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Urteil : Fristlose Kündigung wegen unbefugter Datenlöschung : aus der RDV 3/2014, Seite 167

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  1. Eine unbefugte Datenlöschung kann zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen.
  2. Es gehört zu den vertraglichen Nebenpflichten eines Arbeitsverhältnisses i.S.d. § 241 Abs. 2 BGB, dass der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber den Zugriff zu seinen Arbeitsergebnissen, die auch in digitaler Form abgespeichert sein können, jederzeit ermöglicht. Daran ändert nichts, dass der Arbeitnehmer den Rechner auch für private Korrespondenz nutzt.

(Nicht amtliche Leitsätze)

Aus den Gründen:

a) Die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dem das Berufungsgericht folgt, in zwei aufeinander folgenden Schritten durchzuführen. Danach ist zunächst zu prüfen, ob ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung an sich vorliegt. Sodann ist im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zu entscheiden, ob unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar war.

b) Dem Arbeitsgericht ist insofern zuzustimmen, als die dem Kläger vorgeworfene Datenlöschung vom 30. Juni 2009 einen wichtigen Grund an sich für eine außerordentliche Kündigung darstellt, da mit ihr Daten über die Kundenbeziehungen der Beklagten, mit denen der Kläger während des Arbeitsverhältnisses arbeitete, zerstört wurden. Dabei kommt es weder darauf an, ob und mit welchem Aufwand ein Teil dieser gelöschten Daten wiederhergestellt werden konnte, noch darauf, ob und in welchem Umfang die Beklagte für den weiteren Geschäftsablauf diese Daten tatsächlich benötigte. Denn es gehört zu den vertraglichen Nebenpflichten eines Arbeitsvertragsverhältnisses i.S.d. § 241 Abs. 2 BGB, dass der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber den Zugriff zu seinen Arbeitsergebnissen, die auch in digitaler Form abgespeichert sein können, jederzeit ermöglicht. Hierzu gehören gerade auch bei einer kundenbezogenen Tätigkeit, wie sie der Kläger für die Beklagte ausübte, die Adressen der Kunden, die vereinbarten Termine sowie die tätigkeitsbezogene E-Mail-Korrespondenz.

Wenn ein Arbeitnehmer – zumal in einem weder durch eine Kündigung noch durch einen Aufhebungsvertrag beendeten Arbeitsverhältnis – seinem Arbeitgeber eigenmächtig den Zugriff zu diesen Daten entzieht oder diese Daten in einer Weise löscht, dass sie nur mit erheblichem Aufwand wiederherzustellen sind, verstößt er derart gegen die selbstverständlichen Nebenpflichten eines jeden Arbeitnehmers, die Interessen des Arbeitgebers als seines Vertragspartners zu berücksichtigen, dass ein solches Verhalten in aller Regel zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt und die Fortsetzung bis zum Ende der Kündigungsfrist unzumutbar ist.

Dabei kommt es nach Auffassung der erkennenden Kammer auch nicht darauf an, inwieweit der Kläger diese Daten mit Hilfe von Programmen verarbeitet und gespeichert hat, die er auch für private Korrespondenz nutzte, und inwieweit ihm letzteres von der Beklagten gestattet worden war, denn es steht außer Frage, dass es sich bei dem genutzten Rechner um ein Betriebsmittel handelte, das ihm von der Beklagten zur Erledigung der arbeitsvertraglich vereinbarten Leistungen zur Verfügung gestellt worden war und das er auch zweifellos zu diesem Zweck benutzte.

d) Das Gericht ist auch nicht daran gehindert, das durch das Gutachten ermittelte Beweisergebnis zu verwerten, obwohl die Auswertung der dem Gutachter überreichten Festplatte ergab, dass sich unter den vom Kläger gelöschten Dateien auch private E-Mails und private Kontaktadressen befanden.

Angesichts der Tatsache, dass der Rechner dem Kläger als Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt war und er dort in erheblichem Umfang Daten verarbeitete und speicherte, die er zur Erledigung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten benötigte, wiegt der Umstand, dass im Rahmen der Beweisaufnahme auch private Dateien des Klägers namentlich bekannt wurden, als so geringer Eingriff in dessen Privatsphäre, dass dies nicht zu einem Beweisverwertungsverbot führt und deshalb der Frage, ob dem Kläger die private Nutzung des Rechners der Beklagten überhaupt gestattet war, nicht weiter nachgegangen werden muss.

Schließlich war auch vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung keine Abmahnung erforderlich, die in aller Regel einer Kündigung wegen eines arbeitsvertragswidrigen Verhaltens vorausgehen muss, denn dem Kläger musste auch ohne eine solche Warnung klar sein, dass sein Verhalten – die Löschung aller kundenbezogenen Daten auf seinem Rechner – von der Beklagten keinesfalls hingenommen werden würde. Hierfür spricht schon die Tatsache, dass er die Löschung unmittelbar vor dem Verlassen des Betriebs ausführte und in der Folge stets bestritt, obwohl seine Täterschaft von Anfang an nahe lag.