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Urteil : Rechtliche Verpflichtung der Vermieter von eScootern zur Erhebung der vollständigen Mieterdaten : aus der RDV 5/2023 Seite 334

(AG Stuttgart, Beschluss vom 3. Juni 2023 – 20 OWi 1497/23 –)

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Den Vermieter eines Elektrokleinstfahrzeugs (eScooter) trifft die Kostentragungspflicht des Halters wegen eines Halte- oder Parkverstoßes aus § 25a Abs. 1 S. 1 StVG, wenn er nicht in der Lage ist, den Ermittlungsbehörden zumindest eindeutige Angaben zur Identifizierung des Fahrzeugführers mitzuteilen.                                    

(Nicht amtlicher Leitsatz)

Aus den Gründen:

Die formellen und materiellen Voraussetzungen des § 25a StVG sind erfüllt, da das verfahrensgegenständliche Elektrokleinstfahrzeug, dessen Halterin die vor der Entscheidung angehörte Betroffene ist, ein Kraftfahrzeug im Sinne der Vorschrift ist (1.), mit diesem ein objektiv begangener Halt- bzw. Parkverstoß im öffentlichen Straßenverkehr vorliegt, der im Wege des Bußgeldverfahrens hätte geahndet werden können (2.), im vorliegenden Fall die Ermittlungen des Führers des Kraftfahrzeugs jedenfalls einen unangemessenen Aufwand erfordern würden bzw. erfordert hätte (3.) und es nicht unbillig ist, die Betroffene mit den Kosten zu belasten (4.). […]

3. Die Ermittlung des für den Parkverstoß verantwortlichen Führers des Elektrokleinstfahrzeugs hätte jedenfalls einen unangemessenen Aufwand erfordert. Die Betroffene hat der Verfolgungsbehörde lediglich einen Namen, eine Handynummer und eine E-Mail-Adresse des Mieters mitgeteilt, nicht aber die notwendigen Personalien nach § 111a OWiG bzw. zumindest eindeutige Angaben zur Identifizierung einschließlich einer Wohnanschrift oder vergleichbaren Angabe zum ständigen Aufenthalt oder vergleichbaren Erreichbarkeit des Mieters. Die Ermittlungen der Verfolgungsbehörde sind danach bereits gem. §  46 Abs.  4a OWiG nur gezielt möglich über eine Bestandsdatenauskunft bei den jeweiligen TelekommunikationsDienstanbietern gem. § 46 Abs. 1, 2 OWiG i.V.m. § 100j Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO. Diese erfordern namentlich bei internationalen Anbietern von E-Mail-Postfächern weiterhin Anfragen im Wege der internationalen Rechtshilfe, sind jedoch auch sonst und bei Auskünften zu Telefonbestandsdaten unter gestaffelter Abfrage bei der Bundesnetzagentur und den dort benannten Telekommunikationsanbietern bei den vorliegenden Kleinverstößen als konkret unverhältnismäßig anzusehen. […]

4. Es ist auch nicht gem. § 25a Abs. 1 S. 3 StVG unbillig, die Betroffene als Halterin mit den Kosten zu belasten. Durch ihr Unternehmenskonzept der gewinnbringenden Vermietung von Elektrokleinstfahrzeugen unter – nach ihren Angaben – Verzicht auf die Identifizierung der Mieter und reduzierte Erhebung von Daten zu deren Identität setzt die Betroffene gewerbsmäßig das Risiko von nicht zuzuordnenden und sanktionierbaren Verkehrsverstößen im öffentlichen Straßenverkehr. […]

Zwar sind Unternehmen gem. Art.  5 Abs.  1 lit.  c) DS-GVO zum Grundsatz der Datenminimierung bzw. Datensparsamkeit verpflichtet, personenbezogene Daten dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt zu erheben und weiter zu verarbeiten. Bei den personenbezogenen Daten zu einer zustellungsfähigen Anschrift und weiteren Identität des Nutzers handelt es sich jedoch um solche Daten, die gerade zur Geltendmachung von Schäden bei Vertragsverletzungen im eigenen berechtigten Interesse der Betroffenen liegen (vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO) und diese zudem in die Lage versetzen, gerade sich von ihrer Haftung etwa nach § 25a StVG zu entlasten und ihre gesetzlichen Auskunftspflichten im Sinn von Art. 6 Abs. 1 lit. c), Abs. 3 S. 1 lit. b) DS-GVO zu erfüllen. […]