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Urteil : Zum Auskunftsanspruch eines Insolvenzverwalters gegenüber dem Finanzamt des Schuldners : aus der RDV 3/2017, Seite 150 bis 156

(Verwaltungsgericht Lüneburg, Urteil vom 1. März 2017 – 1 A 343/15 –)

Archiv RDV
Lesezeit 23 Min.
  1. Ein Insolvenzverwalter hat gegen das Finanzamt außerhalb eines laufenden Steuerverfahrens keinen Anspruch auf Erteilung eines Steuerkontoauszugs des Insolvenzschuldners nach § 16 NDSG.
  2. Die Regelung ist zwar anwendbar, aber in ihren Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt. Der Kläger ist nicht „Betroffener“ i.S.d. § 16 Abs. 1 und 3 NDSG.
  3. Für die Geltungmachung des Anspruchs ist der Verwaltungsgerichtsweg eröffnet.

(Nicht amtliche Leitsätze)

Sachverhalt:

Die Beteiligten streiten über die Erteilung eines Steuerkontoauszugs für das Konto eines Insolvenzschuldners an den Kläger als gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter.

Der Kläger forderte den Beklagten mit Schreiben vom 19. April 2012 dazu auf, seine Forderungen bei ihm als Insolvenzverwalter anzumelden.

Der Beklagte meldete dem Kläger mit Schreiben vom 9. Mai 2012 für dieses Insolvenzverfahren Abgabenforderungen in Höhe von insgesamt 258.143,81 EUR und führte die Abgabenforderungen im Einzelnen in einer Anlage auf.

Mit Schreiben vom 18. Juni 2012 teilte der Kläger dem Beklagten mit, das Amtsgericht J. habe den angemeldeten Betrag in Höhe von 258.143,81 EUR festgestellt.

Mit Schreiben vom 21. Juli 2015 bat der Kläger den Beklagten um die Übersendung eines Auszugs aus dem Steuerkonto zu der Steuernummer K. oder allen weiteren Steuernummern, unter denen der Insolvenzschuldner in der Vergangenheit – gegebenenfalls auch vorübergehend – bei ihm geführt worden sei.

Mit Schreiben vom 23. Juli 2015 teilte der Beklagte dem Kläger mit, für die Übersendung eines Kontoauszugs sei sein Antragsschreiben nicht ausreichend. ……… Er – der Kläger – müsse sein berechtigtes Interesse, d.h. aus welchen Gründen er die Auskunft benötige, substantiiert darlegen. …….

Mit Schreiben vom 20. August 2015 legte der Kläger gegen dieses Ablehnungsschreiben Einspruch ein. Er nahm Bezug auf § 16 Abs. 1 und 3 NDSG.

Mit Einspruchsbescheid vom 21. August 2015 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies er auf seinen „Bescheid vom 23. Juli 2015“ und führte aus, der Hinweis auf § 16 Abs. 1 und 3 NDSG führe zu keiner anderen Ermessensentscheidung, da der Antrag keine weitere Begründung/ Konkretisierung enthalte. ……… Die getroffene Entscheidung sei daher ermessensgerecht.

In der Rechtsbehelfsbelehrung heißt es u.a., gegen diese Entscheidung könne beim Niedersächsischen Finanzgericht Klage erhoben werden………

Der Kläger ist der Ansicht, es handele sich um eine verwaltungsgerichtliche Streitigkeit.

Aus den Gründen:

Die Klage hat keinen Erfolg.

Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet.

Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind.

Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Der Kläger stützt seinen Anspruch auf einen Auszug aus dem Steuerkonto auf § 16 Abs. 1 und 3 NDSG. Das Niedersächsische Datenschutzgesetz verpflichtet gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 NDSG i.V.m. § 16 Abs. 1 und 3 NDSG nur Behörden als Träger hoheitlicher Gewalt. Diese Normen sind als Sonderrecht der öffentlichen Hand dem öffentlichen Recht zuzuordnen (so auch VG Stade, Beschl. v. 22.9.2016 – 1 A 2323/15 -, juris).

Eine abdrängende Sonderzuweisung, insbesondere zu den Finanzgerichten, liegt nicht vor. Gemäß § 33 Abs. 1 FGO ist der Finanzrechtsweg gegeben in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden (Nr. 1), in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die Vollziehung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften der Abgabenordnung zu vollziehen sind (Nr. 2), in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Streitigkeiten über Angelegenheiten, die durch den Ersten Teil, den Zweiten und den Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils und den Ersten Abschnitt des Dritten Teils des Steuerberatungsgesetzes geregelt werden (Nr. 3) und in anderen als den in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, soweit für diese durch Bundesgesetz oder Landesgesetz der Finanzrechtsweg eröffnet ist (Nr. 4). Abgabenangelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich (§ 33 Abs. 2 FGO).

Bei dem Antrag auf Erteilung eines Steuerkontoauszugs nach dem Niedersächsischen Datenschutzgesetz handelt es sich nicht um eine Abgabenangelegenheit im Sinne von § 33 Abs. 2 FGO. Mit den Regelungen in § 33 Abs. 1 und 2 FGO wird keine umfassende behördenbezogene Zuständigkeit der Finanzgerichte für die gesamte öffentlich-rechtliche Tätigkeit der Finanzbehörden geschaffen. Der Rechtsweg zu den Finanzgerichten ist nicht bereits deshalb eröffnet, weil die Steuerakten Vorgänge wiedergeben, über die in Anwendung abgabenrechtlicher Vorschriften entschieden worden ist. Die Zuordnung einer Streitigkeit, die die Auskunftserteilung eines Finanzamtes betrifft, bestimmt sich nicht nach dem Gegenstand der Auskunft, sondern nach der Rechtsnatur des erhobenen Anspruchs, wie sie sich aus dem tatsächlichen Vorbringen des Klägers ergibt. Für die Eröffnung des Finanzgerichtswegs muss die Angelegenheit gerade mit der Anwendung abgabenrechtlicher Vorschriften verknüpft und dadurch geprägt sein. Daran fehlt es hier. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Auskunft nach § 16 Abs. 1 und 3 NDSG wurzelt nicht im Abgabenverhältnis, sondern ist bereichsübergreifend und folglich als außersteuerlicher Anspruch ausgestaltet. Er steht eigenständig neben Ansprüchen auf der Grundlage der Abgaben- und Insolvenzordnung und verwaltungsverfahrensrechtlichen Akteneinsichtsansprüchen (Nds. OVG, Beschl. v. 14.11.2016 – 11 OB 233/16 -, NordÖR 2017, S. 103 f. und NVwZ-RR 2017, S. 216).

Ist bei einem einheitlichen Streitgegenstand und rechtswegüberschreitender Anspruchsnormenkonkurrenz – wie sie hier mit Blick auf den geltend gemachten Anspruch auf Informationszugang nach dem Niedersächsischen Datenschutzgesetz und einen allgemeinen steuerverfahrensrechtlichen Anspruch auf Akteneinsicht nach der Abgabenordnung in Erwägung zu ziehen sind – für eine der Anspruchsgrundlagen der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht gegeben, käme eine Verweisung an das Finanzgericht nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen des Anspruchs, der im Verwaltungsrechtsweg zu verfolgen ist, aufgrund des vorgetragenen Sachverhaltes offensichtlich fehlen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.3.2015 – 6 B 58/14 – und Vorlagebeschluss v. 15.10.2012 – 7 B 2/12 -, jew. juris). Der Anspruch nach § 16 Abs. 1 und 3 NDSG ist nicht von vornherein gemäß § 2 Abs. 6 NDSG ausgeschlossen und auch nicht offensichtlich unter keinen Umständen einschlägig. Zwar gehen nach § 2 Abs. 6 NDSG besondere Rechtsvorschriften über die Verarbeitung personenbezogener Daten den Bestimmungen des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes vor. Ob § 2 Abs. 6 NDSG eine bereichsspezifische Ausnahme für Ansprüche eines Insolvenzverwalters auf Akteneinsicht und Auskunftserteilung hinsichtlich von Steuerdaten auf der Grundlage von Bestimmungen des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes darstellt, ist jedoch nicht höchstrichterlich geklärt. Ob dem Kläger der streitgegenständliche Anspruch nach den Vorschriften des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes zusteht, ist im Rahmen der materiellen Prüfung des Anspruchs im Hauptsacheverfahren und nicht bei der Bestimmung des zulässigen Rechtsweges zu klären (Nds. OVG, Beschl. v. 14.11.2016 – 11 OB 233/16 –, a.a.O.).

Die Klage ist zulässig……….

Die Klage ist nicht begründet.

Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 23. Juli 2015 in der Gestalt des Einspruchsbescheids vom 21. August 2015 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erteilung eines umfassenden Auszugs aus dem Steuerkonto für die Steuernummer K. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten, seinen Antrag auf Erteilung eines solchen Steuerkontoauszugs unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Auch wenn der Kläger seinen Anspruch auf § 16 Abs. 1 und 3 NDSG stützt und deshalb der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist, entscheidet nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Bei einem gemischten Rechtsverhältnis, d.h. in dem Fall, in dem ein prozessualer Anspruch bei identischem Lebenssachverhalt gegebenenfalls auf mehrere materiell-rechtliche Anspruchsgrundlagen aus unterschiedlichen Rechtsgebieten gestützt werden kann, ist das zuerst angerufene Gericht insgesamt zuständig, sofern seine Zuständigkeit für zumindest einen Klagegrund gegeben ist (Nds. OVG, Beschl. v. 14.11.2016 – 11 OB 233/16 –, a.a.O.). Das erkennende Gericht hat vorliegend neben § 16 Abs. 1 und 3 NDSG auch rechtswegfremde mögliche Anspruchsgrundlagen nach der Abgaben- und Insolvenzordnung zu prüfen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines umfassenden Auszugs aus dem Steuerkonto für die Steuernummer K. nach § 16 Abs. 1 und Abs. 3 NDSG.

Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 NDSG ist Betroffenen von der Daten verarbeitenden Stelle auf Antrag Auskunft zu erteilen über

  1. die zu ihrer Person gespeicherten Daten,
  2. den Zweck und die Rechtsgrundlage der Speicherung,
  3. die Herkunft der Daten, die Empfänger von Übermittlungen, in den Fällen des § 6 auch die Auftragnehmer, sowie
  4. in den Fällen des § 10a über die Art und Struktur der automatisierten Verarbeitung.

Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 NDSG gilt dies nicht für personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle gespeichert sind. Für gesperrte Daten, die nur deshalb noch gespeichert sind, weil sie aufgrund gesetzlicher Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen, gilt die Verpflichtung zur Auskunftserteilung nur, wenn Betroffene ein berechtigtes Interesse an der Erteilung der Auskunft über diese Daten glaubhaft machen (§ 16 Abs. 1 Satz 3 NDSG).

In dem Antrag soll die Art der personenbezogenen Daten, über die Auskunft begehrt wird, näher bezeichnet werden (§ 16 Abs. 2 Satz 1 NDSG). Die Daten verarbeitende Stelle bestimmt das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 16 Abs. 2 Satz 2 NDSG).

Sind die Daten in Akten gespeichert, so können Betroffene gemäß § 16 Abs. 3 NDSG Auskunft aus Akten oder Akteneinsicht verlangen, soweit sie Angaben machen, die das Auffinden der Daten mit angemessenem Aufwand ermöglichen.

Diese Regelungen des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes sind für die Speicherung von Steuerdaten durch den Beklagten als Landesbehörde gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NDSG anwendbar. Die Anwendung von § 16 Abs. 1 und 3 NDSG ist nicht durch besondere Rechtsvorschriften über die Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß § 2 Abs. 6 NDSG ausgeschlossen. Die Vorschrift des § 2 Abs. 6 NDSG stellt klar, dass das Niedersächsische Datenschutzgesetz nur Grundlagencharakter hat und daher bereichsspezifische Datenschutzvorschriften vorgehen. Die Regelung des § 2 Abs. 6 NDSG gilt unmittelbar nur für landesrechtliche Regelungen. Im Verhältnis zum Bundesrecht ergibt sich ein Vorrang spezifischer bundesrechtlicher Regelungen bereits aus Art. 31 GG (vgl. Begründung des Entwurfs des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes, LT-Drs. 12/3290, S. 33 f.).

Zutreffend hat der Beklagte zwar darauf hingewiesen, dass der Bundesgesetzgeber mit der Abgabenordnung von seiner Kompetenz gemäß Art. 108 Abs. 5 Satz 2 GG zur Schaffung eines von den Landesfinanzbehörden anzuwendenden abschließenden Verfahrensrechtes Gebrauch gemacht hat. Die Abgabenordnung kann gemäß Art. 31 GG landesrechtlich nicht geändert oder ergänzt werden.

Die Abgabenordnung enthält jedoch weder eine Regelung, die ein Akteneinsichtsrecht gewährt, noch eine Vorschrift, die Auskunft über und Akteneinsicht in steuerrechtliche Unterlagen verbietet. In der Abgabenordnung sind das Recht auf vorherige Anhörung (§ 91 Abs. 1 AO) und auf Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen (§ 364 AO) geregelt. Eine Sperrwirkung für jegliche Zugangsrechte zu amtlichen Informationen der Finanzverwaltung wird daraus nicht hergeleitet. Anerkannt wird im steuerrechtlichen Verfahren ein (ungeschriebener) Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der zuständigen Finanzbehörde über einen Antrag auf Akteneinsicht, welcher die Darlegung entsprechender Gründe voraussetzt (vgl. Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 390 ff. m.w.N.; Winterfeld, NVwZ 2013, S. 815). Ermessensleitende Grundsätze finden sich im Schreiben des Bundesministers für Finanzen vom 17. Dezember 2008 (– IV A 3 – S 0030/08/10001, BGStBl. 2009, S. 6).

Der Beklagte ist der Ansicht, die Abgabenordnung enthalte eine Art „absichtsvolle Nichtregelung“ für den Umgang mit den im Besteuerungsverfahren gespeicherten Daten. Die Nichtaufnahme einer Regelung zum Auskunfts-und Akteneinsichtsrecht des Steuerpflichtigen in der Abgabenordnung sei eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung und damit ein absichtsvoller Regelungsverzicht, welcher eine umfassende Sperrwirkung entfalte. Der Gesetzgeber habe ein allgemeines Akteneinsichtsrecht im Steuerverwaltungsverfahren gerade zum Schutz Dritter und des Ermittlungsinteresses der Finanzbehörden sowie wegen des Verwaltungsaufwandes für nicht praktikabel gehalten. Dieser Ansicht folgt das Gericht nicht.

Dabei bestehen bereits ernsthafte Zweifel, ob der Verzicht auf die Regelung des Akteneinsichtsrechts in der Abgabenordnung absichtsvoll, d.h. vom Gesetzgeber (weiterhin) als bewusst und gewollt anzusehen ist. Vieles spricht dafür, dass die Abgabenordnung keine bereichsspezifische Ausschlussregelung (mehr) enthält (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 21.12.2011 – 5 So 111/11 –; OVG NRW, Urt. v. 15.6.2011 – 8 A 1150/10 –, jew. juris). Der Bundesgesetzgeber hatte wohl aus Praktikabilitätserwägungen Abstand davon genommen, Beteiligten eines steuerrechtlichen Verfahrens einen Anspruch auf Akteneinsicht in der Abgabenordnung nach dem Vorbild des § 29 VwVfG einzuräumen. Dafür spricht der Bericht und Antrag des Finanzausschusses vom 7. November 1975 (BT-Drs. 7/4292, S. 24 f.). Zu diesem Zeitpunkt hatte das Bundesverfassungsgericht noch nicht das informelle Selbstbestimmungsrecht entwickelt, denn dieses wurde vom Bundesverfassungsgericht erst im sogenannten Volkszählungsurteil 1983 als Grundrecht anerkannt (BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 –, BVerfGE 65, 1 ff.). Seitdem das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes am 1. Januar 2006 in Kraft getreten ist, gilt der Grundsatz, dass die Gewährung von Zugang zu bundesbehördlichen Informationen die Regel und die Verwehrung des Zugangs die Ausnahme ist. Auch an die Informationsfreiheits-, Informationszugangs- und Datenschutzgesetze der einzelnen Bundesländer in der gegenwärtigen Form war in den 70er Jahren noch nicht zu denken. Insbesondere in Folge der EU-Richtlinie Nr. 95/46/EG hat sich eine grundlegend veränderte rechtliche Situation ergeben, die auch die Finanzverwaltung zu mehr Transparenz zwingt (vgl. Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 146. Lief., Stand: Oktober 2016, § 91 AO Rn. 29; Winterfeld, NVwZ 2013, S. 815). Der pauschale Hinweis auf eine – angebliche – „abschließende Negativregelung“ des Akteneinsichtsrechts in der Abgabenordnung, die nur zu einem Ermessensanspruch führt, hilft nicht weiter, denn dieser setzt voraus, was es zu ermitteln gilt: das heutige Verhältnis zwischen der Abgabenordnung und dem Niedersächsischen Datenschutzgesetz (so Schoch für das IFG, a.a.O., § 1 Rn. 392).

Es ist zu beachten, dass es sich bei den Informationsrechten nach dem Niedersächsischen Datenschutzgesetz und den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und der Ländern um eigenständige Verwaltungsverfahren handelt (vgl. Schoch, a.a.O., § 1 Rn. 392; Winterfeld, NVwZ 2013, S. 816 unter Berufung auf OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 6.12.2012 – 4 LB 11/12 –). Die Versagung eines Anspruchs auf Akteneinsicht im Steuerverwaltungsverfahren führte de facto zu einer Ausnahme nur für den Bereich der Finanzverwaltung. Weder in § 2 Abs. 6 NDSG noch in § 1 Abs. 3 IFG des Bundes ist eine solche Bereichsausnahme für die Finanzverwaltung ausdrücklich vorgesehen. Stattdessen wird in den spezifischen Ausschlussgründen zum Informationszugang gemäß § 3 Nr. 1d und 1e IFG geradezu vorausgesetzt, dass das Informationsfreiheitsgesetz auch bezüglich der Finanzbehörden anwendbar ist, denn diese nennen ausdrücklich die „Finanzbehörden“ bzw. „Angelegenheiten der externen Finanzkontrolle“ (vgl. Schoch, a.a.O., § 1 Rn. 393). Es ist auch nicht ersichtlich, dass eine anderweitige Regelung gegenüber niedersächsischen Landesbehörden wie den niedersächsischen Finanzämtern erforderlich wäre. Dafür spricht auch die ratio legis. Wenn § 2 Abs. 7 NDSG und § 1 Abs. 3 IFG im Interesse der praktischen Wirksamkeit des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes bzw. Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes schon dem geschriebenen Akteneinsichtsrecht im (Niedersächsischen) Verwaltungsverfahrensgesetz keinen Vorrang einräumen, kann dies sinnvollerweise erst recht nicht bezüglich eines nur von der Rechtsprechung entwickelten Anspruchs auf fehlerfreie Ermessenentscheidung über das Akteneinsichtsbegehren nach der Abgabenordnung der Fall sein (vgl. Schoch, a.a.O., § 1 Rn. 393). Der Vorrang einer nicht existierenden Rechtsvorschrift ist weder in Art. 31 GG noch in § 2 Abs. 6 NDSG noch in § 1 Abs. 3 IFG normiert.

Eine abschließende Regelung folgt auch nicht aus dem in § 30 AO statuierten Steuergeheimnis. Die Berufung auf das Steuergeheimnis in § 30 AO geht schon deshalb fehl, weil es sich bei Geheimhaltungsvorschriften gerade nicht um Regelungen über den Zugang zu amtlichen Informationen handelt, sondern um Regelungen zu dessen Begrenzung (so auch Schoch, a.a.O., § 1 Rn. 392). Über einen Anspruch des Steuerpflichtigen, seines Vertreters oder eines Dritten gegenüber einer Finanzbehörde auf Mitteilung der über ihn gespeicherten Daten sagt diese Vorschrift nichts aus. Die Bestimmungen in § 30 AO mögen daher im Einzelfall dem Anspruch auf Informationszugang entgegenstehen, sie sind aber keine „besonderen Rechtsvorschriften über die Verarbeitung personenbezogener Daten“. § 30 AO ist daher erst auf der Ebene der Ausschlusstatbestände zu berücksichtigen (vgl. OVG NRW, Urt. v. 15.6.2011 – 8 A 1150/10 –, juris).

Es kann vorliegend offen bleiben, ob im Hinblick auf die Informationszugangsgesetzgebung auf Bundesebene aus jüngerer Zeit noch von einer „absichtsvollen Nichtregelung“ in Bezug auf den hier streitigen Informationszugangsanspruch die Rede sein kann. Jedenfalls käme einem „absichtsvollen Regelungsverzicht“ der Abgabenordnung im vorliegenden Zusammenhang keine anspruchsverdrängende Wirkung zu.

Ein gegenüber dem Finanzamt geltend gemachter Informationsanspruch des Insolvenzverwalters, der gegebenenfalls anschließend einen Anfechtungsanspruch durchsetzen will, wird bereits vom Regelungsbereich der Abgabenordnung nicht erfasst. Der Gesetzgeber hat sich beim Erlass der Abgabenordnung nur mit der Frage befasst, ob der Beteiligte eines steuerrechtlichen Verfahrens nach dem Vorbild des § 29 VwVfG einen Anspruch auf Akteneinsicht haben soll (vgl. BT-Drs. 7/4292, S. 24 f.). Gegenstand der Überlegungen und der nachfolgenden Nichtregelung war demnach nur der Informationszugang im Rahmen des Besteuerungsverfahrens. Einen solchen auf ein laufendes Steuerverfahren bezogenen Anspruch als Beteiligter macht der Kläger nicht geltend. Denn er handelt nicht gemäß § 34 Abs. 3 und 1 AO in Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners und, um dessen Rechte zu wahren. Er ist vielmehr im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger tätig, zu deren Gunsten Zahlungen des Insolvenzschuldners im Wege der Anfechtung zur Insolvenzmasse gezogen werden könnten; dabei handelt es sich um ein eigenständiges Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten (BVerwG, Beschl. v. 14.5.2012 – 7 B 53/11 –, juris, mit Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH). Darüber hinaus umfasst die Gesetzgebungskompetenz des Art. 108 Abs. 5 Satz 2 GG mit dem von den Landesfinanzbehörden anzuwendenden „Verfahren“ der Steuerverwaltung selbst bei Beteiligten lediglich anhängige Steuerverwaltungsverfahren. Eine Sperrwirkung für Informationszugangsrechte auf anderer Grundlage als der Abgabenordnung kann deshalb für den Zeitraum nach Abschluss eines solchen Steuerverwaltungsverfahrens von vornherein nicht eintreten (OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 6.12.2012 – 4 LB 11/12 –, juris; dagegen Sydow, ZD 2013, S. 11 ff.). Informationsansprüche außerhalb eines konkreten Besteuerungsverfahrens können geltend gemacht werden (Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 146. Lief., Stand: Oktober 2016, § 91 AO Rn. 29).

Die insolvenzrechtlichen bzw. auf das Insolvenzverfahren bezogenen Vorschriften über Auskunftsansprüche nach §§ 97, 101 InsO bzw. § 242 BGB, die die privatrechtlichen Rechtsverhältnisse im Insolvenzverfahren und Informationsansprüche der Betroffenen untereinander regeln, stehen dem Anspruchsbegehren des Klägers ebenfalls nicht vorrangig entgegen, da sie gerade nicht den Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber Landesbehörden regeln (vgl. VG Stade, Beschl. v. 22.9.2016 – 1 A 2323/15 –, m.w.N.; OVG NRW, Urt. v. 24.11.2015 – 8 A 1032/14 – und Urt. v. 15.6.2011 – 8 A 1150/10 –; VG Schleswig-Holstein, Urt. v. 31.10.2014 – 8 A 1/14 , jew. juris).

Die Regelungen des § 16 Abs. 1 und 3 NDSG sind zwar anwendbar. Ihre Voraussetzungen sind indes nicht erfüllt.

§ 16 Abs. 1 NDSG sieht ein Auskunftsrecht und § 16 Abs. 3 NDSG ein Akteneinsichtsrecht nur vor, wenn „Betroffene“ einen Antrag hinsichtlich der „zu ihrer Person gespeicherten Daten“ stellen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 NDSG). Der Kläger ist nicht „Betroffener“ i.S.d. § 16 Abs. 1 und 3 NDSG.

Der Kläger hat nicht einen Antrag hinsichtlich der zu seiner eigenen Person gespeicherten Daten gestellt. Er hat beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihm einen umfassenden Auszug aus dem Steuerkonto für die Steuernummer K. zur Verfügung zu stellen. Dieses Steuerkonto ist nicht das Steuerkonto des Klägers, sondern das Steuerkonto des Insolvenzschuldners. In diesem Steuerkonto sind keine Daten über den Kläger gespeichert.

Der Kläger hat auch nicht deshalb einen Anspruch auf Auskunft bzw. Akteneinsicht gegenüber dem Beklagten nach dem Niedersächsischen Datenschutzgesetz, weil das Amtsgericht Hamburg ihn mit Beschluss vom 4. April 2012 zum Insolvenzverwalter bestellt und der Kläger in dieser Funktion einen Antrag auf Erteilung eines Auszugs für das Steuerkonto des Insolvenzschuldners beantragt hat. Der Kläger hat insoweit nicht als Vertreter des insolvenzschuldners gehandelt. Denn – wie oben erläutert – handelt ein Insolvenzverwalter, der gegenüber dem Finanzamt einen Informationsanspruch geltend macht, um gegebenenfalls anschließend einen Anfechtungsanspruch durchzusetzen, nicht gemäß § 34 Abs. 3 und 1 AO, § 155 InsO in Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners und um dessen Rechte zu wahren. Er ist vielmehr im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger tätig, zu deren Gunsten Zahlungen des Insolvenzschuldners im Wege der Anfechtung zur Insolvenzmasse gezogen werden könnten und diese die Insolvenzmasse stärken würden (BVerwG, Vorlagebeschl. v. 15.10.2012 – 7 B 2/12 – und Beschl. v. 14.5.2012 – 7 B 53/11 –, mit Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH; OVG NRW, Urt. v. 24.11.2015 – 8 A 1032/14 –; VG Schleswig-Holstein, Urt. v. 31.10.2014 – 8 A 1/14 –, jew. juris). Das Niedersächsische Datenschutzgesetz sieht auch weder ein Sonderrecht auf Auskunft für Insolvenzverwalter noch einen Anspruch für jedermann vor. Im Gegensatz zu dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes und den Informationszugangsgesetzen anderer Bundesländer, nach denen „jeder“ grundsätzlich ein umfassendes Auskunftsrecht hat, ist das Niedersächsische Datenschutzgesetz als Betroffenenrecht ausgestaltet. Systematisch zutreffend findet sich die Regelung des § 16 NDSG im Dritten Abschnitt des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes mit der Überschrift „Rechte der Betroffenen“. Ein Informationsfreiheitsgesetz ist in Niedersachsen bisher nicht geschaffen worden.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung des Steuerkontoauszugs nach dem Informationsfreiheitgesetz des Bundes. Der Bundesgesetzgeber hat zwar mit dem bundesrechtlichen Informationsfreiheitsgesetz für den Bürger ein umfassendes, voraussetzungsloses Akteneinsicht geschaffen. Jede natürliche oder juristische Person hat grundsätzlich ein unbedingtes Recht auf freien Zugang zu den Informationen, über die eine öffentliche Stelle verfügt. Eingeschränkt werden kann dieses nicht durch fiskalisch dominierte Umstände, sondern nur durch bestimmte, gesetzlich vorgeschriebene, ausnahmsweise vorliegende Versagungsgründe. Der Informationsanspruch besteht gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG indes nur gegenüber Behörden des Bundes. Bei dem Beklagten handelt es sich um eine Landesbehörde, auf die § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG keine Anwendung findet. Ein entsprechendes Informationsfreiheitsgesetz ist in Niedersachsen – im Gegensatz zu den meisten Bundesländern – bisher nicht geschaffen worden. In Ländern ohne Informationsfreiheitsgesetz greift das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes nicht etwa „lückenschließend“ ein (Schoch, NVwZ 2017, S. 97 f.). Die daraus resultierenden Ungleichheiten sind durch das föderale Gefüge der Bundesrepublik Deutschland bedingt.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung des geltend gemachten Steuerauszugs nach der Abgabenordnung. Wie oben ausgeführt, enthält die Abgabenordnung keine Regelung, die ein Auskunfts- bzw. Akteneinsichtsrecht gewährt. Anerkannt wird im steuerrechtlichen Verfahren nur ein (ungeschriebener) Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der zuständigen Finanzbehörde über einen Antrag auf Akteneinsicht, weil diese nicht durch Vorschriften gehindert ist, in Einzelfällen Akteneinsicht zu gewähren (BFH, Urt. v. 19.3.2013 – II R 17/11 – und Urt. v. 23.2.2010 – VII R 19/09 – sowie Beschluss v. 4.6.2003 – VII B 138/01 –; Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 390 ff. m.w.N.; Seer, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 21 Rn 10; Winterfeld, NVwZ 2013, S. 815). Ermessensleitende Grundsätze finden sich im Schreiben des Bundesministers für Finanzen vom 17. Dezember 2008 (– IV A 3 – S 0030/08/10001, BGStBl. 2009, S. 6). Dieses befasst sich als verwaltungsinterne Vorgabe zur gleichmäßigen Anwendung von steuerrechtlichen Normen mit dem rechtlichen Zusammenhang des finanzgerichtlich entwickelten Anspruchs eines Beteiligten i.S.v. §§ 78, 359 AO im Besteuerungsverfahren auf Ermessensentscheidung über Akteneinsicht im laufenden Verfahren. Nach Nr. 1 dieses Schreibens ist Beteiligten (§§ 78, 359 AO) auf Antrag Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten zu erteilen, wenn sie ein berechtigtes Interesse darlegen und keine Gründe für eine Auskunftsverweigerung vorliegen. Ein berechtigtes Interesse ist nach Nr. 3 des Schreibens namentlich nicht gegeben, wenn die Auskunft dazu dienen kann, zivilrechtliche Ansprüche gegen den Bund oder ein Land durchzusetzen und Bund oder Land zivilrechtlich nicht verpflichtet sind, Auskunft zu erteilen (z.B. Amtshaftungssachen, Insolvenzanfechtung).

Der Bundesfinanzhof geht davon aus, dass auch dem Insolvenzverwalter das Recht zusteht, dass das Finanzamt über seinen im Besteuerungsverfahren gestellten Antrag auf Akteneinsicht oder Erteilung eines Steuerkontoauszugs nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet (BFH, Urt. v. 19.3.2013 – II R 17/11 -, juris). Begehre ein Insolvenzverwalter Auskunft über steuerliche Verhältnisse des Insolvenzschuldners, habe das Finanzamt im Rahmen der ihm obliegenden Ermessensabwägung das Interesse des Insolvenzverwalters an der Auskunft und den steuerrechtlichen Charakter dieser Auskunft zu berücksichtigen. Dazu habe der Insolvenzverwalter substantiiert darzulegen, aus welchen Gründen er die Auskunft begehre und dass die Auskunft auf dem Steuerrechtsverhältnis beruhe. Es reiche insoweit nicht aus, dass ein Insolvenzverwalter eine Auskunft im Hinblick auf die ordnungsgemäße Bearbeitung des Insolvenzverfahrens beantrage. Denn für das Finanzamt müsse erkennbar sein, dass ein berechtigtes Interesse an der Auskunft vorliege und diese im Steuerrechtsverhältnis und nicht in einem sonstigen Verhältnis (schuldrechtlicher oder verwaltungsrechtlicher Art) wurzele. Habe der Insolvenzverwalter in ausreichender Weise dargelegt, dass er Auskunft in Form eines Kontoauszugs für den Insolvenzschuldner zur Erfüllung steuerlicher Pflichten oder zur Prüfung der vom Finanzamt angemeldeten Forderungen benötige, könne das Finanzamt den Kontoauszug erteilen. Fehle jedoch eine solche Darlegung, könne das Finanzamt schon aus diesem Grunde die Erteilung eines Kontoauszugs ablehnen (BFH, Urt. v. 19.3.2013 – II R 17/11 –, juris). Ob der Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters dabei per se ausgeschlossen ist, wenn der Insolvenzverwalter Informationen nur im Hinblick auf eine Insolvenzanfechtung benötigt, kann vorliegend dahinstehen. Denn der Kläger hat gegenüber dem Beklagten keinerlei berechtigtes Interesse an dem Zugang zu den begehrten Informationen dargelegt und sich insbesondere nicht auf eine mögliche Insolvenzanfechtung berufen. Gründe sind weder seinem Antragsschreiben vom 21. Juli 2015 noch seinem Einspruchsschreiben vom 20. August 2015 zu entnehmen. War dem Beklagten das konkrete Informationsinteresse des Klägers nicht bekannt, konnte er es auch nicht gegen Geheimhaltungsinteressen, Praktikabilitätsgesichtspunkte etc. abwägen. Er konnte ein Interesse des Klägers folglich nicht bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigen und insbesondere nicht von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgehen, die zu einem Anspruch des Klägers auf Erteilung des Steuerkontoauszugs geführt hätte.

Auch aus insolvenzrechtlichen Vorschriften kann der Kläger den begehrten Informationszugang nicht beanspruchen. Die Insolvenzordnung sieht einen Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters gegen Gläubiger, die im Wege der Insolvenzanfechtung in Anspruch genommen werden sollen, nicht vor. §§ 20, 97, 101 InsO regeln die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Insolvenzschuldners bzw. seiner Organe und Angestellten gegenüber dem Insolvenzgericht, dem Insolvenzverwalter, dem Gläubigerausschuss und auf Anordnung des Gerichts der Gläubigerversammlung. §§ 20, 97, 101 InsO sagen zur Auskunftspflicht der Insolvenzgläubiger gegenüber dem Insolvenzverwalter nichts aus. Sie regeln jedenfalls in diesem Verhältnis den Zugang zu amtlichen Informationen ersichtlich nicht. Vielmehr sind die über §§ 20, 97, 101 InsO verfügbaren Informationen typischerweise nichtamtliche Aufzeichnungen von Privatpersonen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.05.2010 – 7 B 28.10 –; BGH, Urt. v. 13.8.2009 – IX ZR 58/06 –; OVG NRW, Urt. v. 24.11.2015 – 8 A 1032/14 – und Urt. v. 15.6.2011 – 8 A 1150/10 –; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 23.4.2014 – 3 L 319/13 –; VG Stade, Beschl. v. 22.9.2016 – 1 A 2323/15 –, jew. juris).

Für den Kläger kann sich auch nicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein entsprechender Auskunftsund Akteneinsichtsanspruch gegen den Beklagten ergeben. Die Pflicht, Treu und Glauben zu genügen (§ 242 BGB), erstreckt sich, auf einem allgemeinen Rechtsgedanken beruhend, auch auf das öffentliche Recht (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.1.1993 – 8 C 46/91 –, juris, m.w.N.). Sie ist dementsprechend auch im Steuerrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz uneingeschränkt anerkannt (BFH, Urt. v. 8.2.1996 – V R 54/94 –). Treu und Glauben gebieten, dem Anspruchsberechtigten einen Auskunftsanspruch zuzubilligen, wenn die zwischen den Beteiligten bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, und wenn der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderliche Auskunft zu erteilen (BGH, Urt. v. 6.2.2007 – X ZR 117/04 –, juris). Voraussetzung ist demnach, dass zwischen dem Kläger als Insolvenzverwalter und dem Beklagten als Finanzamt eine rechtliche Sonderverbindung besteht, in deren Rahmen der Kläger zur Wahrung seiner Rechte auf die Auskunft angewiesen ist. Eine solche Sonderverbindung besteht nicht. Wie bereits ausgeführt, handelt der Kläger, wenn er einen Auszug für das Steuerkonto des Insolvenzschuldners beantragt, nicht gemäß § 34 Abs. 3 und 1 AO, § 155 InsO in Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners und um dessen Rechte zu wahren. Er ist vielmehr im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger tätig, zu deren Gunsten Zahlungen des Insolvenzschuldners im Wege der Anfechtung zur Insolvenzmasse gezogen werden könnten, die die Insolvenzmasse stärken würden (BVerwG, Vorlagebeschl. v. 15.10.2012 – 7 B 2/12 – und Beschl. v. 14.5.2012 – 7 B 53/11 –, mit Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH; OVG NRW, Urt. v. 24.11.2015 – 8 A 1032/14 –; VG Schleswig-Holstein, Urt. v. 31.10.2014 – 8 A 1/14 –, jew. juris). Der Bundesgerichtshof macht einen Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters gegen Gläubiger des Insolvenzschuldners wegen möglicher Anfechtungsansprüche in ständiger Rechtsprechung davon abhängig, dass ein Anfechtungsanspruch dem Grunde nach besteht und es nur noch um die nähere Bestimmung von Art und Umfang des Anspruchs geht. Solange ein Rückgewährschuldverhältnis nicht feststeht, hat sich der Insolvenzverwalter wegen aller benötigten Auskünfte an den Vollstreckungsschuldner gemäß §§ 97, 101 InsO zu halten. Im vorliegenden Fall ist diese Voraussetzung nicht gegeben. Der Kläger vermutet wohl anfechtbare Rechtshandlungen. Gegenüber Personen/Behörden, die lediglich im Verdacht stehen, sie könnten etwas vom Insolvenzschuldner in anfechtbarer Weise erworben haben, besteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof jedoch kein Anspruch auf Auskunft nach § 242 BGB (BGH, Urt. v. 13.8.2009 – IX ZR 58/06 –, juris, m.w.N.). Nach diesen Grundsätzen müsste der Kläger als Insolvenzverwalter seinen insolvenzrechtlichen Auskunftsanspruch zunächst gegenüber dem Insolvenzschuldner nach § 97 InsO geltend machen.

Das Gericht lässt die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 14. November 2016 (11 OB 233/16) ausgeführt, dass die Frage, ob § 2 Abs. 6 NDSG eine bereichsspezifische Ausnahme für Ansprüche eines Insolvenzverwalters auf Akteneinsicht und Auskunftserteilung hinsichtlich von Steuerdaten auf der Grundlage von Bestimmungen des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes darstellt, höchstrichterlich nicht geklärt sei. Sollte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht die Auffassung des erkennenden Gerichts bestätigen und die Anwendbarkeit des § 16 Abs. 1 und 3 NDSG bejahen, bedarf es darüber hinaus der grundsätzlichen Klärung, ob ein Insolvenzverwalter, der die Erteilung eines Auszugs für das Steuerkonto des Insolvenzschuldners begehrt, Betroffener im Sinne des § 16 Abs. 1 und 3 NDSG ist.