Urteil : Rechtsmissbräuchliche Geltendmachung eines DS-GVO-Schadensersatzanspruchs : aus der RDV 1/2024, Seite 56-57
(LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21. Februar 2023 – 1 Sa 148/22 –)
Dient die Geltendmachung eines Auskunftsrechts nach der DS‑GVO allein dazu, den Verantwortlichen zur Zahlung einer Entschädigung zu veranlassen, steht einem Entschädigungsanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DS‑GVO wegen unterbliebener Auskunft der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen.
(Nicht amtlicher Leitsatz)
Aus den Gründen:
- Der Antrag zu 2. ist ebenfalls unbegründet. Dem Kläger steht keine Entschädigung nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO zu.
Nach dieser Vorschrift hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, einen Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter. Allerdings hat die Beklagte jedenfalls nicht alle zugunsten des Klägers bestehenden Vorschriften der DS-GVO eingehalten. Jedoch steht auch dem Entschädigungsanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen.
- Die Beklagte hat in einigen Punkten zum Nachteil des Klägers gegen die DS-GVO verstoßen. […]
- Ein Entschädigungsanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO steht dem Kläger jedoch deshalb nicht zu, da er auch insoweit rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 242 BGB handelt.
a) Zu den Fällen des Rechtsmissbrauchs gehören auch die Konstellationen, in denen ein Recht ausgeübt wird als Vorwand für die Erreichung vertragsfremder oder unlauterer Zwecke (Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 242 BGB, Rn 50).
b) Nach Überzeugung des Gerichts dient hier die Geltendmachung der Auskunftsrechte durch den Kläger allein der Erreichung unlauterer Zwecke, nämlich dazu, die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung zu veranlassen.
aa) Dies wird belegt durch das Vorgehen des Klägers im Zusammenhang mit dem Entschädigungsbegehren nach dem AGG. Der Kläger hat seine Auskunftsansprüche zeitgleich mit der Entschädigungsklage geltend gemacht. Das Geltungsmachungsschreiben ist offensichtlich aus anderen Schreiben zusammenkopiert. Das zeigt sich schon daran, dass er sich in seinem Geltendmachungsschreiben auf eine streitgegenständliche Bewerbung vor dem Arbeitsgericht K… bezieht (vgl. Bl. 8 d. A.). Ferner wird in dem Geltendmachungsschreiben Auskunft über eine Personalakte mit allen Eintragungen bei der Firma K… C… I… GmbH verlangt, gegen die der Kläger ersichtlich vor dem Arbeitsgericht K… zum im Anspruchsschreiben genannten Aktenzeichen einen Rechtstreit führt. Das belegt aus Sicht des Gerichts, dass es der Kläger mit dem Auskunftsverlangen allein darum geht, Druck auf die Beklagte auszuüben, um eine möglichst hohe Entschädigung zu erlangen und dass er dieses Vorgehen systematisch betreibt. Das Auskunftsbegehren erweist sich damit zugleich als Teil einer auf die Zahlung eines möglichst hohen Geldbetrags gerichtete „Gesamtstrategie“ des Klägers. Das wird von der Rechtsordnung nicht gedeckt.
bb) Für einen Rechtsmissbrauch des Klägers spricht daneben, dass seine Auskunftsbegehren auch offensichtlich überschießend und unverhältnismäßig sind. Tatsächlich haben die Parteien gerade einmal fünf E-Mails ausgetauscht, drei hat der Kläger geschrieben, zwei die Beklagte. Die Beklagte hat auf das Auskunftsbegehren des Klägers innerhalb einer Woche geantwortet. Trotzdem hat der Kläger sämtliche Auskunftsansprüche mit der Klagerweiterung vom 03.10.2021 noch einmal unverändert eingeklagt. Auch das spricht dafür, dass es dem Kläger nur darum ging, der Beklagten möglichst lästig zu fallen und Arbeit zu bereiten, um sie damit zur Zahlung einer Entschädigung zu veranlassen.