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Urteil : Einblicksrecht des Betriebsrats in Bruttoentgeltlisten (Ls) : aus der RDV 1/2020, Seite 33

(Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 7. Mai 2019 – 1 ABR 53/17 –)

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  1. Die Berechtigung des Betriebsausschusses oder eines nach § 28 BetrVG gebildeten Ausschusses gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen, ist nicht auf anonymisierte Listen beschränkt.
  2. Das folgt allerdings nicht aus § 26 Abs. 6 BDSG. Zwar bleiben nach dieser Vorschrift im Hinblick auf die in § 26 BDSG geregelte Datenverarbeitung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses die Beteiligungsrechte der Interessenvertretungen der Beschäftigten „unberührt“. Dieser Norm, welche § 32 Abs. 3 BDSG aF im Sinn einer klarstellenden Funktion übernommen hat (BT-Drs. 18/11325 S. 97), kommt indes kein Regelungsgehalt als die Datenverarbeitung durch Arbeitgeber oder Betriebsrat eigenständig erlaubender Tatbestand zu (BAG 9. April 2019 – 1 ABR 51/17 – Rn. 23).
  1. Der Erlaubnistatbestand des § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG wird nicht von § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG verdrängt. Entgegen anderslautender Stimmen im Schrifttum geht die betriebsverfassungsrechtliche Norm nicht als „andere Rechtsvorschrift des Bundes über den Datenschutz“ iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 BDSG den Bestimmungen des BDSG vor (so aber Gola, BB 2017, 1462, 1465; Gräber/Nolden, in: Paal/Pauly, Datenschutz-Grundverordnung Bundesdatenschutzgesetz, Aufl. 2, § 26 BDSG Rn. 20; Gola/Pötters, RDV 2017, 111; diff. Selk, in: Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, Aufl. 2 Art. 88 Rn. 189 f.).
  2. Diese Frage stellte sich bereits vor dem Hintergrund des § 4 Abs. 1 BDSG aF, wonach „[d]ie Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten … nur zulässig“ war, „soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat“. Auf der Grundlage dieser bis 24. Mai 2018 geltenden Datenschutzrechtslage hat die höchstrichterliche Rechtsprechung in § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG keine spezifische Erlaubnisnorm für die Datenverarbeitung gesehen; bei der Gewährung von Einblick in die Bruttoentgeltlisten nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG handelte es sich vielmehr„… um eine nach § 32 Abs. 1 BDSG zulässige Form der Datennutzung“ (vgl. BAG 14. Januar 2014 – 1 ABR 54/12 – Rn. 28; dazu kritisch Gola, BB 2017, 1462, 1465). Hieran hat sich durch das Inkrafttreten der DS-GVO und der Neufassung des BDSG nichts geändert. Nach dem verlautbarten Willen des Gesetzgebers führt § 26 BDSG die Regelung des § 32 BDSG aF fort (BT-Drs. 18/11325 S. 97).

(Leitsätze 2 bis 4 nicht amtlich)