem öffentlichen Schuldnerverzeichnis stammende Informationen zum Zweck der Lieferung von Auskünften über die Kreditwürdigkeit der eingetragenen Schuldner für einen Zeitraum zu speichern, der über die Speicherdauer der Daten im öffentlichen Register hinausgeht (vgl. OLG Oldenburg, Beschl. v. 13.03.2024 – 13 W 9/24, Anlage zur Berufungsreplik; LG München, Urt. v. 19.07.2024 – 47 O 16029/23, Anlage zur Berufungsbegründung).

Der Europäische Gerichtshof hat bei seiner Entscheidung berücksichtigt, dass die Analyse einer Wirtschaftsauskunftei insoweit, als sie eine objektive und zuverlässige Bewertung der Kreditwürdigkeit der potenziellen Kunden der Vertrags‑ partner der Wirtschaftsauskunftei ermöglicht, Informationsunterschiede ausgleichen und damit Betrugsrisiken und andere Unsicherheiten verringern kann. Andererseits stelle die Verarbeitung von Daten über die Erteilung der Restschuldbefreiung einen schweren Eingriff in die in den Art. 7 und 8 der Charta verankerten Grundrechte der betroffenen Person dar, weil solche Daten als negativer Faktor bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit der betroffenen Person dienten; die Weitergabe solcher Daten sei geeignet, die Ausübung ihrer Freiheit erheblich zu erschweren, insbesondere wenn es darum gehe, Grundbedürfnisse zu decken. Zudem seien die Folgen für die betroffene Person umso größer und die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Speicherung dieser Informationen umso höher, je länger die fraglichen Daten gespeichert würden (vgl. EuGH, Urt. v. 07.12.2023 – C-26/22, ZD 2024, 166 Rn. 93 bis 95). Diese Erwägungen lassen sich ohne Weiteres auf Eintragungen im Schuldnerverzeichnis gem. § 882b ZPO übertragen.

Der Europäische Gerichtshof hat bei seiner Entscheidung ferner das Ziel eines öffentlichen Insolvenzregisters berück‑ sichtigt, eine bessere Information der betroffenen Gläubiger und Gerichte zu gewährleisten (vgl. EuGH, Urt. v. 07.12.2023 – C-26/22, ZD 2024, 166 Rn. 96). Das Schuldnerverzeichnis gem. § 882b ZPO dient ersichtlich demselben Zweck. Soweit der Europäische Gerichtshof ferner darauf abgestellt hat, dass das Ziel der Erteilung einer Restschuldbefreiung, dem Begünstigten eine erneute Beteiligung am Wirtschaftsleben zu ermöglichen, gefährdet wäre, wenn Wirtschaftsaus‑ kunfteien Daten über eine Restschuldbefreiung auch nach einer Löschung aus dem öffentlichen Insolvenzregister speichern und verwenden könnten (vgl. EuGH, Urt. v. 07.12.2023 – C-26/22, ZD 2024, 166 Rn. 98), steht auch diese Erwägung einer Übertragung der Rechtsprechung auf Eintragungen im Schuldnerverzeichnis nicht entgegen. Es ist kein Grund ersichtlich, warum das Interesse eines im Schuldnerverzeichnis eingetragenen Schuldners, sich nach Befriedigung seiner Gläubiger und nach einer Löschung des Eintrags im Schuldnerverzeichnis am Wirtschaftsleben zu beteiligen, geringeres Gewicht haben sollte, als das Interesse eines Insolvenzschuldners nach Erteilung der Restschuldbefreiung und nach Löschung des entsprechenden Eintrags im Insolvenzregister. Ebenso wie im Falle des Insolvenzregisters müssen deshalb auch beim Schuldnerverzeichnis die vom deutschen Gesetz‑ geber (vgl. EuGH, Urt. v. 07.12.2023 – C-26/22, ZD 2024, 166 Rn. 97) geregelten zeitlichen Beschränkungen für die Datenspeicherung im öffentlichen Register auch für die Speicherung entsprechender Einträge durch die Beklagte maßgeblich sein.

cc) Zwar wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung angenommen, bei einer Speicherung und Verarbeitung von Daten durch die Beklagte sei eine dem Schuldnerverzeichnis vergleichbare Situation nicht gegeben (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 18.01.2023 – 7 U 100/22, ZD 2023, 217 Rn. 37 f.; OLG Bremen, Urt. v. 03.07.2023 – 1 U 8/22, ZD 2023, 748 Rn. 15; OLG München, Beschl. v. 30.01.2025 – 37 U 3936/24, Anlage BB 6; v. 20.02.2025 – 37 U 4148/24, Anlage BB 7; OLG Koblenz, Beschl. v. 05.03.2025 – 5 U 1018/24, Anlage BB 9; vom 10. März 2025 – 5 U 1026/24, Anlage BB 10; OLG Stuttgart, Beschl. v. 04.04.2025 – 9 U 141/24, Anlage zum Schriftsatz v. 10.03.2025). Diese Erwägungen, denen sich das Landgericht angeschlossen hat, überzeugen aber nicht.

Warum der Kreis an potenziell gegenüber der Beklagten Auskunftsberechtigten deutlich geringer sein soll als der Per‑ sonenkreis, der zu einer Einsicht in das Schuldnerverzeichnis befugt ist, und warum eine Auskunftserteilung durch die Beklagte von höheren Voraussetzungen abhängig sein soll als eine – ebenfalls kostenpflichtige (Nummer 2.3 der Anlage zu § 124 JustG NRW) – Einsicht in das Schuldnerverzeichnis, er‑ schließt sich mit Blick auf §  882f Abs.  1 ZPO nicht (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 10.08.2022 – 9 U 24/22, ZD 2022, 691 Rn. 49; OLG Oldenburg, Beschl. v. 13.03.2024 – 13 W 9/24, Anlage zur Berufungsreplik).

Vor allem aber kann es darauf nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nicht mehr ankommen. Denn das Insolvenzregister, auf das sich die Entscheidung des Gerichtshofs bezieht, kann – anders als das Schuldnerverzeichnis – sogar von beliebigen Dritten ohne große Schwierigkeiten und ohne Darlegung eines berechtigten Interesses einge‑ sehen werden. Unter anderem deshalb hatte der Senat die Regelung des § 3 InsoBekV in Bezug auf die Speicherung von Daten durch die Beklagte für nicht maßgeblich erachtet (vgl. Senatsurt. v. 27.01.2022 – 15 U 153/21, ZD 2022, 233 Rn. 38), woran nach der Entscheidung des Gerichtshofs nicht festgehalten werden kann.

dd) Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen darf die Beklagte Informationen über Zahlungsstörungen, die in das Schuldnerverzeichnis nach § 882b ZPO eingetragen sind oder dort eingetragen werden könnten, auch dann nicht länger speichern als für das Schuldnerverzeichnis vorgesehen, wenn die Beklagte die Informationen nicht durch Einsicht in das Schuldnerverzeichnis, sondern aus anderen Quellen erhalten hat (vgl. OLG Oldenburg, Beschl. v. 13.03.2024 – 13 W 9/24, Anlage zur Berufungsreplik). Solche aus anderen Quellen stammenden Informationen über Zahlungsstörungen, die auch in das Schuldnerverzeichnis eingetragen werden könnten, muss die Beklagte deshalb nach der gesetzlichen Wertung des § 883e Abs. 3 Nr. 1 ZPO löschen, wenn ihr die vollständige Befriedigung des Gläubigers nachgewiesen wird.

Aus den Gesetzesmaterialien zu dieser Vorschrift ergibt sich, dass ihr die Erwägung zugrunde liegt, dass durch eine vollständige Befriedigung des Gläubigers das Informationsinteresse des Geschäftsverkehrs beseitigt wird (BT-DruckS.  16/10069 S. 40). Diese Wertung des deutschen Gesetzgebers muss ausgehend von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs auch dann maßgeblich sein, wenn Wirtschaftsauskunfteien wie die Beklagte Informationen über Zahlungsstörungen speichern, die auch in das Schuldnerverzeichnis eingetragen werden könnten (vgl. LG Duis‑ burg, Urt. i. Verfahren 4 O 423/23, Anlage zur Berufungsbegründung; LG Berlin II, Urt. v. 24.03.2025 – 61 O 385/24, Anlage zum Schriftsatz des Klägers v. 27.03.2025; für §  882e Abs.  1 ZPO ebenso OLG Stuttgart, Urt. v. 10.08.2022 – 9 U 24/22, ZD 2022, 691 Rn. 49). Denn Wirtschaftsauskunfteien verfolgen mit ihren Datenbanken keine anderen Zwecke als das Schuld‑ nerverzeichnis (vgl. OLG Oldenburg, Beschl. v. 13.03.2024 –13 W 9/24, Anlage zur Berufungsreplik). Auch dieses soll nach dem Willen des Gesetzgebers und entgegen den Ausführungen der Beklagten nicht nur die Vollstreckung von Forderungen ermöglichen, sondern es hat weitergehend die Funktion eines Auskunftsregisters über die Kreditwürdigkeit einer Person (vgl. BT-Drs. 16/10069 S. 37). Keinem anderen Zweck dient die Datenbank der Beklagten. Auf die von ihr vorgenommenen statistischen Untersuchungen kann es deshalb nicht ankommen; die Ergebnisse dieser Untersuchungen ändern nichts an der Maßgeblichkeit der gesetzlichen Wertung.

Dass die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nach §  882c ZPO eine Anordnung des Gerichtsvollziehers voraussetzt, während die Datenverarbeitung der Beklagten in der Regel auf einer Meldung des Gläubigers beruht, ist ebenfalls unerheblich. Es ist kein Grund ersichtlich, warum an der Speicherung einer von einem privaten Gläubiger gemeldeten Zahlungsstörung ein größeres Interesse bestehen sollte als an der Speicherung einer vom Gerichtsvollzieher im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens angeordneten Eintragung. Ferner kann es auch nicht darauf ankommen, dass eine Löschung nach § 882e Abs. 3 Nr. 1 ZPO verfahrensmäßig von einer Anordnung des zentralen Vollstreckungsgerichts abhängt.

ee) Allerdings ist bezüglich der drei Forderungen, die gegen den Kläger gerichtet waren, eine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nicht erfolgt und hätte offenbar auch nicht erfol‑ gen dürfen, weil die Voraussetzungen des § 882c Abs. 1 S. 1 ZPO nicht vorlagen. Auch dies ändert aber nichts daran, dass die Beklagte die Forderungen löschen musste, nachdem ihr durch entsprechende Meldungen der Gläubiger deren vollständige Befriedigung nachgewiesen worden war. Denn wenn in den in §  882c Abs.  1 S.  1 ZPO genannten Fällen, in denen (sogar) Vollstreckungsmaßnahmen (Antrag auf Erteilung einer Vermögensauskunft) zunächst nicht zu einer Befriedigung geführt haben, entsprechende Einträge nach der späteren Befriedigung des Gläubigers gelöscht werden müssen, muss dies auch und erst recht gelten, wenn der Schuldner – wie im Streitfall offenbar der Kläger – den Gläubiger einer titulier‑ ten beziehungsweise mehrfach angemahnten unstreitigen Forderung ohne den Druck von Vollstreckungsmaßnahmen befriedigt (zutreffend LG München, Urt. v. 19.07.2024 – 47 O 16029/23, Anlage zur Berufungsbegründung).

b) Dass nach Ziffer IV. 1 lit. b) der vom Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit genehmigten Verhaltensregeln für die Prüf- und Speicherfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien v. 25.05.2024 auch personenbezogene Daten über ausgeglichene Forderungen für bestimmte Zeiträume gespeichert werden dürfen, ist unerheblich. Denn Verhaltensregeln i.S.d. Art. 40 DS‑GVO, die zu einer anderen Beurteilung führen würden als derjenigen, die sich nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) DS‑GVO ergibt, können bei der Abwägung nach dieser Bestimmung nicht berücksichtigt werden (vgl. EuGH, Urt. v. 07.12.2023 – C-26/22, ZD 2024, 166 Rn. 105). Davon geht die Beklagte auch selbst aus.

2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist dem Kläger wegen des Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung ein immaterieller Schaden entstanden. Dabei kann es dahinstehen, ob ein Kontrollverlust vorliegt (vgl. OLG Schleswig, Urt. v. 22.11.2024 – 17 U 2/24, juris Rn. 133). Denn jedenfalls hat der Kläger eine Rufschädigung erlitten (vgl. ErwG 85 DS‑GVO). Ob eine Rufschädigung allein daraus folgt, dass die Beklagte die Daten über die Zahlungsstörungen auch nach der Erfüllung der einzelnen Forderungen weiterhin gespeichert hat, kann offenbleiben. Denn jedenfalls hat die Beklagte ausweislich der Einblendung auf Seite 2 der erstinstanzlichen Treplik im Jahr 2023 – also nach der Erfüllung der letzten Forderung – mehreren Banken, einem Energieversorgungsunternehmen und einem Telekommunikationsunternehmen Scorewerte und Erfüllungswahrscheinlichkeiten mitgeteilt, die sie unter Berücksichtigung der Zahlungsstörungen ermittelt hatte. Die fortdauernde Speicherung der Zahlungsstörungen ist somit dafür ursächlich geworden, dass die Beklagte ihren genannten Vertragspartnern gegenüber die Kreditwürdigkeit des Klägers in Zweifel gezogen hat, was sich abträglich auf dessen sozialen Geltungsanspruch ausgewirkt hat (vgl. BGH, Urt. v. 28.01.2025 – VI ZR 183/22, NJW 2025, 1059 Rn. 12; Senatsurteile v. 25.04.2024 – 15 U 204/22; v. 13.02.2025 – 15 U 35/24). Dass die genannten Übermittlungen keine weiteren nachteiligen Folgen für den Kläger hatten, steht der Annahme eines immateriellen Schadens in Gestalt einer Rufschädigung nicht entgegen (vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 30.08.2023 – 13 U 71/21, juris Rn. 7).

4. Die Haftung der Beklagten ist nicht nach Art. 82 Abs. 3 DS‑GVO ausgeschlossen. Die Beklagte hat nicht nachgewiesen, dass sie in keinerlei Hinsicht für den Umstand, durch den der Schaden eingetreten ist, verantwortlich ist. Der Umstand, dass sie sich genehmigten Verhaltensregeln unterworfen hat, schließt ihre Haftung nicht aus (vgl. Bergt, in: Kühling/ Buchner, DS‑GVO BDSG, 4. Aufl., Art. 82 DS‑GVO Rn. 50; Bergt/ Pesch, ebd., Art. 40 DS‑GVO Rn. 43; vgl. auch Art. 42 Abs. 4 DS‑GVO bei einer Zertifizierung). Denn da die Genehmigung der Verhaltensregeln keine Erlaubniswirkung hat, durfte die Beklagte nicht auf die Richtigkeit der der Genehmigung zugrunde liegenden Rechtsauffassung vertrauen, sondern musste damit rechnen, dass die in den Verhaltensregeln vorgesehenen Speicherfristen im Fall einer gerichtlichen Überprüfung als zu lang angesehen werden. Insbesondere musste sie damit rechnen, dass die für öffentliche Register geltenden Speicherfristen als auch für sie maßgeblich angesehen werden, was in der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits lange vor Klageerhebung im November 2023 vertreten worden war (vgl. OLG Schleswig, Urt. v. 02.07.2021 – 17 U 15/21, ZD 2021, 584). Die Beklagte kann sich daher nicht mit Erfolg auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum berufen, unabhängig von der Frage, ob ein Rechtsirrtum den Schädiger im Rahmen von Art. 82 Abs. 3 DS‑GVO überhaupt entlasten kann.

4. Der Höhe nach bemisst der Senat den immateriellen Schaden mit einem Betrag von 500 € (vgl. BGH, Urt. v. 28.01.2025 – VI ZR 183/22, NJW 2025, 1059 Rn. 13).

Nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfüllt der in Art.  82 Abs.  1 DS‑GVO vorgesehene Schadenersatzanspruch ausschließlich eine Ausgleichsfunktion, jedoch keine Abschreckungs- oder Straffunktion. Da‑ raus folgt, dass sich die Schwere des Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung nicht auf die Höhe des Scha‑ denersatzes auswirken kann (vgl. EuGH, Urt. v. 11.04.2024 – C-741/21, NJW 2024, 1561 Rn. 59 f.; v. 20.06.2024 – C-590/22, ZD 2024, 519 Rn. 41; BGH, Urt. v. 18.11.2024 – VI ZR 10/24, NJW 2025, 298 Rn. 25; v. 28.01.2025 – VI ZR 183/22, NJW 2025, 1059 Rn. 10 f.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen erscheint im Streitfall ein Betrag von 500 € erforderlich, aber auch ausreichend, um den vom Kläger erlittenen immateriellen Schaden auszugleichen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die rechtswidrige Datenspeicherung über einen Zeitraum von mehreren Jahren angedauert und – wie unter Ziffer 2 ausgeführt – zu mehreren Übermittlungen von negativen Scorewerten an Vertrags‑ partner der Beklagten geführt hat. Dass diese Übermittlungen weitere negativen Folgen für den Kläger hatten, lässt sich allerdings nicht feststellen. Soweit der Kläger behauptet hat, ihm seien wegen seiner Eintragung bei der Beklagten der Abschluss eines Mobilfunk- und eines Energielieferungsvertrags verwehrt worden, hat das Landgericht diesen Vortrag als nicht erwiesen angesehen. Dies greift die Berufung nicht an. Soweit der Kläger sich auf Probleme im Zusammenhang mit einem Umzug und mit einer diesbezüglichen Kreditaufnahme berufen hat, lässt sich nicht feststellen, dass diese Probleme kausal auf einen Verstoß der Beklagten gegen die Datenschutz-Grundverordnung zurückzuführen sind. Denn die Probleme sollen nach dem Vortrag des Klägers bereits im Jahr 2021 und/oder im Oktober 2022 aufgetreten sein. Zu diesem Zeitpunkt war die dritte Forderung noch nicht erledigt und die Beklagte war noch berechtigt, diese Zahlungsstörung zu speichern und bei der Berechnung des Scorewertes zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger behauptet hat, er habe eine Stelle nicht erhalten. Der Kläger hat bei seiner persönlichen Anhörung erklärt, dies sei im Frühjahr 2021 oder 2022 gewesen (Seite 1 der Sitzungsniederschrift des Landgerichts vom 31.05.2024). Des Weiteren wird die Schwere der Rufschädigung dadurch relativiert, dass die von der Beklagten gespeicherten Zahlungsstörungen tatsächlich aufgetreten waren und die Beklagte der Ermittlung des Scorewertes keinen falschen Sachverhalt zugrunde gelegt hat.

5. Der Zinsanspruch folgt aus den §§  291, 288 Abs.  1 S.  2 BGB.

6. Als weiterer materieller Schaden sind die dem Kläger durch das Anwaltsschreiben vom 03.08.2023 entstandenen Kosten ersatzfähig. Ausgehend davon, dass der immaterielle Schaden nur mit 500 € zu bemessen ist, sind die ersatzfähigen Kosten allerdings nicht nach einem Gegenstandswert von 5.500 €, sondern nur nach einem Wert von bis zu 5.000 € zu bemessen. Es errechnet sich ein Betrag von 540,50 € (1,3 Geschäftsgebühren zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer).