Urteil : Satzungsmäßige Befugnis einer Krankenkasse zur Vorlage von Behandlungsunterlagen an Sachverständige (Ls) : aus der RDV 4/2017, Seite 201
(Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 2017 – 2 S 1826/16 –)
- Die satzungsrechtliche Verpflichtung der Mitglieder der Postbeamtenkrankenkasse zur Vorlage der Behandlungsunterlagen einschließlich der Verpflichtung, einer Weitergabe dieser Unterlagen an Sachverständige zuzustimmen, sowie die sich bei Verletzung dieser Obliegenheiten ergebenden Rechtsfolgen beruhen auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage und sind mit dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip vereinbar (Bestätigung und Fortführung des Senatsurteils vom 24.11.2011 – 2 S 2295/10 –).
- Bei der Prüfung, ob Leistungen anhand der vom Mitglied vorgelegten Unterlagen „notwendig und angemessen“ sind, darf sich die Postbeamtenkrankenkasse medizinischen Sachverstands bedienen. Die Auswahl eines geeigneten medizinischen Gutachters darf sie im Grundsatz auch einem auf Vermittlung von Gutachtern spezialisierten Dritten (sog. Gutachtendienst) überlassen.
- Nach der Satzung der Postbeamtenkrankenkasse besteht solange kein Leistungsanspruch, als das Mitglied seiner satzungsrechtlichen Mitwirkungsverpflichtung nicht nachkommt (hier: Nichtvorlage konkret angeforderter und zur Prüfung benötigter Krankenunterlagen).
- Bei dem von der Postbeamtenkrankenkasse auf der Grundlage einer satzungsrechtlichen Mitwirkungsverpflichtung eingeholten Sachverständigengutachten handelt es sich um ein Privatgutachten, das die Postbeamtenkrankenkasse in die Lage versetzen soll, eine Entscheidung über einen Leistungsantrag zu treffen. Kommt es aufgrund dieses Privatgutachtens zu einer negativen Entscheidung über den Leistungsantrag, so kann das betroffene Mitglied hiergegen Widerspruch einlegen sowie ggf. Klage erheben. Im Rahmen dieses Klageverfahrens ist das Verwaltungsgericht bei Vorliegen substantiierter Einwendungen gegen die Verwertbarkeit des als Parteigutachten einzustufenden Gutachtens der Postbeamtenkrankenkasse ggf. verpflichtet, ein gerichtliches Sachverständigengutachten einzuholen (Bestätigung und Fortführung des Senatsurteils vom 24.11.2011 – 2 S 2295/10 –).