Urteil : Kontoauszüge in Leistungsakten des Jobcenters : aus der RDV 4/2015, Seite 210 bis 211
(Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. März 2015 – L 31 AS 2974/14 –)
- Die Aufbewahrung von Kontoauszügen in Leistungsakten des Jobcenters ist eine rechtmäßige Datenspeicherung.
- Handlungsempfehlung des Landesbeauftragten für den Datenschutz entbehren der Verbindlichkeit für die Behörde und begründen damit keine rechtliche Handhabe zur Durchsetzung.
(Nicht amtliche Leitsätze)
Aus den Gründen:
Das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 13. Oktober 2014 sowie der Bescheid des Beklagten vom 24. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2013 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Sozial gericht Cottbus hat es zu Recht abgelehnt, die angefochtenen Bescheide aufzuheben. Die grundsätzliche Weigerung des Beklagten, Kontoauszüge aus den Verwaltungsakten zu entfernen, ist rechtens.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entfernung sämtlicher Kontoauszüge aus der Verwaltungsakte. Bei der Aufbewahrung der Kontoauszüge im Original oder in Kopie in der Verwaltungsakte handelt es sich um eine rechtmäßige Speicherung von Daten nach § 67 c SGB X. Dies hat auch das Bayerische Landessozialgericht (LSG) mit Beschluss vom 21. Mai 2014 – Az. L 7 AS 347/14 B ER – so ausgeführt. Danach sei die Aufbewahrung der Kontoauszüge zunächst erforderlich, um die Hilfebedürftigkeit des Klägers bzw. Antragstellers zu überprüfen. Die Kontoauszüge seien sorgfältig auf Einkommen, Vermögen und Bedarf zu prüfen. Eine kurze Einsichtnahme genüge dafür nicht. Die Kontoauszüge der letzten Monate könnten Anlass für eine Direktüberweisung der Unterkunftskosten an den Vermieter nach § 22 Abs. 7 Satz 2 SGB II geben.
Aus Kontoauszügen ablesbares unwirtschaftliches Verhalten könne zu einer Sanktion nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 SGB II führen. Kontoauszüge seien somit eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II und als solche zu der Verwaltungsakte zu nehmen. Die Kontoauszüge seien nicht nur für die aktuelle Verbescheidung des nächsten Bewilligungsabschnitts erforderlich, sondern auch für sich eventuell anschließende Widerspruchs- und Gerichtsverfahren. Hinzu komme die Möglichkeit einer Korrektur von Bescheiden im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X. Aktenordnungen mit ihren pauschalen Regelungen zu Aufbewahrungsfristen seien als verwaltungsinterne Richtlinien nicht geeignet, gesetzliche Vorgaben wie die Grenzen des § 67c SGB X zu beseitigen.
Schließlich stellen die von dem Kläger in Bezug genommenen Hinweise der Landesbeauftragten für den Datenschutz zur datenschutzgerechten Ausgestaltung der Anforderung von Kontoauszügen bei der Beantragung von Sozialleistungen nicht justiziable Handlungsempfehlungen im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten im Land Brandenburg dar. Die fehlende Verbindlichkeit ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Hinweise selbst („sollten die folgenden Hinweise für eine datenschutzgerechte Verfahrensweise bei der Anforderung von Kontoauszügen beachtet werden“). Der fehlenden Verbindlichkeit korrespondiert die nicht bestehende rechtliche Handhabe zur Durchsetzung der Handlungsempfehlungen. Die Behörde, an die sich die Handlungsempfehlung richtet, muss die Empfehlungen des Datenschutzbeauftragten auch nicht befolgen. Der Senat sieht sich veranlasst darauf hinzuweisen, dass aus seiner Sicht die Empfehlungen der Datenschutzbeauftragten einer Überprüfung am Maßstab der Lebenswirklichkeit jedenfalls im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht standhalten können. Der Verbleib der Kontoauszüge in den Verwaltungsakten ist wegen ihrer Relevanz für Folgeverfahren jedenfalls in all denjenigen Fällen, in denen der Bevollmächtigte des Klägers in Erscheinung tritt, nicht nur hinzunehmen, sondern geradezu geboten.