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Urteil : Einwilligung in die Abtretung von Zahnarztforderungen : aus der RDV 4/2014, Seite 208 bis 210

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Oktober 2013 – II ZR 325/12 –)

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Die von einem Zahnarzt formularmäßig verwendete Einverständniserklärung, die vorsieht, dass der Patient der Abtretung der zahnärztlichen Honorarforderung an eine gewerbliche Abrechnungsgesellschaft und gegebenenfalls der weiteren Abtretung an ein Kreditinstitut zum Zwecke der Refinanzierung zustimmt, enthält inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen, die Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein können.

Sachverhalt:

  1. Die Klägerin zu 2 (im Folgenden: Klägerin) übernimmt geschäftsmäßig die Erstellung und den Einzug zahnärztlicher Honorarrechnungen. Sie verlangt von der Beklagten aus abgetretenem Recht das Honorar für eine zahnärztliche Behandlung, die der vormalige Kläger zu 1 (im Folgenden: Zedent) durchgeführt hat.
  2. Die Beklagte befand sich vom 30. Januar 2004 bis Mai 2005 in zahnärztlicher Behandlung in der Praxis des Zedenten. Dabei wurden unter anderem mehrere Implantate eingesetzt und ein Langzeitprovisorium eingegliedert. Zu Behandlungsbeginn unterzeichnete die Beklagte am 30. Januar 2004 eine von dem Zedenten formularmäßig verwendete „Einverständniserklärung“ mit folgendem Inhalt:

„Einwilligung zur Abtretung

  • Ich erkläre mich damit einverstanden, dass der umseitig genannte Zahnarzt zum Zweck der Erstellung der Rechnung sowie zur Einziehung und der ggf. gerichtlichen Durchsetzung der Forderung alle hierzu notwendigen Unterlagen, insbesondere meinen Namen, Anschrift, Geburtsdatum, Leistungsziffern, Rechnungsbetrag, Behandlungsdokumentation, Laborrechnungen, Formulare etc. an die ZA Zahnärztliche Abrechnungsgesellschaft D … (im Folgenden: ZAAG) weitergibt.
  • Insoweit entbinde ich den Zahnarzt ausdrücklich von seiner ärztlichen Schweigepflicht und stimme ausdrücklich zu, dass der Zahnarzt die sich aus der Behandlung ergebende Forderung an die ZAAG und diese ggf. an das refinanzierende Institut – D. bank e.G., D. – abtritt.
  • Ich bin mir bewusst, dass nach der Abtretung der Honorarforderung mir gegenüber die ZAAG als Forderungsinhaberin auftritt und deshalb Einwände gegen die Forderung – auch soweit sie sich aus der Behandlung und der Krankengeschichte ergeben – im Streitfall gegenüber der ZAAG zu erheben und geltend zu machen sind und der mich behandelnde Zahnarzt als Zeuge vernommen werden kann.

Einwilligung nach Datenschutzgesetz

  • Ich bin gleichfalls damit einverstanden, dass meine persönlichen Daten und meine Behandlungsdaten von dem Zahnarzt und der ZAAG – ggf. elektronisch – erhoben, gespeichert, verarbeitet, genutzt und übermittelt werden zum Zweck der Erstellung der Honorarrechnung sowie der Einziehung und ggf. gerichtlichen Durchsetzung der Forderung.“

Für eine am 17. März 2004 durchgeführte Behandlung stellte der Zedent unter dem 11. Juni 2004 einen Betrag von 10.272,52 € in Rechnung. Die weiteren von ihm erbrachten Behandlungsmaßnahmen machte die Klägerin nach Abtretung der entsprechenden Honorar forderungen mit Rechnung vom 14. Juni 2004 in Höhe von 23.541,41 € geltend. Die Beklagte leistete keine Zahlungen. Im nachfolgenden Rechtsstreit über die Berechtigung der in Rechnung gestellten Honoraransprüche hat die Beklagte erstinstanzlich die Forderungshöhe bestritten und insbesondere eingewandt, über die Gesamtkosten nur unzureichend aufgeklärt worden und bei Abschluss der zugrunde liegenden Vergütungsvereinbarungen geschäftsunfähig gewesen zu sein.

Das Landgericht hat die Beklagte unter teilweiser Klageabweisung zur Zahlung von 9.691,81 € an den Zedenten und von weiteren 21.048,26 € an die Klägerin (jeweils nebst Zinsen und vorgerichtlichen Mahnkosten) verurteilt. Mit ihrer Berufung hat die Beklagte erstmals geltend gemacht, die Abtretung der Honorarforderungen an die Klägerin sei gemäß § 134 BGB in Verbindung § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB nichtig. Das Oberlandesgericht hat die Abtretung der Honoraranspruchs an die Klägerin für unwirksam gehalten und die Klage insoweit abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils

Aus den Gründen:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Klägerin erkannt hat.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin sei für den geltend gemachten Honoraranspruch nicht aktivlegitimiert. Die Abtretung des Honoraranspruchs an die Klägerin sei gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 203 Abs. 1 StGB nichtig, da die Einverständniserklärung der Beklagten vom 30. Januar 2004 unwirksam sei. Zwar genüge die Zustimmungserklärung bezüglich der Klägerin den Anforderungen an eine wirksame Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht und den datenschutzrechtlichen Vorgaben; dagegen werde die vertraglich vorgesehene Möglichkeit der Weiterabtretung durch die Klägerin an die D. bank e.G. zum Zwecke der Refinanzierung nicht deutlich gemacht. Es werde vielmehr der Anschein erweckt, dass sensible, patientenbezogene Daten lediglich an die Klägerin weitergegeben würden. Eine geltungserhaltende Reduktion beziehungsweise lediglich eine Teilnichtigkeit der Abtretung komme nicht in Betracht. Die Erklärungen hinsichtlich der Abtretung und der Einwilligung stünden in einem rechtlich und inhaltlich untrennbaren Zusammenhang, weshalb der Verstoß gegen § 134 BGB in Verbindung mit § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB zur Unwirksamkeit der in der Urkunde insgesamt enthaltenen Erklärungen nach § 139 BGB führe.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die streitgegenständliche Abtretung der Honorarforderung verstößt nicht gegen § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB, da die Beklagte jedenfalls in die Weitergabe der Abrechnungsunterlagen an die Klägerin wirksam eingewilligt hat. Diese ist somit Inhaberin der Forderung geworden. Darauf, ob (auch) im Verhältnis zur D. bank e.G. eine rechtswirksame Einwilligung vorliegt, kommt es entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nicht an.

1. Zutreffend und von der Revision nicht beanstandet geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Abtretung einer ärztlichen oder zahnärztlichen Honorarforderung an eine gewerbliche Verrechnungsstelle, die zum Zwecke der Rechnungserstellung und Einziehung erfolgt, die ärztliche Schweigepflicht verletzt und deshalb wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB) gemäß § 134 BGB nichtig ist, wenn der Patient der damit verbundenen Weitergabe seiner Abrechnungsunterlagen nicht zugestimmt hat (grundlegend BGH, Urteil vom 10. Juli 1991 – VIII ZR 296/90, BGHZ 115, 123, 124 ff). Denn den Zedenten trifft, sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen worden ist, nach § 402 BGB die Pflicht, dem neuen Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen und ihm die zum Beweis der Forderung dienenden Urkunden, soweit sie sich in seinem Besitz befinden, auszuliefern; dies ist ohne Verstoß gegen die ärztliche Schweigepflicht (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB) nicht möglich (st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 10. Juli 1991 aaO; vom 8. Juli 1993 – IX ZR 12/93, NJW 1993, 2795 f; vom 5. Dezember 1995 – X ZR 121/93, NJW 1996, 775; Beschluss vom 17. Februar 2005 – IX ZB 62/04, NJW 2005, 1505, 1506; Urteile vom 10. Februar 2010 – VIII ZR 53/09, NJW 2010, 2509 Rn. 11; vom 21. Januar 2010 – IX ZR 65/09, BeckRS 2010, 07630 Rn. 11).

Eine wirksame Einwilligung im Sinne von § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass der Erklärende eine im Wesentlichen zutreffende Vorstellung davon hat, worin er einwilligt, und die Bedeutung und Tragweite seiner Entscheidung zu überblicken vermag. Er muss deshalb wissen, aus welchem Anlass und mit welcher Zielsetzung er welche Personen von ihrer Schweigepflicht entbindet; auch muss er über Art und Umfang der Einschaltung Dritter unterrichtet sein (BGH, Urteil vom 20. Mai 1992 – VIII ZR 240/91, NJW 1992, 2348, 2350; MüKoStGB/Cierniak/Pohlit, 2. Aufl., § 203 Rn. 59; Schönke/Schröder/Lenckner/ Eisele, StGB, 28. Aufl., § 203 Rn. 24).

2. Nach diesen Grundsätzen liegt eine wirksame Zustimmung der Beklagten zur Weitergabe der Abrechnungsunterlagen an die Klägerin vor. Denn die von dem Zedenten formularmäßig verwendete und von der Beklagten unterzeichnete Einverständniserklärung vom 30. Januar 2004 informierte umfassend und detailliert über die mit der Abtretung an die Klägerin verbundenen Rechtsfolgen. Für die Beklagte war eindeutig und zweifelsfrei zu erkennen, dass die Klägerin Forderungsinhaberin werden sollte und die Weitergabe der Behandlungsdaten zum Zwecke der Forderungseinziehung und gegebenenfalls zur klageweisen Geltendmachung erfolgte. Die Beklagte wurde weiterhin darauf hingewiesen, dass sie auf Grund der Abtretung in einem späteren Prozess gezwungen sein könnte, gegenüber einem außerhalb des Arzt-Patienten-Verhältnisses stehenden Dritten Einwände gegen die Honorarforderung vorzubringen und dazu unter Umständen Einzelheiten aus der Krankengeschichte und der Behandlung zu offenbaren.

3. Auf die vom Berufungsgericht bejahte Frage, ob die Einverständniserklärung der Beklagten, soweit sie sich auf eine mögliche (jedoch nicht erfolgte) Weiterabtretung an die D. bank e.G. zum Zwecke der Refinanzierung bezieht, wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam ist (§ 307 Abs. 1 BGB), kommt es nicht an. Denn die Wirksamkeit der Zustimmung zur Weitergabe der Behandlungsdaten an die Klägerin bleibt davon unberührt.

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht die in Form eines Formularvordrucks verwendete Einverständniserklärung als von dem Zedenten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne der §§ 305 ff BGB gewertet. Damit beurteilen sich die Rechtsfolgen im Falle der (teilweisen) Unwirksamkeit der Klausel nach § 306 BGB. Abweichend von § 139 BGB, wonach die Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts regelmäßig seine Gesamtnichtigkeit zur Folge hat, bleibt der Vertrag nach § 306 Abs. 1 BGB im Übrigen grundsätzlich wirksam, wenn es sich bei den unwirksamen Teilen des Rechtsgeschäfts um AGB-Klauseln handelt.

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch dann Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein, wenn sie in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang mit anderen – unwirksamen – Regelungen stehen. Nur wenn der als wirksam anzusehende Teil im Gesamtgefüge des Vertrags nicht mehr sinnvoll, insbesondere der als unwirksam beanstandete Klauselteil von so einschneidender Bedeutung ist, dass von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muss, ergreift die Unwirksamkeit der Teilklausel die Gesamtklausel (BGH, Urteile vom 10. Oktober 1996 – VII ZR 224/95, NJW 1997, 394, 395 mwN und vom 12. Februar 2009 – VII ZR 39/08, NJW 2009, 1664 Rn. 15). Die inhaltliche Trennbarkeit einer Klausel und damit ihre Zerlegung in einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen Teil ist immer dann gegeben, wenn der unwirksame Teil der Klausel gestrichen werden kann, ohne dass der Sinn des anderen Teils darunter leidet (sog. bluepenciltest); ob beide Bestimmungen den gleichen Regelungsgegenstand betreffen, ist dabei unerheblich (MüKoBGB/ Basedow, 6. Aufl., § 306 Rn. 18; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 306 Rn. 7, jeweils mwN).

c) Nach diesem Maßstab hat die Einwilligung der Beklagten in die Weitergabe der Abrechnungsunterlagen an die Klägerin auch dann Bestand, wenn ihre Zustimmung zur Weiterabtretung an das refinanzierende Kreditinstitut unwirksam sein sollte.

aa) Das Einverständnis im Sinne von § 203 Abs. 1 StGB ist teilbar. Es kann sowohl in persönlicher als auch in zeitlicher und sachlicher Hinsicht beschränkt werden, indem zum Beispiel nur bestimmte Geheimnisse mitgeteilt oder geheimhaltungsbedürftige Umstände nur an bestimmte Personen weitergegeben werden (MüKoStGB/Cierniak/Pohlit aaO Rn. 64; Schönke/Schröder/Lenckner/ Eisele aaO Rn. 24d). Eine Beschränkung des Einverständnisses der Beklagten auf die Abtretung an die Klägerin ist deshalb ohne weiteres zulässig.

bb) Die Abtretung an die Klägerin und die etwaige Folgeabtretung an das zum Zwecke der Refinanzierung eingeschaltete Kreditinstitut sind auch nicht untrennbar miteinander verknüpft. Die Abtretung an die zahnärztliche Abrechnungsgesellschaft verliert ihre wirtschaftliche Bedeutung für die Vertragsparteien nicht dadurch, dass eine Weiterabtretung durch den Zessionar ausgeschlossen ist. Die Folgeabtretung zur Kreditsicherung sollte nur „ggf.“ erfolgen. Es handelte sich nicht um einen „Automatismus“. Dementsprechend ist im Streitfall die Abtretung an die D.bank auch unterblieben. Die Klägerin ist nicht gehindert, die abgetretenen Forderungen im eigenen Namen einzuziehen und erforderlichenfalls gerichtlich durchzusetzen. Zu Recht führt die Revision in diesem Zusammenhang an, dass bei der streitgegenständlichen Klausel der Satzteil bezüglich der Folgeabtretung an die finanzierende Bank unproblematisch gestrichen werden kann, ohne dass dadurch der Sinn der verbleibenden Regelung in Frage gestellt wird. Der Fortfall der Möglichkeit zur Weiterabtretung ist nach alledem nicht von so einschneidender Bedeutung, dass von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muss (vgl. auch BGH, Urteile vom 12. Februar 2009 – VII ZR 39/08, NJW 2009, 1664 Rn. 17 ff; vom 16. Juni 2009 – XI ZR 145/08, NJW 2009, 3422 Rn. 32 ff; vom 28. Juli 2011 – VII ZR 207/09, NJW-RR 2011, 1526 Rn. 14, 20).

III.

Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben, soweit zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO).

Die Sache ist zur Endentscheidung reif, so dass der Senat die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil zurückweisen kann (§ 563 Abs. 3 ZPO).