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Urteil : Übermittlung mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhobener personenbezogener Daten auf Grundlage von § 20 Abs. 1 BVerfSchG verfassungswidrig : aus der RDV 1/2023 Seite 61 bis 62

(BVerfG, Beschluss vom 28. September 2022 – 1 BvR 2354/13 –)

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  1. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art.  73 Abs. 1 Nr. 10 GG erstreckt sich nicht nur auf die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder, sondern auch auf die der Länder untereinander. Sie umfasst hingegen nicht die Regelung der Zusammenarbeit zwischen Behörden desselben Landes.
  2. Die Normenklarheit setzt der Verwendung gesetzlicher Verweisungsketten Grenzen, steht dieser aber nicht grundsätzlich entgegen. Bei der Normierung sicherheitsrechtlicher Datenverarbeitungen kann es zweckdienlich sein, auf Fachgesetze zu verweisen, in deren Kontext Auslegungsfragen – anders als bei heimlichen Maßnahmen – im Wechselspiel von Anwendungspraxis und gerichtlicher Kontrolle verbindlich geklärt werden können. Ob eine Verweisung mit dem Gebot der Normenklarheit vereinbar ist, hängt von einer wertenden Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung möglicher Regelungsalternativen ab. Das Erfassen des Normgehaltes wird insbesondere durch Verweisungsketten erleichtert, die die in Bezug genommenen Vorschriften vollständig aufführen.
  1. Die Übermittlung mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhobener personenbezogener Daten und Informationen durch den Verfassungsschutz zur Gefahrenabwehr kann als Übermittlungsschwelle grundsätzlich auch an die Gefahr der Begehung solcher Straftaten anknüpfen, bei denen die Strafbarkeitsschwelle durch die Pönalisierung von Vorbereitungshandlungen oder bloßen Rechtsgutgefährdungen in das Vorfeld von Gefahren verlagert wird. Der Gesetzgeber muss dann aber sicherstellen, dass in jedem Einzelfall eine konkrete oder konkretisierte Gefahr für das durch den Straftatbestand geschützte Rechtsgut vorliegt. Diese ergibt sich nicht notwendiger Weise bereits aus der Gefahr der Tatbestandsverwirklichung selbst.

Aus dem Tenor

1. § 20 Abs. 1 S. 1 und 2 und § 21 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 S. 1 und 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz) in der Fassung vom 20. Dezember 1990 (Bundesgesetzblatt I Seite 2954, 2970) sind mit Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar, soweit sie zur Übermittlung personenbezogener Daten verpflichten, die mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhoben wurden.

2. Bis zu einer Neuregelung, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2023, gelten die für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärten Vorschriften mit der Maßgabe fort, dass eine Übermittlung von mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhobenen personenbezogenen Daten nur zum Schutz eines Rechtsguts von herausragendem öffentlichem Interesse zulässig ist; dem entspricht eine Begrenzung auf besonders schwere Straftaten. Außerdem müssen die nach Maßgabe der Gründe an die jeweilige Übermittlungsschwelle zu stellenden Anforderungen erfüllt sein.