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Urteil : Führungseignung als konstitutives Merkmal einer Auswahlentscheidung (Ls) : aus der RDV 5/2021, Seite 292

(Verwaltungsgericht Kassel, Beschluss vom 23. Juni 2021 – 1 L 2370/20.KS –)

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  1. Dem Grundsatz der Bestenauslese, der vom Dienstherrn für die Auswahlentscheidung allein maßgeblich ist, entspricht es, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Dies sind – in den Grenzen des § 22 Abs. 1 Satz 2 BBG – regelmäßig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen.
  1. Der Dienstherr kann allerdings im Rahmen der ihm obliegenden Prüfung über die Eignung eines Beamtenbewerbers auch in einem „gestuften Auswahlverfahren“ befinden und den anhand der dienstlichen Beurteilungen vorzunehmenden Leistungsvergleich erst nach einer Vorauswahl der Bewerber durchführen. Im Rahmen der Vorauswahl können solche Bewerber ausgeschlossen werden, die die allgemeinen Ernennungsvoraussetzungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen, die dem Anforderungsprofil des zu besetzenden Dienstpostens von vornherein nicht genügen oder die aus sonstigen Gründen für das Amt nicht in Betracht kommen.
  2. Wird die Auswahlentscheidung auf der Grundlage eines mehrstufigen Verfahrens durchgeführt, dürfen für eine Vorausscheidung von Bewerbern in der ersten Stufe aufgrund des Anforderungsprofiles – also im Rahmen der zweiten Fallgruppe zulässiger Vorauswahlkriterien – nur Merkmale konstitutiver Art maßgeblich berücksichtigt werden. Als konstitutiv lassen sich solche Merkmale bezeichnen, die zum einen im Anforderungsprofil zwingend vorgegeben sind und die zum anderen anhand objektiv überprüfbarer Kriterien als tatsächlich gegeben festzustellen sind. Ob ein Bewerber ein solches Merkmal erfüllt, darf keiner wertenden Vergleichsbetrachtung zugänglich sein.
  3. Zudem sind konstitutive Merkmale in einem Anforderungsprofil stets die Ausnahme und bedürfen einer besonderen Rechtfertigung. Ein konstitutives Merkmal „Führungseignung“ wird daher nur ausnahmsweise anerkannt, wenn Gefahren für einen geordneten Dienstbetrieb entstehen würden, wenn die Verwaltung gezwungen wäre, einen Beamten ohne Führungseignung für einen Posten auswählen zu müssen, auf dem überwiegend oder ausschließlich Führungstätigkeit zu verrichten ist. Dass ein solcher Fall vorliegt, ist von dem Dienstherrn nachzuweisen bzw. in einem Eilverfahren glaubhaft zu machen.

(Nicht amtliche Leitsätze)