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Urteil : Schadensersatz wegen verspäteter Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe* : aus der RDV 4/2015, Seite 197 bis 200

(Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. November 2014 – 6 A 1896/13 –)

Archiv RDV
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  1. Erfolglose Klage eines Justizvollzugsobersekretärs auf Schadensersatz wegen verspäteter Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe.
  2. Zur Ablehnung einer Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe, die mit fehlender charakterlicher Eignung des Bewerbers, der ein früher gegen ihn geführtes staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren verschwiegen hat, begründet wurde.

Aus den Gründen:

I. Der am 23. August 1978 geborene Kläger begehrt Schadensersatz wegen verspäteter Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe.

Der Kläger war in der Zeit vom 1. November 1999 bis zum 30. Juni 2010 Soldat auf Zeit. Am 26. November 2006 leitete die Staatsanwaltschaft Q. ein Ermittlungsverfahren (171 Js 202/07) gegen ihn wegen des Verdachts der versuchten gefährlichen Körperverletzung, der Bedrohung und des Verstoßes gegen das Waffengesetz ein. Nach den Angaben des beklagten Landes stellte die Staatsanwaltschaft dieses Verfahren am 6. November 2007 gemäß § 153a StPO ein.

Mit Schreiben vom 6. Juli 2009 bewarb sich der Kläger beim beklagten Land um einen Ausbildungsplatz zum Justizvollzugsobersekretär. Am selben Tag gab er folgende Erklärung ab: „Gegen mich sind keine – folgende – staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren anhängig oder innerhalb der letzten drei Jahre anhängig gewesen“.

Unter dem 4. Juni 2010 teilte der Leiter der Justizvollzugsanstalt C.-T. dem Kläger mit, er beabsichtigte ihn – vorbehaltlich eines beanstandungsfreien Ergebnisses der durchzuführenden Sicherheitsüberprüfung – ab dem 1. Juli 2010 in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zu übernehmen.

Am 1. Juli 2010 ernannte das beklagte Land den Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Justizvollzugsobersekretäranwärter.

In einem Vermerk führte der Leiter der Justizvollzugsanstalt C. -T. am 7. September 2010 aus:

„Mit Datum vom 30.08.2010 ging hier das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung ein; mitgeteilt wurde, dass gegen Herrn S. im Jahr 2006 ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Waffengesetz anhängig war. Hierbei handelte es sich um eine alkoholbedingte Auseinandersetzung mehrerer Personen vor einer Partyhütte, in deren Verlauf Herr S. die Geschädigten mit einer PTB-Waffe (Schreckschusswaffe) bedroht haben soll und mit einem Schraubenschlüssel mehrfach drohend auf einen Metallzaun schlug. Das Verfahren wurde später gem. § 153a StPO eingestellt. Im Zuge des Einstellungsverfahrens wurden von Herrn S. u.a. Angaben zu Vorstrafen, anhängigen Ermittlungsverfahren erbeten, die in Teilen unvollständig bzw. nicht wahrheitsgemäß gemacht wurden. Das erforderliche beanstandungsfreie Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung ist nicht gegeben, die geforderten Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis liegen somit nicht vor. Im Ergebnis der Feststellungen ist zudem die notwendige Basis für eine dauerhafte vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht vorhanden. (…)

Herrn S. wurde mitgeteilt, dass auf Grund der vorliegenden Erkenntnisse nach dem Abschluss der Ausbildung keine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe erfolgen wird. (…)“.

Der Anstaltsleiter teilte dem Kläger mit Schreiben vom 27. März 2012 und 10. Mai 2012 mit, „dass aufgrund der wahrheitswidrigen Angabe und der Umstände der zu Grunde liegenden Straftat keine Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Probe erfolgen wird“ und dass das Beamtenverhältnis auf Widerruf mit dem Ablegen der Laufbahnprüfung ende.

Am 28. Juni 2012 bestand der Kläger die Prüfung für die Laufbahn des allgemeinen Vollzugsdienstes mit der Note „vollbefriedigend“.

Der Kläger hat am selben Tag Klage erhoben.

Er hat geltend gemacht, er erfülle die beamtenrechtlichen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Das beklagte Land habe nicht näher dargelegt, aus welchen Gründen er charakterlich ungeeignet sei. Die Behauptung, er habe am 26. November 2006 eine Drohung unter Zuhilfenahme einer illegalen Waffe ausgesprochen, sei unzutreffend. Zutreffend sei allein, dass die Staatsanwaltschaft Q. gegen ihn im Jahre 2006 ein Ermittlungsverfahren geführt habe. Hierüber habe er seinerzeit die „zuständigen Stellen bei der Bundeswehr“ in Kenntnis gesetzt. Auf seine Nachfrage, „ob er diesbezüglich irgendetwas melden müsse“, sei ihm mitgeteilt worden, „solange keine Anklage o.ä. in der Welt sei, müsse er nichts mitteilen“. Der Kläger hat weiter vorgetragen, ihm sei bei der Abgabe der im Streit stehenden Erklärung vom 6. Juli 2009 das angeführte Ermittlungsverfahren nicht mehr in Erinnerung gewesen.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt, das beklagte Land unter Aufhebung der Bescheide des Leiters der Justizvollzugsanstalt C. -T. vom 27. März 2012 und 10. Mai 2012 zu verpflichten, ihn in das Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen, hilfsweise, das beklagte Land unter Aufhebung der Bescheide des Leiters der Justizvollzugsanstalt C. -T. vom 27. März 2012 und 10. Mai 2012 zu verpflichten, über seinen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, aufgrund der wahrheitswidrigen Angaben des Klägers vom 6. Juli 2009, dass gegen ihn innerhalb der letzten drei Jahre keine staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren anhängig gewesen seien, mangele es ihm an der für die Übernahme in das Probebeamtenverhältnis erforderlichen charakterlichen Eignung.

Das Verwaltungsgericht Minden hat die Klage durch Urteil vom 20. Juni 2013 abgewiesen. Am 15. Februar 2014 hat das beklagte Land den Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Justizvollzugsobersekretär ernannt. Mit Beschluss vom 12. August 2014, dem Kläger zugestellt am selben Tage, hat der Senat die Berufung gegen das Urteil zugelassen. Der Kläger wiederholt mit der am 4. September 2014 eingegangenen Berufungsbegründung im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

  1. die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen,
  2. im Falle einer Sachentscheidung des Berufungsgerichts das angefochtene Urteil zu ändern

und das beklagte Land unter Aufhebung der Bescheide des Leiters der Justizvollzugsanstalt C. -T. vom 27. März 2012 und 10. Mai 2012 zu verpflichten, ihn – den Kläger – in besoldungs-, versorgungs- und laufbahnrechtlicher Hinsicht so zu stellen, als ob er zum 1. Juli 2012 in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen worden wäre, hilfsweise unter Aufhebung der Bescheide des Leiters der Justizvollzugsanstalt C. -T. vom 27. März 2012 und 10. Mai 2012 festzustellen, dass er – der Kläger – mit bestandener Prüfung für die Laufbahn des allgemeinen Vollzugsdienstes am 28. Juni 2012 einen Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe hatte, äußerst hilfsweise festzustellen, dass die Bescheide des Leiters der Justizvollzugsanstalt C. -T. vom 27. März 2012 und 10. Mai 2012 rechtswidrig gewesen sind und er – der Kläger – mit bestandener Prüfung für die Laufbahn des allgemeinen Vollzugsdienstes am 28. Juni 2012 einen Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe hatte.

Das beklagte Land hat keinen Antrag gestellt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Strafakte der Staatsanwaltschaft Q. (241 Js 137/07 A) und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Landes Bezug genommen.

II. Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten über die Berufung des Klägers durch Beschluss nach § 130a VwGO, weil er sie einstimmig für unbegründet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Das Vorbringen des Klägers gibt keinen Anlass, eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Das vorliegende Verfahren weist keine außerordentlich großen Schwierigkeiten auf, die einer Entscheidung durch Beschluss entgegenstehen könnten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 – 6 C 28.03 –, juris, Rn. 7 ff., wonach der Umstand, dass das Oberverwaltungsgericht – wie hier – die Berufung wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen hat, nicht stets einer Entscheidung im Verfahren nach § 130a VwGO entgegensteht.

Entgegen der Auffassung des Klägers sind „in der Sache komplexe Sachverhalts- und Rechtsfragen“ nicht zu klären (Schriftsatz vom 23. Oktober 2014).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klage hat mit den im Berufungsverfahren gestellten Haupt- und Hilfsanträgen keinen Erfolg.

Die vom Kläger beantragte Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht nach § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kam nicht in Betracht (Hauptantrag zu 1.). Nach dieser Vorschrift darf das Oberverwaltungsgericht die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Verwaltungsgericht nur zurückverweisen, soweit das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Denn es fehlt jedenfalls an der aufgrund eines wesentlichen Verfahrensmangels erforderlichen Notwendigkeit einer umfangreichen oder aufwendigen Beweisaufnahme. Einen Anlass, die Vorschrift im Sinne des klägerischen Vorbringens einschränkend auszulegen, sieht der Senat nicht.

Die Klage hat auch mit dem Hauptantrag zu 2., den Kläger im Wege des Schadensersatzes in besoldungs-, versorgungs- und laufbahnrechtlicher Hinsicht so zu stellen, als ob er zum 1. Juli 2012 in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen worden wäre, keinen Erfolg. Sie ist unzulässig. Die damit verfolgte Klageänderung ist nicht sachdienlich im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO, weil der Kläger nicht, wie es geboten ist, das beklagte Land außerprozessual mit dem Schadensersatzverlangen befasst hat – vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2004 – 2 B 62.03 –, juris, Rn. 9 bis 11; Urteil vom 28. Juni 2001 – 2 C 48.00 –, juris, Rn. 15 bis 16 – und das beklagte Land auch nicht im Sinne von § 91 Abs. 2 VwGO eingewilligt hat.

Davon abgesehen ist der mit dem Hauptantrag zu 2. verfolgte Schadensersatzanspruch auch unbegründet.

Ein Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Probe setzt voraus, dass der Dienstherr den aus Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG, § 15 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW folgenden Anspruch des Beamten auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung schuldhaft verletzt hat, dem Beamten durch diese Pflichtverletzung adäquat kausal ein Schaden entstanden ist und er es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Rechtsgrundlage dieses Schadensersatzanspruches ist das Beamtenverhältnis (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. November 2012 – 6 A 715/11 –, juris, Rn. 35).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Nach Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG, § 15 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Die danach vom Dienstherrn vorzunehmende Beurteilung der erforderlichen charakterlichen Eignung ist ein Akt wertender Erkenntnis. Er ist als solcher vom Gericht nur beschränkt darauf zu überprüfen, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat (vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 10. Januar 2012 – 6 A 141/11 –, juris, Rn. 7, vom 4. Dezember 2008 – 6 B 1520/08 –, juris, Rn. 6).

Die Ablehnung der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe kommt nicht nur und erst dann in Betracht, wenn der Dienstherr festgestellt hat, dass der Bewerber die erforderliche charakterliche Eignung nicht besitzt, sondern schon berechtigte Zweifel daran genügen, ob der Bewerber die erforderliche charakterliche Eignung aufweist (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Januar 2012 – 6 A 141/11 –, juris, Rn. 6).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das beklagte Land die Grenzen des ihm zukommenden Beurteilungsspielraums nicht überschritten. Es hat die Zweifel gegenüber der charakterlichen Eignung des Klägers maßgeblich daraus abgeleitet, dieser habe bei der Bewerbung um einen Ausbildungsplatz zum Justizvollzugsobersekretäranwärter am 6. Juli 2009 angegeben, dass gegen ihn innerhalb der letzten drei Jahre keine staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren anhängig gewesen seien (Schriftsatz vom 3. September 2012). Das war unzutreffend. Die Staatsanwaltschaft Q. hatte gegen ihn im Jahre 2006 wegen des Verdachts der versuchten gefährlichen Körperverletzung (§ 224 StGB), der Bedrohung (§ 241 StGB) und des Verstoßes gegen das Waffengesetz (§ 53 WaffG) ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es ist nichts dagegen zu erinnern, dass das beklagte Land aufgrund des Verschweigens dieses Umstandes Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers hatte

Das Vorbringen des Klägers, es habe sich bei der im Streit stehenden Erklärung vom 6. Juli 2009 um „eine einmalige und lediglich fahrlässig falsche Angabe gehandelt“, ist unglaubhaft. In dem Einsatzprotokoll der Kreispolizeibehörde Q. vom 26. November 2006 (Az. 411000-049684-06/9) ist unter anderem festgestellt worden:

„Am 26.11.2006, gegen 00:27 Uhr meldete sich der Zeuge B. telefonisch bei der Leitstelle der Polizei und gab an, dass es an der Partyhütte in der U. in Schloss O. zu einer Auseinandersetzung zwischen mehreren Personen gekommen sei. Dabei soll auch mit einer Schusswaffe gedroht worden sein. (…) Durch einen der Anwesenden wurden die eingetroffenen Beamten auf die drei Beschuldigten hingewiesen, die sich unmittelbar vor dem Tor befanden. Dabei wurde geäußert, dass der [Kläger] eine Waffe mit sich führe. Die Beschuldigten wurden daraufhin zum Zwecke der Durchsuchung an den Funkstreifenwagen gestellt und anschließend durchsucht. Bei dem [Kläger] wurde durch mich in dessen rechter Gesäßtasche ein Schraubwerkzeug zum Lösen von Radmuttern gefunden. Eine Waffe wurde bei keinem der Beschuldigten gefunden. (…)

Angaben der Geschädigten (Befragung durch PHK G.):

Zur genannten Tatzeit fand auf dem o.a. Gelände eine private Feier statt. Gegen 00.15 Uhr näherten sich zunächst zwei männliche Personen (die Beschuldigten L. und S.) dem mit einem Drahtzaun umgebenen Grundstück und sprachen dort auf dem Grundstück stehende Gäste (darunter auch die zuvor genannten Geschädigten) der Feier an. Es kam schnell zu beleidigenden Äußerungen durch die Beschuldigten. Die Geschädigten näherten sich daraufhin den beiden hinter der Umzäunung stehenden Beschuldigten, und forderten sie auf, die Beleidigungen einzustellen und sich vom Zaun zu entfernen. Nun begannen beide Beschuldigten gemeinsam nach den Geschädigten zu schlagen. Durch den Zaun getrennt, konnten sie die Geschädigten jedoch nicht erreichen. Nach weiteren Beleidigungen erklärten die Beschuldigten, sie würden jetzt weggehen, kündigten aber an zurückzukommen, dann würden die Geschädigten ihr Verhalten “bereuen“.

Nach ca. 10 Minuten kehrten die beiden Beschuldigten mit einer weiteren männlichen Person [dem Kläger] zu dem Grundstück zurück. Es kam erneut zu verbalen Auseinandersetzungen (Beleidigungen, Beschimpfungen). Dann versuchten die drei Beschuldigten erneut, die hinter dem Zaun stehenden Geschädigten mit Schlägen zu treffen. Hierbei benutzte der [Kläger] auch einen Schraubenschlüssel, mit dem er gezielt nach den Geschädigten schlug. Dann hielt der [Kläger] plötzlich eine Pistole in der Hand und richtete die Waffe auf die Geschädigten. Er zog den Verschluss der Waffe nach hinten und drohte verbal an, auf die ZEG zu schießen („Ich knall euch ab….“).“

Angesichts der Schwere der Vorwürfe, die die im Ermittlungsverfahren vernommenen Zeugen gegen den Kläger erhoben haben, hält der Senat das Vorbringen des Klägers für nicht glaubhaft, dass ihm „im Zeitpunkt der Abgabe seiner Erklärung, in den letzten drei Jahren sei kein Ermittlungsverfahren gegen ihn anhängig gewesen, überhaupt nicht mehr bewusst bzw. präsent war, dass es ein solches gegeben hatte“ (Seite 13 des Schriftsatzes vom 6. September 2013). Der Kläger ist im Zuge der Ermittlungen am 26. November 2006 von einem Polizeivollzugsbeamten durchsucht worden. Hierbei ist ein Schraubenschlüssel als „Beweismittel/Tatmittel“ sichergestellt worden (vgl. Durchsuchungs- und Sicherstellungsprotokoll vom 26. November 2006). Im Anschluss an die vor Ort von der Kreispolizeibehörde Q. getroffenen Feststellungen ist dem Kläger um 1.25 Uhr eine Blutprobe entnommen worden (BAK – Mittelwert: 1,07 Promille; vgl. ärztlicher Befundbericht vom 29. November 2006). Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Umstände, dass der Kläger in dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren eine Anwaltskanzlei mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hatte (vgl. Schreiben der Anwaltskanzlei C1., B1. und N. vom 1. Februar 2007), gegen seinen Bruder X. S. als weiteren Beschuldigten ermittelt (241 Js 137/07 A) und seine damalige Lebensgefährtin, K. X1., am 1. Februar 2007 in dem Ermittlungsverfahren als Zeugin vernommen wurde, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass dem Kläger dieses Verfahren bei der Abgabe seiner Erklärung vom 6. Juli 2009 „präsent“ war. Hinzu kommt, dass er das Ermittlungsverfahren zum Anlass genommen hatte, „seinen Vorgesetzten bei der Bundeswehr darauf“ anzusprechen (Seite 13 des Schriftsatzes vom 6. September 2013).

Das beklagte Land hat zu Recht darauf verwiesen, dass der Justizvollzugsdienst ein sicherheitsempfindlicher Bereich sei, der „notwendig eine vertrauensvolle Zusammenarbeit der Bediensteten“ (Schriftsatz vom 3. September 2012) verlange. Dass es im Streitfall in der Nichtangabe des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens einen charakterlichen Mangel angenommen hat, der die für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe erforderliche charakterliche Eignung des Klägers ausschließt, ist nicht zu beanstanden.

Der Verweis des Klägers darauf, dass sein dienstliches Verhalten seit seiner Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Widerruf ausweislich der dienstlichen Beurteilungen „einwandfrei“ sei, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn es ist selbstverständlich und nicht besonders hervorzuheben, dass ein Beamter im Dienst gesetzliche Vorschriften einhält und sich in diesem Sinne „einwandfrei“ verhält. Diese Umstände sind nicht geeignet, die Auffassung des Leiters der Justizvollzugsanstalt C. -T. in den Schreiben vom 27. März 2012 und 10. Mai 2012, dem Kläger mangele es an der für die Übernahme in das Probebeamtenverhältnis erforderlichen charakterlichen Eignung, durchgreifend in Zweifel zu ziehen.

Die Klage ist auch mit den Hilfsanträgen unbegründet, weil die unter dem 27. März 2012 und 10. Mai 2012 erfolgte Ablehnung der Übernahme des Klägers in das Beamtenverhältnis auf Probe aus den vorstehenden Gründen nicht zu beanstanden ist.

* Das Urteil ist durch Beschluss des BVerwG vom 20. Mai 2015 – BVerwG 2 B 4.15 – wegen eines Verfahrensmangels aufgehoben und an das OVG NRW zurückverwiesen worden.