Urteil : Anbringen der Attrappe einer Videokamera im Außenbereich eines Klinikgebäudes : aus der RDV 3/2015, Seite 155 bis 156
(Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 12. November 2014 – 3 TaBV 5/14 –)
Das Anbringen der Attrappe einer Videokamera im Außenbereich eines Klinikgebäudes erfüllt offensichtlich keinen Mitbestimmungstatbestand im Sinne des § 87 BetrVG.
Aus den Gründen:
a) Ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG scheidet vorliegend bereits auf den ersten Blick ersichtlich aus, da die hier gegebene Kameraattrappe jedenfalls objektiv nicht geeignet ist, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen (vgl. insoweit auch ErfK, 15. Auflage/Kania, Rn. 55 zu § 87 BetrVG m. w. N.).
b) Eine analoge Anwendung von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG auf die vorliegende Fallkonstellation verbietet sich ebenfalls. Denn nach Sinn und Zweck von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ist der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers vor Eingriffen durch anonyme technische Kontrolleinrichtungen bezweckt (ErfK, 15. Auflage/Kania, Rn. 48 zu § 87 BetrVG). Derartige Eingriffe sind von einer Attrappe ersichtlich nicht zu erwarten.
c) Ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist hier ebenfalls nicht ersichtlich.
Gegenstand von § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist das betriebliche Zusammenleben der Arbeitnehmer, welches der Arbeitgeber kraft seiner Leitungsmacht durch Verhaltensregeln oder sonstige Maßnahmen und Anordnungen beeinflussen und koordinieren kann. Sinn und Zweck des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG besteht darin, die Arbeitnehmer an solchen Maßnahmen im Sinne einer gleichberechtigten Gestaltungsteilnahme zu beteiligen (BAG vom 25.09.2012 – 1 ABR 50/11 – juris Rn. 14).
Diese Voraussetzungen sind hier offensichtlich nicht gegeben.
Der Geltungsbereich des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist vorliegend bereits deshalb nicht eröffnet, weil die Anbringung der Attrappe einer Videokamera im Außenbereich auf den ersten Blick keine Auswirkungen auf das innerbetriebliche Zusammenleben der Arbeitnehmer bei der Beteiligten zu 2 entfalten kann. Auch ist nicht erkennbar, welche konkreten (Mit-)Gestaltungsmöglichkeiten sich diesbezüglich ergeben sollen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu bedenken, dass die Arbeitnehmer nach wie vor den betroffenen Eingang betreten und verlassen können, ohne neuen zusätzlichen Regelungen unterworfen zu sein. Durch die Attrappe wird gerade nicht kontrolliert, wann wer das Gebäude durch den betroffenen Zugang betritt oder verlässt (vgl. insoweit auch BAG vom 10. 04. 1984 – 1 ABR 69/82 – juris Rn. 16).
Dem Beteiligten zu 2 ist zwar zuzugestehen, dass in der Literatur vereinzelnd unter Hinweis auf den umfassenden Schutz der Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer eine weitergehende Auslegung zum Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG vertreten wird (vgl. beispielsweise DKKWF/Klebe, 14. Auflage, Rn. 57 zu § 87 BetrVG). Jedoch ist auch nach dieser Ansicht die Feststellung einer objektiv tatsächlich vorgenommenen Kontrolle erforderlich, was sich insbesondere aus der folgenden Formulierung (DKKWF, a.a.0., Rn. 58) ergibt:
„Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass alle Anforderungen des Arbeitgebers hinsichtlich der Arbeitsleistung mitbestimmungspflichtig sind, wenn mittelbar oder direkt eine Reglementierung bzw. ein einheitliches Verhalten der Arbeitnehmer erreicht werden soll. Hierunter fällt auch jede abstrakt-generelle Regelung, die die Kontrolle der Arbeitnehmer beinhaltet und damit auf ihr Verhalten einwirkt.“
Auch diese Voraussetzungen sind vorliegend ersichtlich nicht gegeben, da eine – wie hier – im Außenbereich angebrachte Attrappe einer Videokamera nicht in der Lage ist, eine tatsächliche Kontrollwirkung auszuüben und mithin die Persönlichkeitsrechte der bei der Beteiligten zu 2 beschäftigten Arbeitnehmer objektiv nicht tangieren kann.