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Urteil : Telefonwerbung bei Einwilligung eines Mitanschlussinhabers : aus der RDV 2/2017, Seite 99 bis 101

(Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 17. November 2016 – 15 O 75/16 –)

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  1. Hat ein Mitanschlussinhaber in Telefonwerbung wirksam eingewilligt, verstößt der werbende Anrufer nicht schon durch den Anruf an sich, sondern erst dann gegen § 7 Abs.  2 Nr. 2 UWG, wenn er nicht sofort klarstellt, dass er nur mit der Person sprechen möchte, die in den Anruf eingewilligt hat.
  2. Ein solcher Fall kann und muss auch in einem Vertriebspartner-Vertrag geregelt werden, denn der Unternehmer, der Dritte (Beauftragte i.S.v. § 8 Abs. 2 UWG) als Werbepartner einsetzt, muss sich einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss auf die Telefonakquise sichern.

 Aus den Gründen:

a) Nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist eine unzumutbare und damit unzulässige Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG stets anzunehmen bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung.

b) Diese Voraussetzungen sind glaubhaft gemacht.

Aufgrund der eidesstattlichen Versicherung von Herrn S.K. ist davon auszugehen, dass eine Call-Center-Mitarbeiterin am 19.08.2016 bei ihm anrief und ihn zu einem Stromanbieterwechsel zur Verfügungsbeklagten, und zwar deren Marke „…“, bewegen wollte. Unstreitig hat Herr K. eine Einwilligung für einen solchen Werbeanruf nie erteilt.

Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass nach dem Vortrag der Verfügungsbeklagten Frau N.K. eine solche Einwilligung erteilt hat. Offensichtlich handelt es sich um einen Mehrpersonenhaushalt, bei welchem mehrere Personen denselben privaten Telefonanschluss benutzen. Haben nicht alle in den konkreten Werbeanruf eingewilligt, so ist ein Werbeanruf, der von einer Person entgegengenommen wird, die nicht eingewilligt hat, ihr gegenüber an sich unzulässig.

Die Kammer ist mit der Kommentierung von Köhler (Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 7, Rn. 128e, 144) der Auffassung, dass in solchen Fällen das Verbot dahingehend auszulegen ist, dass der werbende Anrufer nicht schon durch den Anruf an sich, sondern erst dann gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG verstößt, wenn er nicht sofort klarstellt, dass er nur mit der Person sprechen möchte, die in den Anruf eingewilligt hat. Verboten ist es hingegen, sozusagen die Gelegenheit zu nutzen und gegenüber dem Gesprächspartner zu werben, denn insoweit würde es zumindest an einer vorherigen Einwilligung fehlen (ebenso OLG Köln, Urteil vom 05.06.2009 – 6 U 1/09, BeckRS 2009, 15806). Da jedoch im Streitfall die Anruferin nicht nach Frau N.K. verlangt, sondern das Werbegespräch unmittelbar mit Herrn S.K. geführt hat, kann die Verfügungsbeklagte hieraus nichts für sich herleiten.

…………………

c) Das Handeln des beauftragten Dienstleisters bzw. des von diesem eingesetzten Call Centers ist der Verfügungsbeklagten zurechenbar, § 8 Abs. 2 UWG. Denn die Zuwiderhandlung wurde begangen von einer Mitarbeiterin eines „Beauftragten“ im Sinne dieser Vorschrift.

aa) Der Unternehmensinhaber, dem die Geschäftstätigkeit seiner Beauftragten zu Gute kommt, soll sich bei seiner Haftung nicht hinter den von ihm abhängigen Dritten verstecken können. Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zu Gute kommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber. Deshalb ist es unerheblich, wie die Beteiligten ihre Rechtsbeziehungen ausgestaltet haben. Beauftragter kann auch ein selbstständiges Unternehmen sein. Entscheidend ist, dass der Werbepartner in die betriebliche Organisation des Betriebsinhabers in der Weise eingegliedert ist, dass der Erfolg der Geschäftstätigkeit des beauftragten Unternehmens dem Betriebsinhaber zu Gute kommt und der Betriebsinhaber einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf diejenige Tätigkeit des beauftragten Unternehmens hat, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt. Dabei kommt es nicht darauf an, welchen Einfluss sich der Betriebsinhaber gesichert hat, sondern welchen Einfluss er sich sichern konnte und musste. Der Unternehmensinhaber haftet daher gegebenenfalls auch für ohne sein Wissen und gegen seinen Willen von einem Beauftragten begangene Rechtsverstöße (zum Ganzen BGH, GRUR 2009, 1167 – Partnerprogramm, Rn. 21; vgl. auch Köhler/Bornkamm/Köhler/Feddersen, a.a.O., § 8 Rn. 2.33). Die Ratio legis gebietet eine weite Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Beauftragte“ (Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rn. 2.34 m.w.N.).

bb) Dem von der Verfügungsbeklagten vorgelegten Vertriebspartner-Vertrag … ist zu entnehmen, dass der Vertriebspartner sich an die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften halten sollte; insbesondere soll der Erstkontakt zu einem Kunden telefonisch nur hergestellt werden, wenn der Vertriebspartner über eine Einwilligung des Kunden verfügt. Der Vertriebspartner darf Hilfspersonen einsetzen. Damit hat die Verfügungsbeklagte versucht, den Vertriebspartner auf rechtskonformes Verhalten zu verpflichten.

Der hier vorliegende Fall, dass nämlich ein Werbeanruf nicht abgebrochen bzw. nicht um Weitergabe des Gesprächs an die einwilligende Person gebeten wird, ist im Vertriebspartner-Vertrag nicht explizit geregelt. Er hätte aber geregelt werden können und, wie man sieht, wohl auch müssen. Denn dass ein Anrufer einen Mitbenutzer des Telefonanschlusses erreicht, der selbst keine Werbeeinwilligung erteilt hat, kommt häufig vor.

Ein weisungswidriges Verhalten eines Mitarbeiters des eingesetzten Dienstleisters befreit die Verfügungsbeklagte nicht aus ihrer verschuldensunabhängigen Haftung (Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rn. 2.33). Denn das Tätigwerden des Vertriebspartners oder seiner Leute kommt der Verfügungsbeklagten zu Gute, die andernfalls selbst Telefonwerbung hätte betreiben müssen und dabei derselben wettbewerbsrechtlichen Haftung unterlegen hätte, ohne dass es einer Zurechnung bedürfte. Durch die arbeitsteilige Auslagerung (Outsourcing) von Werbung kann sich der Marktteilnehmer den wettbewerbsrechtlichen Vorschriften nicht entziehen. Der Vertriebspartner-Vertrag zeigt gerade, dass es der Verfügungsbeklagten auch möglich war, sich einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss auf die Telefonakquise zu sichern (vgl. OLG Hamm, MMR 2007, 54, 55).

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3. Allerdings ist der Beschluss vom 23.09.2016 im Tenor abzuändern, um deutlich zu machen, dass es zwei rechtskonforme Möglichkeiten der Telefonwerbung gibt, soweit im Grundsatz eine Werbeeinwilligung erteilt wurde. Ohne diese Ergänzung ist der Verbotsausspruch zu weit.

a) Das Verbot, im geschäftlichen Verkehr Verbraucher zu werblichen Zwecken telefonisch zu kontaktieren oder kontaktieren zu lassen, wenn diese nicht zuvor ausdrücklich hierin eingewilligt haben, ist insoweit unvollständig, als die reine Kontaktaufnahme am Telefon schon dann zulässig ist, wenn der Werbende mit der eigentlichen Kundenwerbung erst dann beginnt, wenn er sich bei Beginn des Telefonats darüber versichert hat, dass diejenige Person, die den Anruf entgegengenommen hat, auch diejenige ist, die zuvor eingewilligt hat. Ein Unterlassungsantrag, wie er im angefochtenen Beschluss dem Antrag folgend gewählt wurde, wäre zwar hinreichend bestimmt i.S.d. §§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Entgegen der Auffassung des OLG Hamm (a.a.O.) ist es aber nicht „unschädlich“, dass dieses Verbot oft zu weit gehen würde. Zwar obliegt es dem Verletzer, Wege aus dem Verbot zu finden, doch geht es hier gerade um einen „Weg aus dem Verbot“ – nämlich im Fall des Anrufs bei einem Mitanschlussinhaber die unverzügliche Bitte um Weitergabe des Gesprächs an die eigentlich gemeinte Person –, der nach dem Wortlaut des weiten Unterlassungstenors ebenfalls verboten wäre. Zudem sind die beiden Verletzungsvarianten rechtsethisch unterschiedlich zu bewerten.

Wie bereits ausgeführt (oben 2. b), genügt es, wenn der Werbende im Fall einer Personenverschiedenheit darum bittet, ihm die andere Person ans Telefon zu geben, oder, falls dies nicht möglich ist, den Werbeanruf beendet. Der Werbende wird meist auch nicht darum herumkommen, kurz den Grund seines Anrufs zu nennen. Er darf dann sagen, dass er gegenüber der anderen (einwilligenden) Person Werbung für einen Energieanbieterwechsel machen möchte oder auch, dass er Strom- oder Gastarife eines anderen Anbieters vorstellen möchte. Mehr als diese reine Themenangabe des beabsichtigten Gesprächs ist ihm nicht erlaubt.