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Aufsatz : Mindestlohnkontrolle durch Auftraggeber? : aus der RDV 3/2015, Seite 113 bis 117

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Zur Gewährleistung des seit dem 1. Januar 2015 geltenden Mindestlohns haftet nach § 13 Mindestlohngesetz (MiLoG) und § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) auch der Unternehmer, der ein anderes Unternehmen mit von ihm zu erledigenden Aufgaben beauftragt, den dortigen Beschäftigten für die gesetzeskonforme Entlohnung.

Er tritt quasi als Bürge ein, wenn der von ihm beauftragte Nachunternehmer oder dessen Nachunternehmer die Mindestarbeitsbedingungen nicht gewährt. Der Gesichtspunkt des Datenschutzes kommt zum Tragen, wenn der Auftraggeber zur Vermeidung der Haftung kontrollieren will, ob der Auftragnehmer seiner Entgeltpflicht nachkommt.

Haftung für Entgelt-Verstöße von Auftragnehmern und Sub-Unternehmern

Bereits nach § 14 AEntGE bestand bei der Inanspruchnahme von einer Anzahl in § 4 AEntG aufgezählten Dienstleistungen, zu denen u.a. Dienstleistungen der Abfallwirtschaft einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst, Bauleistungen des Bauhaupt- und Baunebengewerbes, Briefdienstleistungen, Gebäudereinigungsleistungen, Sicherheitsdienstleistungen oder Dienstleistungen der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau gehören, eine verschuldensunabhängige Haftung des diese Leistungen in Anspruch nehmenden Unternehmens dafür, dass der von ihm beauftragte Unternehmer, dessen beauftragter Nachunternehmer oder ein von diesem Unternehmer oder Nachunternehmer beauftragter Verleiher einem Arbeitnehmer den Nettolohn und im Falle von Bauleistungen im Bauhauptgewerbe Beiträge an die Urlaubskasse des Baugewerbes zahlt.

Hinzugetreten ist jetzt die Haftung nach § 13 MiLoG[1]. Die Bestimmung verweist pauschal auf § 14 AEntG und ist daher wie folgt zu lesen: „Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet für die Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestlohns an Arbeitnehmer wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. [1a]

Der Auftraggeber haftet demnach auch hier für das Nettoentgelt, also den Betrag, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung an Arbeitnehmer auszuzahlen ist. Mehrere Auftraggeber haften als Gesamtschuldner (§§ 774, 426 BGB), d.h. sie haften grundsätzlich zu gleichen Teilen.

Nicht deutlich machen die Gesetzestexte, ob eine generelle Haftung des Auftraggebers besteht, oder ob er nur gegenüber den Beschäftigten haftet, die bei der Erledigung des von ihm vergebenen Auftrags eingesetzt wurden. Anspruchsberechtigt sind allerdings nur Arbeitnehmer, die auch in die Aufträge eingebunden sind, die der Generalunternehmer und dessen Subunternehmer bearbeiten.[2]

Unter welchen Bedingungen sein Auftragnehmer z.B. auf Baustellen anderer Bauunternehmer die Beschäftigten bezahlt, liegt außerhalb des „Verantwortungsbereichs“ des Auftraggebers. Zweckmäßig ist es daher, von dem Auftragnehmer zu verlangen, den Einsatzbereich der Beschäftigten eindeutig zuzuordnen.

Das MiLoG enthält damit eine Durchgriffshaftung für Mindestlohnverstöße bei vom Auftraggeber beauftragten Unternehmen und deren Nachunternehmen. Ein Arbeitnehmer eines Subunternehmens, der den gesetzlichen Mindestlohn nicht erhält, kann den Netto-Mindest-Lohn beim Auftraggeber einklagen oder, falls er bereits einen entsprechenden Vollstreckungstitel hat, vollstrecken. Er kann insoweit nicht auf seinen Arbeitgeber verwiesen werden. Der in Anspruch genommene Auftraggeber erwirbt zwar bei Leistung an den betreffenden Arbeitnehmer aus übergegangenem Recht einen Regressanspruch gegen dessen Arbeitgeber (§ 774 BGB), dessen Wert jedoch wohl oft nachzufragen sein wird. Gleiches gilt für eine für den Fall der Nichtzahlung vereinbarte Vertragsstrafe und/oder eine Freistellungsverpflichtung für den Fall der Inanspruchnahme des Auftraggebers durch die Arbeitnehmer des Nachunternehmers.

Beschränkung auf Generalunternehmer

Für die Reichweite der Haftung entscheidend ist, ob – entgegen dem sehr weitgehenden Wortlaut des § 13 MiLoG – ähnlich wie es das BAG[3] zu § 14 AEntG[4] entschieden hat – die Regelung sich auf eine Generalunternehmerhaftung beschränkt und damit nicht alle Unternehmer, die andere Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragen, betrifft. Erfasst würden dann nur Fälle, in denen der Auftragnehmer als Generalunternehmer auftritt, also Dritte einschaltet, um eine vertragliche Verpflichtung zu erfüllen, die er selbst gegenüber seinem Auftraggeber eingegangen ist. Für diese Auffassung spricht jedenfalls die dazu ergangene Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales[5] zur dort entschiedenen Fassung des § 13 MiLoG: „Die Regelung zur Haftung des Auftraggebers in § 13 wird durch Verweis auf die entsprechende Vorschrift des § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz an die dortige Rechtslage angeglichen. Die dortige Ausgestaltung der Haftung – wie sie insbesondere durch die Rechtsprechung stattgefunden hat – hat sich über Jahre bewährt“.

Da sich der Gesetzgeber dafür entschieden hat, keine eigene Auftraggeberhaftung im MiLoG einzuführen, sondern die bewährte Haftungsregelung nach § 14 AEntG zu übernehmen, ist wohl zu erwarten, dass auch die Rechtsprechung § 13 MiLoG entsprechend auslegen wird.[6] Auf insoweit bestehende Bedenken, nach denen aufgrund der nur entsprechenden Anwendung des § 14 AEntG und der Tatsache, dass das MiLoG branchenunabhängig gilt, auch von einer umfassenden Auftraggeberhaftung aus gegangen werden könne, ist aber hinzuweisen.[7] Somit bleibt letztendlich die Rechtsprechung zu diesem Punkt abzuwarten.[8]

Eindeutig ist aber, dass die Haftung aus § 13 MiLoG nicht auf einzelne Branchen beschränkt ist, sondern nach dem klaren Wortlaut grundsätzlich alle Werk- und/oder Dienstleistungen umfasst, mit deren Erbringung ein Unternehmer einen anderen Unternehmer beauftragt.

DV-Auftragsdatenverarbeitung

Macht man die Haftung an der obigen Generalunternehmerstellung fest, so werden von § 13 MiLoG Auftragsdatenverarbeitungen im Sinne von § 11 BDSG regelmäßig nicht erfasst. Der Arbeitgeber haftet nicht für die Löhne der Beschäftigten des Unternehmens, an das er die Gehaltsabrechnung outgesourct hat. Als „Generalunternehmer“ im genannten Sinne wird der DV-Auftragnehmer jedoch tätig, wenn er sich zur Erfüllung seiner Dienstleistungsverpflichtung eines Subunternehmers bedient. Die im Hinblick auf die Gewährleistung der erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen gesetzlich vorgegebene sorgfältige Auswahl und nachfolgende vertraglich abzusichernde Kontrolle (§ 11 Abs. 2 S. 1 und 4 BDSG)[9] wäre hier zu erweitern um Aussagen zur Gewährleistung der Mindestlohnzahlung.

Sorgfaltspflichten bei der Wahl des die Dienstleistungen erbringenden Unternehmens

Eindeutig ist das legitime Interesse eines jeden Auftraggebers, sich gegenüber dieser weitreichenden und letztlich unüberschaubaren Haftung soweit wie möglich abzusichern.

Als erster Schritt sollten nur die Angebote berücksichtigt werden, aus denen hervorgeht, dass die Pflicht zur Zahlung eines Mindestlohns eingerechnet ist. Die Dienstleistung muss zu dem angebotenen Preis auch dann betriebswirtschaftlich sinnvoll erbracht werden können, wenn der Nachunternehmer den Mindestlohn zahlt.

Ein zweiter Schritt kann die vertragliche Zusicherung des Auftragnehmers sein, dass nicht nur er, sondern auch ein von ihm eingesetzter Nachunternehmer sowie von diesem eingesetzte weitere Auftragnehmer den Mindestlohn zahlen9a. Abgesichert werden kann dies durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe und von Sonderkündigungsrechten oder der Stellung einer Bürgschaft. Den Einsatz von weiteren Subunternehmern unter Zustimmungsvorbehalt zu stellen, kann ebenfalls zur Risikominimierung beitragen.[10] Haftungseinschränkende Wirkung haben diese Verpflichtungserklärungen jedoch nur bedingt[11], zumal die ursprünglich noch im Gesetzesentwurf vorgesehene Möglichkeit einer Enthaftung, „wenn der Unternehmer nachweist, dass er weder positive Kenntnis noch grob fahrlässige Unkenntnis davon hatte, dass der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns nicht nachkommt“, nicht in das Gesetz übernommen wurde.

Genauso wenig schließt eine derartige Regelung die Einleitung eines Bußgeldverfahrens aus, für das die fahrlässige Nichtkenntnis der Nichtzahlung des Mindestlohns ausreicht (§ 21 Absatz 2 MiLoG).

Der Wert jeder vertraglichen Regelung hängt letztlich davon ab, ob sie durch zu vereinbarende Kontrollbefugnisse des Auftraggebers abgesichert werden kann.

Auskunft bzw. Einsicht in die Arbeitszeit- und Lohnnachweise

Die Haftung könnte effektiv dann ausgeschlossen werden, wenn der Auftraggeber sich durch regelmäßige oder zumindest stichprobenhafte Kontrollen der Lohnabrechnungen vergewissern dürfte, dass sein Auftragnehmer das MiLoG einhält. Dies setzt jedoch voraus, dass er zur Erhebung und der Auftragnehmer gegenüber seinen Beschäftigten zur Übermittlung diesbezüglicher Daten befugt wären. Als BDSG-Erlaubnisnormen kommen § 32 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 bzw. Abs. 2 Nr. 2a BDSG in Betracht. Dabei darf keine pauschale Bewertung erfolgen, es bedarf einer Prüfung im konkreten Einzelfall.[12]

Eindeutig unzulässig wäre es in jedem Fall, Gehaltsdaten zu übermitteln, die zu Feststellung der Zahlung des Mindestnettolohns unerheblich sind. Angaben z.B. zur Konfessionszugehörigkeit, zum Familienstand, zur gewählten Steuerklasse, zur Anzahl der Kinder, zum vollständigen Geburtsdatum und zur Privatanschrift des Beschäftigten stellen Angaben dar, deren Kenntnis zur Verringerung des Haftungsrisikos für den Auftraggeber nicht erforderlich ist. Damit scheidet die Übermittlung umfassender, nichtanonymisierter Lohnbescheinigungen bereits mangels Erforderlichkeit aus.[13]

Ob eine Übermittlung der allein die korrekte Mindestlohnzahlung belegenden Daten in personenbezogener Form zulässig ist, hängt zunächst von der Frage ab, ob die Datenverarbeitung zur Durchführung des betroffenen Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist (§ 32 Abs. 1 S. 1 BDSG). Der Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses dienen Datenverarbeitungen, die der Arbeitgeber zur Erfüllung seiner Pflichten, aber auch zur Wahrnehmung seiner Rechte gegenüber dem Beschäftigten vernünftigerweise benötigt.[14] Eine Datenübermittlung an Auftraggeber zwecks Kontrolle korrekter Lohnzahlung zählt nicht hierzu.

Somit kommt als Zulässigkeitsnorm für die hier außerhalb der Zweckbestimmung des § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG liegende Datenverwendung § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 bzw. Abs. 2 Nr. 2a BDSG in Betracht.[15] Berechtigte Interesse des Auftragnehmers können darin liegen, dass der Auftraggeber die Gewährung diesbezüglicher Kontrollrechte, an denen ihm auch ein berechtigtes Interesse gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 2a BDSG nicht abzusprechen ist, zur Bedingung für die Auftragsvergabe gemacht hat. Festzustellen ist aber, ob diesen Informationswünschen nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Beschäftigten entgegenstehen, was wohl im Regelfall zu bejahen ist. Auch der Angabe über die von den bei der Erledigung des Auftrags eingesetzten Mitarbeitern geleisteten Stunden und den dafür ausgezahlten Lohn stehen überwiegende schutzwürdige Interessen entgegen. Gehaltsdaten sind Informationen, auf deren vertrauliche Handhabung der Beschäftigte vertrauen können muss.

Andererseits mag eine – neben der staatlichen Kontrolle durch die Zollverwaltung (§ 15 MiLoG) – zugleich stattfindende Überwachung durch Auftraggeber dem Interesse mancher Beschäftigter entsprechen. Hier könnte dann eine Einwilligung (§ 4 Abs. 1 BDSG) Basis für die Datenübermittlung sein. Voraussetzung ist jedoch, dass diese Erklärung freiwillig erteilt wird (§ 4a Abs. 1 S. 1 BDSG), d.h. die Abgabe der Erklärung dem Beschäftigten freigestellt ist. Eine Einholung der Einwilligung in die zur Durchführung des Arbeitsvertrages nicht erforderliche Datenübermittlung als „sine qua non“ Bedingung bei Abschluss des Arbeitsvertrages wäre unzulässig.

Datenschutzrechtlich unbedenklich ist allein die Übermittlung pseudonymisierter Angaben über geleistete Arbeitsstunden nebst gezahlten Entgelten.[16] Auf Wunsch des Auftraggebers ist dem Auftraggeber auch eine pseudonymisierte Aufstellung über eingesetztes weiteres Personal (freie Mitarbeiter, Auszubildende, Praktikanten, mithelfende Familienangehörige etc.) zur Verfügung zu stellen, um mögliche Umgehungskonstruktionen zu ermitteln.[17]

In Betracht kommt auch eine stichprobenartige Kontrolle von geschwärzten Verdienstbescheinigungen. Ggf. kann auch eine Überprüfung durch neutrale zur Verschwiegenheit verpflichtete Berufsträger wie z.B. durch für den Auftragnehmer tätige Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer erfolgen, die dem Auftraggeber entsprechende Prüfbescheide vorlegen. Denkbar wäre auch, dass der Arbeitgeber seinem Auftraggeber zwecks Belegs der ordnungsgemäßen Mindestlohnzahlung eine vom Betriebsrat als Ergebnis der Kontrollfunktion nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG erstellte Prüfungsbescheinigung übermittelt.[18]

Dass der einzelne Beschäftigte vom Arbeitgeber angehalten werden kann, selbst eine diesbezügliche Bescheinigung auszustellen, wird man, wenn der Auftraggeber dies in den Bedingungen für die Auftragsvergabe vorsieht[19], auch unter datenschutzrechtlicher Sicht nur eingeschränkt akzeptieren können. Die Bestätigung muss sich dabei abstrakt auf die für den Mindestlohn relevanten Gesichtspunkte der geleisteten Arbeitsstunden und des Entgelts beschränken. Dem entspricht ein im Baugewerbe zu § 14 AEntG verwandtes Muster mit u.a. folgenden Inhalt: „Die Firma/Arbeitsgemeinschaft NN ist Auftraggeberin meines Arbeitgebers, der Firma NN beim Bauvorhaben XX. Ich bestätige, dass mein Lohn mindestens … pro Arbeitsstunde brutto (d.h. vor Abzug von Steuern und Sozialabgaben) beträgt. Ich versichere ausdrücklich, dass neben den gesetzlichen Abzügen keine weiteren Abzüge von meinem Lohn erfolgen. Ich verpflichte mich aus drücklich, die Firma/Arbeitsgemeinschaft unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen, falls der mir zustehende Nettolohn (nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben) nicht bis zum 15. des Folgemonats vollständig an mich ausbezahlt wird. Bei einem schuldhaften Verstoß gegen die Pflicht zur Inkenntnissetzung der Firma/Arbeitsgemeinschaft über die Unterschreitung des Mindestlohnes mache ich mich dieser gegenüber schadenersatzpflichtig.“ Die Aussagekraft dieser Bestätigung des Arbeitnehmers ist jedoch angesichts seines wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses im Zweifel kritisch zu hinterfragen.

Kontrolle und Mitbestimmung durch den Betriebsrat

Nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze und tariflichen Bestimmungen eingehalten werden. Dazu gehören speziell auch die Einhaltung des MiLoG und der Rechtsverordnungen, mit denen ein Mindestlohn festgesetzt wird, sowie einschlägige Tarifverträge. Nach § 80 Abs. 2 S. 2 BetrVG hat er das Recht, zur Kontrolle der Entgeltregelungen personenbezogen durch einen dazu gebildeten Ausschuss Einsicht in die Bruttolohnliste zu nehmen.[20] Diese Einsicht reicht dem Betriebsrat zur Kontrolle indes nicht aus, wenn in den Listen das gezahlte Entgelt nicht in die einzelnen Entgeltbestandteile aufgeschlüsselt und die Zahl der tatsächlich geleisteten Stunden und das hierfür gezahlte Bruttoentgelt nicht vermerkt sind. Aber auch die nach § 17 MiLoG vor geschriebenen Stundenaufzeichnung können ihm nicht vorenthalten werden. Werden festgestellte Verstöße vom Arbeitgeber nicht abgestellt, so kann der Betriebsrat sich – ohne gegen die Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit zu verstoßen – letztlich auch an die Aufsichtsbehörde wenden.[21]

Weitere Einflussmöglichkeiten stehen dem Betriebsrat ggf. über den Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu. Bereits bisher sind Arbeitgeber ver pflichtet, Arbeitszeiten von Arbeitnehmern zu erfassen und zu speichern. Das gilt nach § 16 Abs. 2 ArbZG für Überstunden und deren Ausgleich oder nach § 19 AEntG für die in § 4 AEntG genannten Branchen. Neue Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten enthält § 17 MiLoG. [21a] Danach müssen Arbeitgeber die tägliche Arbeitszeit hinsichtlich Beginn, Ende und Dauer generell aufzeichnen bei geringfügig Entlohnten sowie kurzfristig Beschäftigten im Sinne des Sozialversicherungsrechts. Gleiches gilt bei allen Beschäftigten in den Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen des § 2a SchwarzArbG, sofern ein verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt von 2.958,00 € brutto nicht überschritten wird.

Da für den Arbeitgeber ein Spielraum besteht, wie die Daten verarbeitet werden, besteht bei automatisierter Datenverarbeitung auch in diesem Rahmen Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Dabei wird der Betriebsrat auf die Bindung der Daten an die gesetzlich festgelegte Zweckbestimmung Gewicht legen und Datenübermittlungen an Auftraggeber, sollten die Daten hierzu Verwendung finden sollen, ausschließen.

Fazit

Auch wenn der Gesetzgeber es als Ziel von § 13 MiLoG formulierte, dass ein Auftraggeber im eigenen Interesse darauf achten soll, dass die bei von ihm beauftragten Nachunternehmern Beschäftigte den Mindestlohn erhalten, hat er verabsäumt, dem Auftraggeber diesbezügliche konkrete Kontrollrechte zu geben. Vielmehr hat weder der Auftraggeber einen durchsetzbaren personenbezogenen Auskunftsanspruch noch der Auftragnehmer eine personenbezogene Auskunftsbefugnis, da es zur Vermeidung von Haftungsrisiken nach dem „Mindestlohngesetz“ in der Regel weder erforderlich noch zulässig ist, Beschäftigtendaten von einem beauftragten Unternehmen an den Auftraggeber zu übermitteln.[22]

Prof. Peter Gola Mitherausgeber und federführender Schriftleiter der Fachzeitschrift RDV sowie Ehrenvorsitzender der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit (GDD) e.V., Bonn

RA Andreas Jaspers

RA Andreas Jaspers ist Geschäftsführer der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit (GDD) e.V. und Mitherausgeber der RDV.

[1]Oltmann/Fuhlrott, NZA 2015, S. 392

[1a]  Http://www.noerr.com/de/presse-publikationen/Risiken der „Auftraggeberhaftung“ nach § 13 Mindestlohngesetz

[2] Mück, in: Mück/Pötters/Krause, Das Mindestlohngesetz in der betrieblichen Praxis, 2015, Rn. 725 ff.; Hilgenstock, MiLoG, 2015, Rn. 184.

[3] BAG, Urteil vom 06.11.2001 – 5 AZR 617/01; vom 12.01.2005 –; 5 AZR 613/01 – vom 28.03.2007.

[4] Vgl. im Einzelnen ErfK/Schlachter AEntG § 14 Rn. 1 f.

[5] BT-Drs. 18/2010 vom 02.07.2014.

[6] Generalunternehmerhaftung bejaht durchweg die Literatur; vgl. etwa Aufdermauer, Deutscher AnwaltSpiegel 03/2015, S. 12; Insam/ Hinrichs/Tacou, NZA-RR 2014, 569; Kühn/Reich, BB 2014, 2938; Pacholski/Naumann, NJW-Spezial 2014, 690.

[7] Vgl. Schubert/Jerchel/Düwell, Das neue Mindestlohngesetz, Rn. 228; Altenburg, Arbeitsrecht Update 2014 Abschnitt II, Ziff. 1 e.

[8] Https://www.muenchen.ihk.de/de/recht/Anhaenge/mindestlohn.

[9] Vgl. Gola/Schomerus, BDSG 12. Aufl., § 11 Rn. 20 ff.

[9a] Vgl. § 6 Abs. 2 des Muster-Subunternehmervertrags der IHK ArbG Hessen, http://www.frankfurt-main.ihk.de/recht/mustervertrag/subunternehmer: „Der Subunternehmer verpflichtet sich, etwaige Mindestlohnvorschriften und Vorschriften über Mindestbedingungen am Arbeitsplatz einzuhalten, und bestätigt dies auf Verlangen des Generalunternehmers diesem schriftlich. Gleiches gilt für etwaige Verpflichtungen gegenüber Urlaubs- und Sozialkassen, soweit hier eine Ausfallhaftung des Generalunternehmers bestehen kann“

[10] Zu möglichen Sicherungsmechanismen im Einzelnen: Oltmanns/Fuhlrott, NZA 2015, 392 (398).

[11] Über Sinn und Unsinn von Verpflichtungserklärungen nach § 13 MiLoG vgl. http://www.dresden.ihk.de/servlet/.

[12] So ULD Schleswig-Holstein: https://www.datenschutzzentrum.de/artikel/871-Auftraggeberhaftung-fuer.den-Mindestlohn-aus-Datenschutzsicht.html.

[13]Http://www.rhein-neckar.ihk24.de/recht/arbeitsrecht/Mindestlohngesetz/932464.

[14] Vgl. Gola/Schomerus, a.a.O. (Fn. 7) § 32 Rn. 16 zur diesbezüglichen Zweckbestimmung.

[15] Gola/Schomerus, a.a.O. (Fn. 7) § 32 Rn. 9 und 45 ff.

[16] Vgl. IHK Mainfranken: a.a.O. Fn. 11.

[17] Ottmanns/Fuhlrott, NZA 2015, 302 (397).

[18] Zur Kontrolle der Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns durch den Betriebsrat, vgl. insgesamt: Kleinebrink, DB 7/2015, 375.

[19] In der Praxis finden sich Regelungen wie folgt: Der NU verpflichtet sich, dem HU monatlich eine von seinen Arbeitnehmern ausgestellte Erklärung über den Erhalt des Mindestlohnes in der jeweiligen Landessprache des Arbeitnehmers entsprechend dem Muster des HU vorzulegen. Die Originale übergebener Kopien sind dem HU auf Anforderung vorzulegen. Etwaige Änderungen der Umstände (z.B. personelle Veränderungen bei den eingesetzten Arbeitskräften, Änderung der Firma) hat der NU dem HU unverzüglich mitzuteilen. Die entsprechenden erforderlichen Nachweise sind dem HU unverzüglich zu übergeben bzw. vorzulegen.

[20] Gola/Wronka, Handbuch zum Arbeitnehmerdatenschutz, 6. Aufl., Rn. 1647 ff.

[21] Zur Beachtung des Datenschutzes insoweit: BAG, vom 03.06.2003 – 1 ABR 19/02 –

[21a] Schmitz-Witte/Kilian, NZA 2015, 415.

[22] ULD, a.a.O. Fn. 10