Kurzbeitrag : Praxisfälle zum Datenschutzrecht XVI: Gewinnung von Neukunden mittels personalisierter Werbung : aus der RDV 3/2022 Seite 145-148
I. Sachverhalt
S hat sich frisch selbstständig gemacht mit dem Vertrieb und der Wartung von Zahnarztsoftware. Zwecks Aufbau eines Kundenbestandes recherchiert er über eine Internetsuchmaschine Zahnarztpraxen in der näheren Umgebung. Den Internetauftritten der Praxen entnimmt er unter der Rubrik „Kontakt“ o.Ä. den Namen des Praxisinhabers bzw. der Inhaberin sowie die Postanschrift der Praxis. Mittels der so ermittelten Kontaktinformationen schreibt S die Praxisinhaber/-innen sodann per Brief an ihrem Praxissitz an und sendet diesen Informationen über die von ihm vertriebene Software und seine Dienstleistungen. Das Anschreiben von S enthält auch Informationen zum Datenschutz, insbesondere Angaben zu der Quelle, aus der die personenbezogenen Kontaktdaten der Praxisinhaber/-innen stammen. Auch findet sich ein Hinweis, dass die Empfänger/-innen des Anschreibens der Zusendung von werblichen Informationen durch S jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widersprechen können.
Zahnärztin Z fühlt sich durch die Werbemaßnahme des S in ihren Datenschutzrechten verletzt und beschwert sich bei der örtlich zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde über S und dessen „aggressive“ Werbetaktik. Darüber hinaus schreibt sie S an, widerspricht jeglichen künftigen Werbemaßnahmen und verlangt die Löschung sämtlicher bei S über sie gespeicherter personenbezogener Daten.
Wie wird die Aufsichtsbehörde reagieren? Wie sollte S reagieren?
Würde sich an der rechtlichen Beurteilung der Werbeaktion etwas ändern, wenn S die Informationen statt per herkömmlichem Brief per E-Mail an die E-Mail-Adressen versendet, die er auf den Websites der Zahnarztpraxen recherchiert hat?
II. Musterfalllösung
1. Reaktion der Aufsichtsbehörde
a) Allgemeines
Voraussetzung dafür, dass die Aufsichtsbehörde im Sinne von Z reagiert und etwa entsprechende Werbeaktionen seitens S untersagt, ist zunächst, dass diese überhaupt sachlich zuständig ist, es also zu den Aufgaben der Behörde gehört, sich mit Betroffenenbeschwerden wie denen von Z zu befassen. Damit die Aufsichtsbehörde einschreiten kann, müsste die Werbemaßnahme im Übrigen unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorgaben erfolgt sein.
b) Sachliche Zuständigkeit für die Beschwerde
Nach Art. 77 Abs. 1 DS-GVO hat – unbeschadet eines anderweitigen verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs – jede betroffene Person das Recht auf Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde. Die Behörde, bei der die Beschwerde eingereicht wird, unterrichtet den Beschwerdeführer gemäß Art. 77 Abs. 2 DS-GVO über den Stand und die Ergebnisse der Beschwerde einschließlich der Möglichkeit eines gerichtlichen Rechtsbehelfs nach Art. 78 DS-GVO. Aus Sicht der Behörde gehört die Bearbeitung von Betroffenenbeschwerden (Art. 57 Abs. 1 lit. f DS-GVO) zu ihren „grundlegenden Aufgaben“. Dementsprechend soll das Einreichen von Beschwerden nach Art. 57 Abs. 2 DS-GVO erleichtert werden, etwa durch die Bereitstellung von Beschwerdeformularen, die auch elektronisch ausgefüllt werden können.
Die behördlichen Befugnisse im Einzelnen ergeben sich nach Art. 58 DS-GVO. Da der Sachverhalt vorliegend feststeht, sind die Untersuchungsbefugnisse nach Art. 58 Abs. 1 DS-GVO hier nicht von Bedeutung. Sollte die Behörde zu dem Ergebnis kommen, dass die von S durchgeführte Werbeaktion datenschutzwidrig war, werden jedoch die Abhilfebefugnisse nach Art. 58 Abs. 2 DS-GVO relevant. Die in Art. 58 Abs. 2 DS-GVO genannten Befugnisse sind nach Schwere gestaffelt (Warnungen, Verwarnungen, Anweisungen, Beschränkungen, Anordnungen, Widerruf von Zertifizierungen, Geldbußen) und sollen den Aufsichtsbehörden, je nach Schwere und Dauer des möglichen Verstoßes, unterschiedliche Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stellen. Über den Einsatz der Befugnisse sowie deren Umfang entscheidet die Aufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen entsprechend der Sachlage im Einzelfall.
c) Erfolgsaussichten der Beschwerde
aa) Allgemeines
Ob die Aufsichtsbehörde von ihren grundsätzlich bestehenden Abhilfebefugnissen Gebrauch macht, hängt maßgeblich davon ab, ob S mit seiner Werbeaktion datenschutzrechtliche Vorgaben verletzt hat oder nicht. Insofern stellt sich zunächst die Frage, ob die auf die berufliche Sphäre der angeschriebenen Ärzte bezogene Werbeaktion, bei der es sich also um sog. B2B (Business to Business)-Werbung handelt, dem Datenschutzrecht unterfällt. Sollte dies der Fall sein, ist zu prüfen, ob eine entsprechende Rechtsgrundlage für die werbliche Datenverarbeitung besteht. Denn damit die Verarbeitung rechtmäßig ist, müssen gemäß Erwägungsgrund 40 DS-GVO personenbezogene Daten mit Einwilligung der betroffenen Person oder aber auf Basis einer sonstigen zulässigen Rechtsgrundlage verarbeitet werden. Zusätzlich zum Erfordernis einer Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung ist im Fall der Einschlägigkeit des Datenschutzrechts zu beachten, dass den für die Verarbeitung Verantwortlichen nach der DS-GVO im Verhältnis zur betroffenen Person bestimmte Informationspflichten treffen, vgl. im Einzelnen Art. 13 f. DS-GVO und Art. 21 Abs. 4 DS-GVO.
Da die Adressdaten vorliegend nicht bei den betroffenen Zahnärzten selbst erhoben wurden, ist hier Art. 14 DS-GVO einschlägig und nicht Art. 13 DS-GVO, welcher im Falle der Datenerhebung bei der betroffenen Person selbst gilt. Wesentlicher Unterschied zwischen Art. 13 und Art. 14 DS-GVO ist, dass im Rahmen der Information nach Art. 14 DS-GVO über die Quelle der personenbezogenen Daten zu informieren ist sowie ggf. darüber, ob diese aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen. Im Rahmen von Art. 13 DS-GVO bedarf es dieser Information nicht, da hier die Informationen bei der betroffenen Person selbst erhoben werden und diese damit über die Datenquelle informiert ist.
Werden personenbezogene Daten verarbeitet, um Direktwerbung zu betreiben, so hat die betroffene Person nach Art. 21 Abs. 2 DS-GVO das Recht, jederzeit Widerspruch gegen die Verarbeitung sie betreffender personenbezogener Daten zum Zwecke derartiger Werbung einzulegen; dies gilt auch für Profilingmaßnahmen, die mit solcher Direktwerbung in Verbindung stehen, also die gezielte Selektion von Adressdaten für Werbeaktionen. Gemäß Art. 21 Abs. 4 DS-GVO muss die betroffene Person spätestens zum Zeitpunkt der ersten Kommunikation mit ihr ausdrücklich auf ihr Werbewiderspruchrecht hingewiesen werden; dieser Hinweis hat in einer verständlichen und von anderen Informationen getrennten Form zu erfolgen.
Nach den Angaben im Sachverhalt ist davon auszugehen, dass S die geltenden datenschutzrechtlichen Informationspflichten beachtet hat.
bb) Anwendbarkeit des Datenschutzrechts
„Personenbezogene Daten“ sind nach der Legaldefinition in Art. 4 Nr. 1 DS-GVO „alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen“. Nicht erfasst werden danach Informationen über juristische Personen, z.B. GmbHs oder AGs. Von der Bestimmung umfasst werden demgegenüber Informationen, welche die berufliche Sphäre einer natürlichen Person betreffen, wie etwa Angaben zum Beruf, etwaige Spezialisierungen oder berufliche Kontaktdaten.
cc) Rechtmäßigkeit der werblichen Datenverarbeitung
Grundlage für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke der Direktwerbung ist in der DS-GVO, abgesehen von einer – hier nicht vorliegenden – Einwilligung der betroffenen Person, eine Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO. Danach muss die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen erforderlich sein, und die Interessen der betroffenen Person dürfen nicht überwiegen. Dass bei Direktwerbung Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO grundsätzlich als Rechtsgrundlage in Frage kommt, lässt sich Erwägungsgrund 47 S. 7 DS-GVO entnehmen: „Die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung kann als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden.“ Ein solches berechtigtes Interesse existiert unabhängig davon, ob zwischen Werbendem und Betroffenem zuvor ein Kundenverhältnis bestanden hat, bezieht sich also auch auf sog. Neukundenwerbung und nicht nur auf Bestandskundenwerbung.
Im Rahmen der Abwägung ist vorliegend zu berücksichtigen, dass es sich „nur“ um Briefwerbung und damit um eine im Verhältnis zu E-Mail- oder Telefonwerbung relativ wenig beeinträchtigende Werbeform handelt. Empfänger/-innen von Briefwerbung können diese bei nicht vorhandenem Interesse unmittelbar entsorgen und müssen sich nicht mit einem/einer geschulten Call-Center-Mitarbeiter/-in auseinandersetzen, welche/-r darauf trainiert ist, den/die Gesprächspartner/-in möglichst am Auflegen zu hindern und zum Kauf zu motivieren. Anders als bei E-Mail-Werbung besteht bei herkömmlicher Briefwerbung regelmäßig auch nicht die Gefahr, dass betroffene Personen mit Werbung „überschwemmt“ werden, denn insofern ergibt sich ein Korrektiv schon über die vom Werbenden zu zahlenden Portokosten. Aufgrund ihrer stärker beeinträchtigenden Wirkung sind Telefon- und E-Mail-Werbung wettbewerbsrechtlich besonders reguliert und bedürfen regelmäßig der Einwilligung der angesprochenen Person (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG).
Relevant im Hinblick auf die vorzunehmende Abwägung ist außerdem, dass die Beworbenen vorliegend lediglich in ihrer beruflichen Sphäre angesprochen werden, es sich also um B2B-Werbung handelt. Zwar fallen, wie bereits festgestellt, auch berufliche Informationen in den Anwendungsbereich der DS-GVO, sofern sie, wie hier der Fall, auf natürliche Personen bezogen sind. Im Vergleich zu Informationen, welche die private Sphäre der betroffenen Person betreffen, z.B. ihre Hobbys oder sonstigen Interessen, sind berufliche Informationen aber regelmäßig weniger schutzbedürftig (sog. Sphärenmodell im Rahmen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts). In der vor Geltung der DS-GVO anwendbaren Fassung des BDSG waren werbliche Datenverarbeitungen im B2B-Bereich aus den beschriebenen Gründen explizit privilegiert (§ 28 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 BDSG a.F.). In der DS-GVO existieren spezielle Zulässigkeitsregeln für werbliche Datenverarbeitungen nicht. Im Rahmen der allgemeinen Interessenabwägung kann sich die Unterscheidung zwischen B2B- und B2C (Business to Consumer)-Werbung aber nach wie vor auswirken und für die Zulässigkeit personenbezogener B2B-(Brief-)Werbung wird tendenziell ein großzügigerer Maßstab gelten.
Die Kontaktdaten für die Werbeaktion wurden einer allgemein zugänglichen Quelle entnommen, nämlich den Internetauftritten der Zahnarztpraxen. Die Veröffentlichung der Kontaktdaten dient der Zweckbestimmung, dass vor allem (potenzielle) Patienten/-innen, aber auch (potenzielle) Geschäftspartner unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen in Kontakt mit der Praxis treten können. Die Daten zur Kontaktaufnahme wurden von S laut Sachverhalt auch nicht aus dem Impressum der jeweiligen Websites entnommen. Das Auslesen von personenbezogenen Daten aus einem Onlineimpressum zum Zweck der werblichen Nutzung erachtet die DSK als unzulässig. Zwar seien diese Daten allgemein zugänglich, so die DSK, sie würden aber nicht freiwillig, sondern aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung zur Anbieterkennzeichnung veröffentlicht. Mangels Freiwilligkeit der Veröffentlichung führe die Interessenabwägung regelmäßig dazu, dass die werbliche Nutzung so erhobener Daten unzulässig sei.
Der geringen Beeinträchtigung der Beworbenen steht ein großes Interesse des S an der Werbeaktion gegenüber. Er ist für seine grundrechtlich geschützte (Art. 12 und 14 GG) wirtschaftliche Betätigung darauf angewiesen, sich einen Kundenstamm aufbauen zu können. Auch wenn im Einzelfall, so wie durch Z, entsprechende Werbemaßnahmen abgelehnt werden, ist im Übrigen davon auszugehen, dass die von S versandten Informationen für einen nicht unerheblichen Teil der Angeschriebenen tatsächlich interessant sein können. Der Versand der Informationen trägt zu einer verbesserten Markttransparenz sowie zu mehr Wettbewerb bei.
Die von S vorgenommene Datenverarbeitung zu Werbezwecken war damit zulässig. Die Behörde wird nicht gegen S vorgehen und Z entsprechend informieren.
2. Reaktion von S
Gegenüber S hat Z zwei verschiedene Begehren geltend gemacht, die nicht miteinander vereinbar sind. Um eingereichte Werbewidersprüche bei künftigen Werbeaktionen entsprechend beachten zu können, bedarf es einer „Sperrliste“, gegen welche die Adressbestände für künftige Werbeaktionen abgeglichen werden können, bzw. es bedarf einer „Markierung“ der Datensätze derjenigen Personen, die künftig keine Werbung mehr erhalten wollen. Werden die Datensätze der der Werbung widersprechenden Personen schlicht gelöscht, besteht die Gefahr, dass dem Werbewiderspruch nicht Rechnung getragen werden kann. Denn es ist nicht auszuschließen, dass die Kontaktinformationen der Widersprechenden erneut in die Werbedatenbestände gelangen, z.B., wenn S nach einiger Zeit seine Adressdatenbank nochmal unter Rückgriff auf das Internet aktualisiert oder Z tatsächlich später in eine geschäftliche Beziehung mit S eintritt und dann in der Folge von S als Bestandskunde beworben wird.
Die betroffenen Personen sind im Zusammenhang mit der Unterrichtung (Art. 12 Abs. 3 DS-GVO) über die Beachtung ihres Werbewiderspruchs über den Sinn und Zweck der Aufnahme ihrer Daten in die Sperrdatei zu unterrichten. Wünscht eine betroffene Person ausdrücklich und allein eine Löschung ihrer Daten, so ist diesem Begehren nach Ansicht der DSK nachzukommen. Die Person sollte in diesen Fällen nach Ansicht der DSK darauf hingewiesen werden, dass sie eventuell wieder Werbung erhalten kann. Folgt man der Auffassung der DSK, sollte zumindest das Bestehen eines entsprechenden Prozesses dokumentiert sein, also Löschung aus der Sperrdatei bei entsprechendem Beharren durch den/die Werbeempfänger/-in und Information des-/derselben, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass nochmals Werbung erfolgt. Eine entsprechende Dokumentation ist im Rahmen des Urkundenbeweises bzw. der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 286 Zivilprozessordnung – ZPO) zu berücksichtigen.
Demgegenüber geht das LG Stuttgart davon aus, dass das Vorhalten personenbezogener Daten zum Zwecke der Berücksichtigung des Widerspruchs der betroffenen Person nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. c DS-GVO gerechtfertigt ist, also aufgrund des Bestehens einer rechtlichen Verpflichtung. Folgt man dieser Ansicht, besteht wegen Art. 17 Abs. 3 lit. b DS-GVO auch kein Löschanspruch der betroffenen Person bzw. keine Löschpflicht des Verantwortlichen. Nach der letztgenannten Regelung besteht kein Löschanspruch bzw. keine Löschpflicht, sofern eine Verarbeitung personenbezogener Daten erforderlich ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung. Auf den sich insofern ergebenden Widerspruch zu Art. 17 Abs. 1 lit. c Alt. 2 DS-GVO, der für Fälle des Werbewiderspruchs explizit eine Löschpflicht statuiert, geht das LG Stuttgart nicht ein.
Im Ergebnis spricht mehr für die Auffassung der DSK. Art. 17 Abs. 1 lit. c Alt. 2 DS-GVO enthält eine explizite Löschpflicht für den Fall des Werbewiderspruchs. Während die Ansicht des LG Stuttgart dazu führen würde, dass die Regelung völlig ins Leere liefe, verbleibt bei Zugrundelegung der Ansicht der DSK ein sinnvoller Anwendungsbereich für die Bestimmung. Die DSK löst den Konflikt der widerstreitenden Rechte auf Werbewiderspruch und Datenlöschung unter Wahrung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der betroffenen Person, indem sie dieser – nach entsprechender Information – die Entscheidung überlässt, welches Interesse prioritär für sie ist, nämlich keine Werbung mehr zu erhalten oder beim Verantwortlichen nicht mehr gespeichert zu sein.
Im Ergebnis sollte Z also im Sinne der DSK informiert und ihr die Entscheidung überlassen werden, ob sie Löschung oder Sperrung wünscht.
3. Abwandlung: Werbung per E-Mail
Neben den Vorgaben des Datenschutzrechts sind auch die Vorgaben des Wettbewerbsrechts zu beachten. Letztere schlagen nach Auffassung der DSK auf das Datenschutzrecht durch, d.h., die DSK ist der Auffassung, dass, wenn eine Werbemaßnahme wettbewerbsrechtlich der Einwilligung bedarf, auch die datenschutzrechtliche Interessenabwägung nicht zugunsten des Werbenden ausfallen kann. Wenn für den werbenden Verantwortlichen ein bestimmter Kontaktweg zu einer betroffenen Person nicht erlaubt sei, fehle es bereits an einem berechtigten Interesse.
E-Mail-Werbung ist wegen ihres belästigenden Charakters – anders als Briefwerbung – grundsätzlich einwilligungsbedürftig (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG) und zwar unabhängig davon, ob es sich um B2C- oder B2B-E-Mail-Werbung handelt. Eine Ausnahme vom prinzipiellen Einwilligungserfordernis für den Versand von E-Mail-Werbung besteht nur unter engen Voraussetzungen, nämlich wenn alle Voraussetzungen von § 7 Abs. 3 UWG (sog. Bestandskundenprivileg) vorliegen, nämlich:
- Der Unternehmer muss die elektronische Postadresse im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung vom Kunden bzw. von der Kundin erhalten haben.
- Die Adresse wird zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet.
- Der Kunde bzw. die Kundin hat der werblichen Verwendung nicht widersprochen.
- Er/sie wird bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er/sie der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
Da es vorliegend um den Aufbau eines neuen Kundenstamms durch S und nicht um die Bewerbung von Bestandskunden geht, fehlt es bereits an der ersten der genannten Voraussetzungen. In der Praxis scheitert ein Rückgriff auf § 7 Abs. 3 UWG im Übrigen häufig daran, dass die insoweit notwendigen Informationen bei Datenerhebung nicht erteilt wurden.
4. Ergänzende Hinweise
Möchte sich eine Person gegen (Brief-)Werbung möglichst vieler Unternehmen verwehren, kann sie sich auf die sog. Robinsonlisten der Werbewirtschaft eintragen, die von vielen Unternehmen im Rahmen einer Selbstverpflichtung beachtet werden. Da der Abgleich freiwillig ist, kann ein Eintrag in eine solche Liste jedoch nicht als Garantie gegen unerwünschte Werbung verstanden werden.