Editorial : Datenschutz und Sicherheit : aus der RDV 3/2017, Seite 109 bis 110
Fleißig war er ja, der Bundesgesetzgeber, in den letzten Monaten vor Ablauf der Legislaturperiode bei der Verabschiedung datenschutzrelevanter Gesetze. Dabei ging es nicht nur um den Schutz von Persönlichkeitsrechten; dies gilt im Wesentlichen für die am 27.04.2017 verabschiedete Neufassung des BDSG. Gleichzeitig wurden dem Staat neue Eingriffsbefugnisse eingeräumt.
Nach dem „Gesetz zur Förderung des elektronischen Identitätsnachweises“ können nunmehr Verfassungsschutz, der MAD und der BND das Lichtbild des Personalausweises grundsätzlich zur Erfüllung ihrer Aufgaben im automatisierten Verfahren abrufen. Zu diesen Aufgaben gehört nicht nur die Strafverfolgung oder die Abwehr konkreter Gefahren. Polizeibehörden führen Verkehrskontrollen aus und betreiben Videoüberwachungsanlagen.
Zukünftig könnten im Rahmen der „intelligenten Videoüberwachung“ alle Menschen identifiziert werden, die sich in einem Bahnhof, auf einem Flughafen, in einem Einkaufszentrum oder auf einem öffentlichen Platz aufhalten. Das am 09.03.2017 verabschiedete „Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit in öffentlich zugänglichen großflächigen Anlagen und im öffentlichen Personenverkehr durch optisch-elektronische Einrichtungen (Videoüberwachungsverbesserungsgesetz)“ gibt die Grundlage.
Infolge des am 16.05.2017 in Kraft getretenen „Gesetzes zur Verbesserung der Fahndung bei besonderen Gefahrenlagen und zum Schutz von Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei durch den Einsatz von mobiler Videotechnik“ sollen Bundespolizisten durch die Ausrüstung mit sog. Bodycams besser vor gewalttätigen Übergriffen geschützt werden. Das Gesetz regelt auch den Einsatz von automatischen Kennzeichen-Lesesystemen im Straßenverkehr. Im Gefahrenfall kann die Bundespolizei durch den Einsatz dieser Technik leichter nach Straftätern fahnden.
Europäisches Recht umgesetzt wird mit dem am 27.04.2017 verabschiedeten „Gesetz über die Verarbeitung von Fluggastdaten zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/681(Fluggastdatengesetz – FlugDaG).“ Zukünftig werden jährlich Fluggastdaten von etwa 170 Millionen Passagieren unterschiedslos erfasst und über 5 Jahre gespeichert. Der EuGH wird nun entscheiden haben, ob und wie die neu einzurichtenden europäischen Fluggastzentralen personenbezogene Daten verdachtslos analysieren und speichern dürfen.
Am 1. Juli 2017 beginnt für Telekommunikationsanbieter erneut die Pflicht, Verkehrs- und Standortdaten auf Vorrat zu speichern und für Abfragen der Sicherheitsbehörden bereit zu halten. Die weitere Zukunft der Vorratsspeicherung von Daten wird vermutlich erneut vom Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof entschieden. Letzterer hatte bereits angedeutet, dass eine umfassende anlasslose Vorratsspeicherung sämtlicher Verkehrs- und Standortdaten aller Teilnehmer in Bezug auf alle elektronischen Kommunikationsmittel nicht mit den Vorgaben der Grundrechtecharta vereinbar sei.
Ebenfalls am 27. April 2017 hat der Bundestag das umstrittene Gesetz zur Neustrukturierung des Bundeskriminalamts beschlossen. Rechtsanwälte sind von Überwachungsmaßnahmen nunmehr absolut ausgenommen. Dies gilt jedoch nicht für Psychotherapeuten und Ärzte als Berufsgeheimnisträger. Für den Datenschutz gilt jedoch anderes. Nach § 29 BDSG n.F. haben hier die Datenschutzaufsichtsbehörden keine detaillierten Kontrollrechte bei Geheimhaltungsberechtigten mehr.
Prof. Peter Gola
Prof. Peter Gola Mitherausgeber und federführender Schriftleiter der Fachzeitschrift RDV sowie Ehrenvorsitzender der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit (GDD) e.V., Bonn