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Aufsatz : Recht bei der Personalgewinnung: Ein Überblick : aus der RDV 3/2022 Seite 132-140

Lesezeit 25 Min.

Der mit der fortschreitenden Digitalisierung verbundene Fachkräftemangel macht in vielen Branchen neben der klassischen, auf die Bewerbung von Interessenten abstellende „Stellenausschreibung“ ein aktives Suchen und Rekrutieren von Beschäftigten seitens des Arbeitgebers nötig.
Unabhängig vom für die Anwerbung von Beschäftigten gewählten Weg muss das Vorgehen mit den Vorgaben des Datenschutz-, des Wettbewerbs-, des Verbraucher- und des Gleichbehandlungsrechts vereinbar sein. Ferner sind Konkurrenzverbote, Geschäftsgeheimnisse und besonderen Vertraulichkeitspflichten ins Kalkül zu ziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Arbeitnehmer im Rahmen eines „active sourcings“ bzw. „active recruitment“ aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis abgeworben werden sollen bzw. es ihnen untersagt ist, bei Konkurrenten des Arbeitgebers ein Arbeitsverhältnis einzugehen.

I. Der zu betrachtende Rechtsrahmen

1. Berufsfreiheit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen, wird als Berufsfreiheit in Artikel 12 Abs. 1 GG geschützt. Es gewährleistet und vermittelt dem Einzelnen das Recht, jedwede Arbeit, die er für sich als geeignet ansieht, als „Beruf“ zu ergreifen und sich den hierfür geeigneten Arbeitsplatz frei zu wählen und damit auch das Recht, seinen Arbeitsplatz zu wechseln. Der freien Arbeitsplatzwahl des Arbeitnehmers steht gegenüber die dem Arbeitgeber nach Art. 12 GG gewährte Gewerbefreiheit und damit die unternehmerische Freiheit zu entscheiden, mit wie vielen und welchen Mitarbeitern er sein Unternehmen führen will und wie er insoweit im Wettbewerb mit Konkurrenten bestehen kann. Dass er dabei auch im Wege der Abwerbung anderweitig beschäftigtes Personal zu gewinnen versuchen kann, steht außer Frage. Es gilt der Grundsatz der Abwerbefreiheit.

Gleichwohl sind Spielregeln zu beachten. So wird das grundsätzlich zulässige Abwerben von Mitarbeitern u.a. unzulässig bzw. sittenwidrig, wenn es den Tatbestand einer gezielten Behinderung gem. § 4 Nr. 4 UWG erfüllt. Konsequenz ist, dass sich der wanderwillige Arbeitnehmer und das ihn an-/abwerbende Unternehmen mit Unterlassungs-, Schadensersatz- oder evtl. sogar Herausgabeansprüchen hinsichtlich des unlauter gewonnenen Profits konfrontiert sehen können. Arbeitgebern wird häufig an einer Bindung von Beschäftigten an ihren Betrieb gelegen sein. Bei diesbezüglichen Regelungen ist ebenfalls die in unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen und fallbezogener Rechtsprechung konkretisierte Berufsfreiheit der Beschäftigten zu beachten. Art. 12 GG gilt somit auch als Prüfungsmaßstab für individualvertragliche Vereinbarungen, wie z.B. den Arbeitgeberwechsel hindernde Rückzahlungsklauseln von Aus- oder Fortbildungskosten.

Aufgabe des Gesetzgebers und der Rechtsprechung war es, die ggf. kollidierenden Grundrechtspositionen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei der Berufsausübung in Ausgleich zu bringen. Das gilt speziell für das Verhältnis von freier Berufswahl einerseits und Vertragstreue zu einem eingegangenen Vertrag andererseits.

2. Persönlichkeits-, Wettbewerbs-, Diskriminierungs- und Verbraucherschutz

a) Das Miteinander der Schutznormen

Die sich aus Datenschutz- und Wettbewerbs- und Diskriminierungsschutzrecht ergebenden Schutzpositionen gegenüber nicht erwünschter bzw. gesetzlich nicht legitimierter personenbezogener Anwerbung von Beschäftigten und der Praktizierung unzulässiger Einstellungskriterien überschneiden bzw. ergänzen sich. Die wettbewerbsrechtliche Wertung bestimmt dabei das datenschutz- bzw. persönlichkeitsrechtliche Ergebnis. Eine nach dem UWG unzulässige Datenverarbeitung zwecks Direktwerbung stellt auch eine unzulässige Verarbeitung nach der DS-GVO dar.

Ein berechtigtes Interesse an einer Datenverarbeitung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DS-GVO ist andererseits nicht gegeben, wenn die Datenverarbeitung wettbewerbswidrig ist. Die Bewertungsmaßstäbe des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG sind auch im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO zu berücksichtigen. Andererseits kann eine nach dem UWG unbeanstandete Werbung z.B. wegen Verstoßes gegen Informationspflichten der DS-GVO rechtswidrig sein. Gleiches gilt, wenn die für die Datenverarbeitung erforderliche Einwilligung nicht den Anforderungen der DS-GVO genügt.

Ob der Empfänger einer unerlaubten Anwerbe-Ansprache keinen Anspruch auf einen immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 DS-GVO hat, wenn die erlittene Beeinträchtigung nicht erheblich ist, ist umstritten und steht zurzeit zu Klärung bei dem EuGH an.

b) Nachfragewerbung (active sourcing)

Werbung in Gestalt von Nachfragewerbung unterwirft der BGH den gleichen Vorgaben wie sog. Absatzwerbung im Hinblick darauf, dass diese Werbeform gerade im geschäftlichen Bereich einen stark belästigenden Charakter („Spamming“) angenommen hat, so dass ein Eingriff in den Gewerbebetrieb bereits bei einer einmaligen Zusendung einer E-Mail-Werbung vorliegt.

Im Gegensatz zu sonstiger Nachfragewerbung tangiert Nachfragewerbung in Gestalt der Abwerbung von Beschäftigten zudem zwei Rechteinhaber in ihren Rechtspositionen; zum einen betrifft sie den u.a. vor Belästigung geschützten Beschäftigten und zum anderen den vor dem störenden Eindringen in die Geschäfts- oder Betriebssphäre geschützten Arbeitgeber bzw. Mitbewerber. Entscheidend ist hierbei auch das gewählte Kommunikationsmittel. Dieses störende Eindringen kann sich aus der Art und Weise der Ansprache des Abzuwerbenden ergeben, wobei vom BGH mehrfach festgehalten wurde, dass nach Sinn und Zweck des UWG Nachfragehandlungen nicht nur von der Generalklausel des § 7 Abs. 1 UWG, sondern ebenso von den konkretisierenden Fallgruppen des § 7 Abs. 2 erfasst werden.

Gegenüber dem Konkurrenzunternehmen kommen im Falle einer unlauteren Abwerbung insbesondere Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche aus § 8 UWG u.a. in Form von Beschäftigungsverboten wegen Behinderungswettbewerb (§ 4 Nr. 10 UWG) in Betracht. Schadenersatzansprüche können sich aus § 9 UWG, § 826 BGB wegen sittenwidriger Schädigung oder aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ergeben.

3. Konkurrenztätigkeit und arbeitsvertragliche Treuepflicht

a) Konkurrenzverbot während des Beschäftigungsverhältnisses

Während des Beschäftigungsverhältnisses kann der Arbeitnehmer – abgesehen von anderweitiger arbeits- oder tarifvertraglichen Regelung – innerhalb der von dem Arbeitszeitgesetz getroffenen Grenzen einer Nebentätigkeit nachgehen, sofern er nicht seine arbeitsvertragliche Treuepflicht verletzt. Während eines Dienstverhältnisses ist es Arbeitnehmern nicht erlaubt, zusätzlich eine angestellte oder selbstständige Tätigkeit in derselben Branche bzw. zum Nachteil des Arbeitgebers auszuüben.

Grundlage dieses Konkurrenzverbots war zunächst das in § 110 GewO bestätigte Wettbewerbsverbot des § 60 HGB für im Handel Beschäftigte. Grundlage ist nunmehr § 242 BGB für alle Arbeitnehmer, Praktikanten, Auszubildende etc. Steht der Arbeitnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis, sind ihm hiermit in Kollision stehende anderweitige Tätigkeiten auf Grund seiner Treuepflicht (§ 242 BGB) untersagt.

Diesen könnte der Arbeitgeber seinerseits mit einer im Einzelfall auch ohne Abmahnung zulässigen, aber in der Praxis regelmäßig nicht weiterhelfenden Kündigung begegnen. Es bleibt dann nur, gegenüber dem vertragswidrig den Arbeitsplatz verlassenden Mitarbeiter Unterlassungs- und/oder Schadenersatzansprüche geltend zu machen, wobei es jedoch ggf. schwierig sein wird, einen entstandenen Schaden nachzuweisen. Gleiches gilt für diesbezügliche Ansprüche gegenüber dem den vertragsbrüchigen Arbeitnehmer beschäftigenden neuen Arbeitgeber.

b) Vertragliche Absicherung des Konkurrenzverbots

Rechtlich absichern können sich Arbeitgeber im Vorfeld durch entsprechende Vertragsgestaltung. Zielführend kann daher die Vereinbarung einer selbstständigen und von Beweisfragen unabhängigen – verhältnismäßigen – Vertragsstrafe zur Sicherung der Einhaltung der Kündigungsfrist sein. Die Vertragsstrafe beläuft sich auf die Höhe des Entgelts, das der Arbeitnehmer in der Zeit bekommen hätte, bis die Kündigungsfrist abgelaufen wäre.

c) Konkurrenzverbot nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses

Soll das Wettbewerbsverbot auch nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses fortgelten, bedarf es einer besonderen Vereinbarung, wobei auch Wettbewerbsverbote, die für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart werden, sich an der Berufsfreiheit des Arbeitnehmers und den hierzu ergangenen Regelungen messen lassen müssen. Dies gibt § 74 HGB vor.

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, das entgegen § 74 Abs. 2 HGB keine Karenzentschädigung enthält, ist kraft Gesetzes nichtig. Eine salvatorische Klausel ist nicht geeignet, diese Folge zu beseitigen oder zu heilen.

II. „Einschränkungen“ von Datenverwendungen beim Arbeitgeberwechsel infolge Geheimhaltungspflichten

1. Allgemeines

Gewisse Einschränkungen bei einem Wechsel von Beschäftigten zu einem Wettbewerber können sich aber auch bereits aus den ihnen obliegenden Schweige- und Verwertungsverboten ergeben. Einem Arbeitnehmer kann aus unterschiedlichen Gründen untersagt sein, bei der Tätigkeit für seinen Arbeitgeber erworbenes Wissen bei einem Stellenwechsel in der neuen Arbeitsposition einzusetzen. Die Geheimhaltungs- bzw. Nicht-Verwendungspflicht der Informationen kann sich aus Schutzpositionen des Arbeitgebers oder hinsichtlich der Verwendung personenbezogener Daten – ggf. parallel – aus Schutzansprüchen der Betroffenen ergeben.

2. Geheimhaltungspflichten des Beschäftigten im Interesse des ehemaligen Arbeitgebers

Indirekte Bedeutung für die Einsatzmöglichkeiten eines Beschäftigten haben die ihm auf Grund des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) und den weiteren in § 1 Abs. 2 GeschGehG genannten Vorschriften auferlegten Geheimhaltungs- und Datenverwendungsverbote. Daneben gilt fortbestehend der strafrechtliche Schutz von Berufsgeheimnissen (§ 203 StGB). Wird beim Arbeitgeberwechsel eine Tätigkeit übernommen, die im Grunde nur unter der Verwendung des beim bisherigen Arbeitgeber erworbenen, unter die Geheimnispflicht fallenden Wissens wahrzunehmen ist, kann dies zu Abwehr- und Haftungsansprüchen des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses (§§ 6, 7, 10, 12 GeschGehG) und strafrechtlichen Konsequenzen (§ 23 GeschGehG) führen.

Abgesehen von den durch das GeschGehG legaldefinierten Geschäftsgeheimnissen (§ 2 Nr. 1 GeschGehG) steht es nach ständiger BGH-Rechtsprechung einem Arbeitnehmer jedoch grundsätzlich frei, „redlich erworbene Betriebsgeheimnisse,“ bei denen es primär um technisches Wissen geht, bei einem neuen Arbeitgeber einzusetzen, so dass hier dann auch kein Verbot der Ausbeutung eines Konkurrenzunternehmens gem. § 4 Nr. 4 UWG vorliegt. Auch wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht an ein Wettbewerbsverbot oder eine spezielle Geschäftsgeheimnispflicht gebunden ist, so kann letztlich das Verwenden erworbenen „Vorwissens“ untersagt sein, weil dieses ggf. mit dem bei dem Arbeitgeber liegenden Urheberrechten kollidieren würde, wobei der Schutz von Computerprogrammen und Datenbanken (vgl. § 4 UrhG; § 87a UrhG) von besonderer Relevanz ist.

Denn auch wenn der Arbeitnehmer selbst der Urheber des geschützten Werkes ist, gehen nach § 69b UrhG die Nutzungsrechte eines in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach Anweisung des Arbeitgebers geschaffenen Computerprogramms im Wege einer gesetzlichen ausschließlichen Lizenz auf den Arbeitgeber über.

3. Geheimhaltungspflichten im Interesse von Betroffenen

a) Allgemeines

Die allgemeinen (DS-GVO; BDSG) und auch die berufsbedingten, im Interesse eines Betroffenen bestehenden Schweigepflichten (z.B. § 203 StGB) hinsichtlich bei der Arbeit zur Kenntnis erhaltener personenbezogener Daten stehen einem Arbeitgeberwechsel auch dann nicht entgegen, wenn ein evidentes Interesse des neuen Arbeitgebers hieran bestehen sollte bzw. Konflikte entstehen können. Der Beschäftigte und sein mit ihm zusammenwirkender neuer Arbeitgeber sind gehalten, sich durch gesetzeskonformes Verhalten nicht zivil- bzw. strafrechtlich haftbar zu machen. Hierauf hat sie der Arbeitgeber ggf. in besonderer Form aufmerksam zu machen. Die Verpflichtung auf das Datengeheimnis ist hierfür ein Beispiel.

b) Das Datengeheimnis (§ 53 BDSG)

aa) Regelung der Vertraulichkeitspflicht

Die DS-GVO enthält – im Gegensatz zum BDSG a.F in § 5 – keine ausdrückliche Regelung zur förmlichen Verpflichtung von bei der Verarbeitung personenbezogener Daten Beschäftigten zur Wahrung des Datengeheimnisses. Allein das BDSG sieht eine diesbezügliche Regelung (§ 53 BDSG) für die bei den einschlägigen Sicherheitsbehörden Beschäftigten vor. Was im öffentlichen Bereich ausdrücklich Recht ist, gilt aber auch im nichtöffentlichen Bereich.

Die DS-GVO wendet sich in Art. 29 auch an Personen, die dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder dem Auftragsverarbeiter unterstellt sind und Zugang zu personenbezogenen Daten haben und gibt ihnen vor, personenbezogene Daten grundsätzlich nur auf Anweisung des für die Verarbeitung Verantwortlichen zu verarbeiten. Für den Fall der Auftragsverarbeitung bestimmt Art. 28 Abs. 3 Satz 2 lit. b DS GVO, dass der Auftragsverarbeiter gewährleisten muss, dass sich die zur Verarbeitung der personenbezogenen Daten befugten Personen zur Vertraulichkeit verpflichtet haben (soweit sie nicht einer angemessenen gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen, was z.B. für privatärztliche, steuerberaterliche oder anwaltliche Verrechnungsstellen gilt (§ 203 Abs. X StGB)).

Daneben verlangt Art. 24 Abs. 1 DS GVO von dem Verantwortlichen geeignete technische und organisatorische Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Verarbeitungen gemäß dieser Verordnung erfolgen, wozu eben auch die formelle Belehrung über und die Verpflichtung auf das Datengeheimnis oder besser auf Einhaltung der Datenschutzvorgaben gezählt werden können. Nach Art. 32 Abs. 4 DS GVO hat der Arbeitgeber den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Verarbeitungen gemäß der Verordnung erfolgen, was eben auch für die Maßnahmen gilt, die das ordnungsgemäße Verhalten des eingesetzten Personals sicherstellen sollen.

bb) Umfang der Vertraulichkeitspflicht

Untersagt ist eine unbefugte Verarbeitung. Den Mitarbeitern ist nur die Verarbeitung im Rahmen ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung und den dazu ergangenen Anweisungen gestattet. Andere Verarbeitungen, unabhängig davon, ob sie an sich datenschutzkonform wären, sind „unbefugt“. Unbefugt handelt ein Mitarbeiter daher auch dann, wenn er eine an sich rechtmäßige Verarbeitung oder Nutzung vornimmt, zu der er aber gemäß seiner Aufgabenstellung nicht befugt ist, wenn er also z.B. die ihm zugewiesene Zugriffsberechtigung überschreitet.

cc) Durchführung der Verpflichtung

Für die in der Privatwirtschaft vorzunehmende Anweisung der Mitarbeiter schreibt das Gesetz keine bestimmte Form vor. Ausreichend ist jedoch nicht, diese Verpflichtung durch Aushang am Schwarzen Brett oder in einer allgemeinen Arbeitsanweisung vorzunehmen. Angezeigt ist schon wegen der damit verbundenen arbeitsplatzbezogenen Belehrung eine individuelle Verpflichtung. Die Verpflichtung bedeutet nicht nur eine einseitige, vom Arbeitgeber veranlasste Information, sondern erfordert als Rechtsakt die Bestätigung der Kenntnisnahme der Belehrung über die gesetzliche Verpflichtung in einer Verpflichtungserklärung.

c) Im Schutzinteresse des Betroffenen bestehende Berufsgeheimnisse (§203 StGB)

Strafrechtlich wird die Offenbarung von Daten, die einer Person anvertraut sind, die wegen ihres Berufes oder einer besonderen Amtsstellung zur Geheimhaltung verpflichtet ist, wie es u.a. bei Ärzten, Apothekern, Rechtsanwälten, Steuerberatern, Sozialarbeitern oder Angehörigen eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung der Fall ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem bzw. zwei Jahren bedroht (§ 203 Abs. 1, Abs. 5 StGB).

Relevant ist, dass die bei den genannten Geheimnisverpflichteten tätigen Gehilfen und Auszubildenden in die Schweigepflicht mit einbezogen sind. Gleiches gilt für den dort tätigen Datenschutzbeauftragten hinsichtlich von Berufsgeheimnissen, die er im Rahmen seiner Tätigkeit erfahren hat. Berufsgeheimnisträgern ist auch erlaubt, ihnen anvertraute Informationen an „mitwirkende Personen“ weiterzugeben, wenn dies zur Berufsausübung erforderlich ist, so dass externe IT-Dienstleister, Cloud-Services, Schreibdienste usw. ohne Einwilligung der Betroffenen (Mandanten, Patienten) eingeschaltet werden können.

Voraussetzung dafür ist, dass die Weitergabe wirklich erforderlich ist und dass die mitwirkenden Personen zur Geheimhaltung verpflichtet worden sind. Das Weglassen einer Verpflichtung für mitwirkende Personen gem. § 203 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StGB ist ggf. sogar strafbewehrt, falls die mitwirkende Person unbefugt fremde Geheimnisse offenbart.

d) Das Fernmeldegeheimnis (§ 3 TDDSG)

Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses sind verpflichtet Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten sowie natürliche und juristische Personen, die an der Erbringung solcher Dienste mitwirken (§ 3 Abs. 2 S. 1 TDDSG). Den hiernach Verpflichteten ist es untersagt, sich oder anderen über das für die Erbringung der Telekommunikationsdienste oder für den Betrieb ihrer Telekommunikationsnetze oder ihrer Telekommunikationsanlagen einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder von den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen.

Der Arbeitgeber wird also zum Adressaten der Bestimmung, wenn er Dritten Telekommunikation mittels der betrieblichen Kommunikationstechnik anbietet, wie das z.B. in einem Hotel gegenüber den Gästen geschieht. Ob auch eine erlaubte Nutzung der betrieblichen Kommunikationsmittel für private Zwecke der Beschäftigten zur Anwendung des § 3 TDDSG führt, ist weiterhin umstritten.

Die Frage, ob Arbeitgeber bei Gestattung privater Nutzung der dienstlichen Internetzugänge und E-Mail-Accounts und der Telefonanbindungen dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, ist in Rechtsprechung, Literatur und vom Gesetzgeber nicht klar beantwortet. Auch machen weder der Wortlaut des § 3 TTDSG noch dessen Gesetzesbegründung deutlich, ob die private Telekommunikation der Beschäftigten gestattende Arbeitgeber unter den Begriff der „Anbieter von ganz oder teilweise geschäftsmäßig angebotenen Telekommunikationsdiensten“ fallen.

Da die ggf. unter das Fernmeldegeheimnis fallenden Beschäftigten i.d.R. auch dem Datengeheimnis unterliegen, bietet sich eine einheitliche Hinweispflicht an.

e) Weitere zu wahrende „Geheimnisse“

Für verschiedene Branchen bzw. ihre Mitarbeiter gelten weitere Geheimhaltungspflichten. Das in § 35 SGB I in Verbindung mit den §§ 67 ff. SGB X geregelte Sozialgeheimnis konkretisiert das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung für den Bereich der öffentlichen Sozialleistungsträger und anderer Stellen, die mit der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten betraut sind. Verstöße gegen das Sozialgeheimnis können nach § 85 SGB X mit Strafe und nach § 85a SGB X mit Bußgeld geahndet werden.

Das in § 355 StGB strafrechtlich abgesicherte Steuergeheimnis (§ 30 AO) betrifft Amtsträger (§ 7 AO) und ihnen gleichgestellte Personen (§ 30 Abs. 3 Nr. 1 lit. a bis c AO). Für die Deutsche Bundesbank besteht eine gesetzliche Regelung (§ 32 S. 1 BbankG) des Bankgeheimnisses. Im Bereich der privaten Banken begründet das gewohnheitsrechtlich entstandene, nebenvertraglich und in AGB reglementierte Bankgeheimnis die Pflicht der dortigen Beschäftigten zur Verschwiegenheit über kundenbezogene Daten gegenüber Dritten. Das Bundesstatistikgesetz enthält klare Regelungen zur Sicherstellung des Statistikgeheimnisses, auf deren Einhaltung die Beschäftigten schriftlich zu verpflichten sind. Verstöße werden strafrechtlich verfolgt (§ 21 BStG).

III. Beschäftigtenschutz bei An-/Abwerbung von Personal

1. Allgemeines

Personal anwerbende Arbeitgeber haben bei der Ermittlung der für die Einstellungsentscheidung notwendigen Informationen zunächst sowohl Vorgaben des allgemeinen Datenschutzrechts (DS-GVO) als auch solche des speziellen Beschäftigtendatenschutzes (§ 26 BDSG) zu beachten. Die im Geltungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung stattfindenden Datenverarbeitungen unterliegen – nachfolgend dem diesbezüglichen Ansatz des 1977 in Kraft getretenen BDSG – einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt; sie bedürfen – abgesehen von der Einwilligung des Betroffenen – einer Regelung, die die Verarbeitung auch ohne und ggf. auch gegen den Willen des Betroffenen gestattet, wobei gegenüber werblicher Ansprache nach Art. 22 Abs. 2 DS-GVO für Betroffene insoweit ein absolutes Selbstbestimmungsrecht besteht, das diese nach erteiltem Widerspruch in jedem Falle zu unterbleiben hat. Das gilt uneingeschränkt auch für die Ansprache auf Abschluss eines Arbeitsvertrags.

2. Datenschutz bei active sourcing nach Art. 6 DS-GVO

Solange der Arbeitgeber sich als Active-Sourcing-Recruiter im Vorfeld des konkreten Bewerberkontakts auf der Suche nach geeigneten anzusprechenden Kandidaten befindet, muss die Rechtsgrundlage für die insoweit stattfindenden Datenverarbeitungen in Art. 6 DS-GVO gefunden werden. Die die Zulässigkeit der Verarbeitung von Beschäftigtendaten zwecks Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses regelnde § 26 Abs. 1 BDSG greift noch nicht. Dieser setzt erst an mit dem Entstehen des sog. Anbahnungsverhältnisses, d.h. mit der beiderseits gewollten Kontaktaufnahme zwischen Arbeitgeber und Bewerber.

Potentielle Kandidaten für eine Ansprache können bereits aus bestehenden Geschäftskontakten bekannt sein – wobei die nunmehrige Zweckänderung der Datennutzung einer Rechtfertigung (Art. 6 Abs. 1 lit. DS-GVO) bedarf. Eine weitere Datenquelle können z.B. Gesuchsdatenbanken der Online-Jobbörsen oder auch die unmittelbare persönliche Ansprache auf Kongressen, Karriereevents und Personalmessen sein. Ferner können dieser Zweckbestimmung dienende Datenquellen durchforstet werden. Auch vom Betroffenen publizierte Internetauftritte können ggf. ein erster Schritt zum Active Sourcing sein. Hierzu bieten Dienstleister ihre Unterstützung an.

Die Recherche der Active Sourcer erfolgt abhängig von den Quellen, auf die zugegriffen wird, mit Hilfe bestimmter Stichwörter (Keywords), die für die jeweilige Stelle kennzeichnend sind. Das Resultat ist ggf. ein unter Einsatz künstlicher Intelligenz zum Profiling (Art. 4 Abs. 4 DS-GVO) erfolgtes Ranking potentieller Kandidaten.

Etwa rund 21 % der Unternehmen praktizieren nach entsprechenden Erhebungen Active Sourcing, mit dem Ergebnis, dass jede zehnte Stelle auf diesem Wege besetzt wird. Laut der Recruiting Trends Studie 2020 der Universität Bamberg werden aktuell 1 von 7 Einstellungen über Active Sourcing generiert.

3. Zulässigkeit nach Art. 9 Abs. 2 lit. h und 10 DS-GVO; § 26 Abs. 3 S. 1 BDSG; § 75 Abs. 1 BetrVG; § 1 AGG

a) Allgemeines

Während i.d.R. die allgemein geltenden Zulässigkeitsregeln der DS-GVO (Art. 6 Abs. 1) bzw. des § 26 BDSG die Datenverarbeitung generalklauselartig abstrakt bestimmen und von der im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsprinzips festzustellenden Erforderlichkeit der Information für seine sachgerechte Arbeitgeberentscheidung ausgehen, hat der Gesetzgeber die Verwendung bestimmter, als besonders sensibel bewerteter Daten allgemein (Art. 9, 10 DS-GVO) und speziell für die Verwendung im Arbeitsverhältnis (§ 26 Abs. 3 BDSG; § 75 Abs. 1 BetrVG; § 1 AGG) besonderen Restriktionen unterworfen. Der Katalog der jeweils als besonders sensibel benannten Daten ist weitgehend deckungsgleich.

b) Datenschutz bei „sensiblen“ Daten; (Art. 9 Abs. 2 lit. h und Art. 6 DS-GVO und § 26 Abs. 3 S. 1 BDSG)

Art. 9 Abs. 2 lit. h DS-GVO stellt besondere restriktive Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Verarbeitung von besonderen Kategorien personenbezogener Daten auf. Es handelt sich um Angaben, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie die Verarbeitung von genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person.

§ 26 Abs. 3 S. 1 BDSG übernimmt in zulässiger Weise inhaltsgleich Art. 9 Abs. 2 lit. b DS-GVO, wobei sich die unterschiedlich bewertete Frage stellt, welche Regelungsfunktion Art. 6 Abs. 1 DS-GVO im Verhältnis zu Art. 9 Abs. 1 DS-GVO bzw. die hieraus auf das Beschäftigungsverhältnis in § 26 Abs. 3 BDSG abgeleiteten Zulässigkeitstatbestände haben, da bereits Art. 6 Abs. 1 DS-GVO ein allgemeines Verbot der Verarbeitung personenbezogener Daten enthält, und ob insbesondere Art. 6 Abs. 4 weiter zu Anwendung kommt oder ob eine vollständige Verdrängung vorliegt. Die Aufsichtsbehörden sehen einen gedoppelten Zulässigkeitstatbestand in Art. 6 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 2 DS-GVO.

Entscheiden wird diese Frage an den EuGH. Das BAG ersuchte den EuGH um eine Vorabentscheidung u.a. dazu, ob die Zulässigkeit und Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung der Gesundheitsdaten zusätzlich zu Art. 9 Abs. 2 lit. h DS-GVO von den weiteren Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 DS-GVO abhängt. Es bleibt abzuwarten, ob der EuGH die kumulative Anwendung der Artikel bestätigt.

c) Diskriminierungsschutz nach dem AGG

Persönlichkeitsschutz in Form des Schutzes vor Diskriminierung wegen bestimmter persönlicher Gegebenheiten gewährt auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das gemäß § 1 die Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen anstellt. Zulässig ist eine unterschiedliche Behandlung nach § 4 AGG nur, wenn sie nach den §§ 8 bis 10 und 20 ausnahmsweise gerechtfertigt werden kann.

Der Schutz des AGG gilt auch Arbeitnehmern in Bezug auf Maßregelungen, die intern und extern auf unzulässige Diskriminierungen hinweisen und den Diskriminierten z.B. durch Zeugenaussage unterstützen (§ 16 Abs. 1 AGG).

Dass die Informationen i.S.d. § 1 AGG bei Personalentscheidungen regelmäßig keine, d.h. nur in den genannten Fällen eine Rolle spielen dürfen, wirkt sich zunächst auf die Datenverarbeitungsbefugnis des § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG aus. Sofern kein Rechtfertigungsgrund nach §§ 1, 7 Abs. 1, 24 AGG vorliegt, ist die Datenerhebung bzw. Verwendung nach § 26 Abs. 1 S. 1 bzw. Abs. 3 unzulässig, weil nicht erforderlich.

Das AGG gewährt bei einem Verstoß gegen das Datenverwendungsverbot einen speziellen Anspruch auf Schadensersatz und einen Entschädigungsanspruch in Form eines „Schmerzensgelds“ (§ 15 AGG). Der Schadenersatzanspruch gemäß § 15 Abs. 1 AGG umfasst zum Beispiel die Bewerbungskosten und ggf. den entgangenen Verdienst. Bei diskriminierend erfolgenden Stellenausschreibungen steht einem unterlegenden Bewerber jedoch nur dann Schadensersatz zu, wenn er beweisen kann, dass er für die Stelle am besten qualifiziert war, also bei einer diskriminierungsfreien Auswahl hätte eingestellt werden müssen.

Auch wenn sich das nicht feststellen lässt, ist wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts eine Entschädigung in Höhe von maximal drei Monatsgehältern zu zahlen. Sie ist unabhängig davon zu gewähren, ob der Bewerber auch bei nichtdiskriminierender Auswahl eingestellt worden wäre, so z.B., wenn ein Bewerber wegen seines Alters erst gar nicht in die Auswahl einbezogen wurde. Bereits unglücklich formulierte Stellenanzeigen, in denen nach „jungen“ Bewerbern oder „Young Professionals“ gesucht wird, reichen aus, um die Beweislast umzukehren:

Fraglich war, wie dem begegnet werden kann, wenn eine „Bewerbung“ offensichtlich zu keinem Zeitpunkt auf den Erhalt einer Stelle, sondern allein auf Zahlung einer Entschädigung ausgerichtet erfolgt. Hier haben das BAG und der EuGH auch im AGG – abhängig vom Einzelfall – den allgemeinen Rechtsmissbrauchseinwand nach § 242 BGB zugelassen. Dies gilt nach der Rechtsprechung des BAG selbst dann, wenn die Stellenanzeige nachweislich diskriminierend geschrieben war. Jedoch verbietet sich bei dem Einwand des Rechtsmissbrauchs ein schematisches Vorgehen. Allein die Versendung einer Vielzahl erfolgloser Bewerbungen und Durchführung vieler Entschädigungsprozesse soll kein ausreichendes Indiz sein.

Erörtert wird zudem, ob auf die Entschädigungszahlung abstellendes AGG-Hopping den Tatbestand des Betrugs erfüllen kann. Das LG München I hat einen AGG-Hopper wegen Betrugs in drei tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit versuchtem Betrug in neun tatmehrheitlichen Fällen (§ 263 Abs. 1, Abs. 3 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten zur Bewährung verurteilt.

d) Der Schutzauftrag des § 75 Abs. 1 BetrVG

Sachfremde und i.d.R. auf eine Diskriminierungsabsicht hindeutende Datenerhebungs- und Verwendungsverbote ergeben sich auch aus der Schutznorm des § 75 Abs. 1 BetrVG. Als Grundsätze für die Behandlung der Betriebsangehörigen gibt er Arbeitgeber und Betriebsrat die gemeinsame Aufgabe vor, darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden und dass insbesondere jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

Mit § 75 Abs. 1 BetrVG wird die Pflicht, die freie Entfaltung der Persönlichkeit der Arbeitnehmer zu schützen (§ 75 Abs. 2 BetrVG), konkretisiert. § 75 BetrVG ist ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB. Infolgedessen sind Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (z.B. Betriebsvereinbarungen), die gegen diese Regelung verstoßen, nichtig, was durch § 7 Abs. 2 AGG bekräftigt wird.

IV. Beschäftigten-/Verbraucherdatenschutz bei der An-/Abwerbung nach UWG und UKlaG

1. Allgemeines

Die durch das UWG und das UKlaG eröffnete Möglichkeit der lauterkeitsrechtlichen Durchsetzung von datenschutzrechtlichen Vorgaben hat zum einen den Vorteil der Entlastung der Aufsichtsbehörden. Zum anderen könnte die Durchsetzung durch Mitbewerber und Verbände die „rationale Apathie“ der Betroffenen ausgleichen, die sich prinzipiell klagescheu verhalten. Davon abgesehen sind die durch Datenschutzverstöße erlittenen materiellen wie immateriellen Schäden für den einzelnen Betroffenen meist kaum bezifferbar oder zumindest überschaubar, sodass eine individuelle Kosten-Nutzen-Rechnung letztlich gegen ein gerichtliches Vorgehen gegen den Verantwortlichen spricht.

2. Verbraucherdatenschutz für Beschäftigte nach dem UWG

a) Allgemeines

Werbliche Aktivitäten zur Stellenbesetzung unterliegen des Weiteren insbesondere den sich aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ergebenden rechtlichen Vorgaben. Das Wettbewerbsrecht schützt einerseits die Mitbewerber, Verbraucher und sonstige Marktteilnehmer vor „unlauteren“ Vorgehensweisen bei geschäftlichen Handlungen (§ 1 S. 1 UWG). Der erforderliche Marktbezug, also die notwendige Außenwirkung der Handlung, liegt u.a. vor, wenn sie mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Dienstleistungen objektiv und unmittelbar zusammenhängt. (§ UWG) und den internen Bereich des Wettbewerbers verlässt. So ist die Einstellung von Arbeitnehmern als Nachfrage nach deren Dienstleistungen nicht nur ein reines Betriebsinternum des Unternehmens, sondern auch eine geschäftliche Handlung, die dem Arbeitnehmerdatenschutz zuzuordnen ist (vgl. § 26 Abs. 8 S. 2 BDSG). Auch die Kontaktaufnahme zum Zwecke der Abwerbung verlässt den betriebsinternen Bereich.

b) UWG-Verbote haben Vorrang vor DS-GVO Erlaubnissen

Sollen personenbezogene Daten ohne den Willen des Kontaktierten zur Direktwerbung verwendet werden, bedarf es einerseits einer gesetzlichen Erlaubnis nach der DS-GVO und darf andererseits kein einzelne Datenverwendungen oder einzelne Arten der persönlichen Ansprache untersagendes Verbot nach dem UWG bestehen.

Untersagt sind irreführende Angaben (§ 4 Nr. 4 UWG) bei der „Selbstdarstellung“ des Arbeitgebers und der von ihm angebotenen Beschäftigung, was die Korrektheit eines sog. Employer-Brandings, d.h. des „Arbeitgeberbilds“, mit dem sich der Arbeitgeber gegenüber Mitarbeitern und möglichen Bewerbern als attraktiv positionieren will, bedingt. Nach § 4 Nr. 4 UWG unzulässig ist die Abwerbung aber erst dann, wenn das abwerbende Konkurrenzunternehmen entweder verwerfliche Zwecke verfolgt oder/und verwerfliche Methoden anwendet. Solche Methoden und Vorgehensweisen sind das Verleiten zum oder Ausnutzen von einem Vertragsbruch, das Abwerben unter Missbrauch eines Vertrauensverhältnisses oder die Parallelbeschäftigung.

Neben dem Tatbestand des § 4 Nr. 4 UWG kann auch der einer aggressiven geschäftlichen Handlung i.S.d. § 4a Abs. 1 UWG vorliegen. Als „aggressiv“ stuft das Gesetz eine geschäftliche Handlung ein, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers oder der sonstigen Marktteilnehmer erheblich zu beeinträchtigen durch Belästigung, Nötigung einschließlich der Anwendung körperlicher Gewalt oder unzulässige Beeinflussung.

c) Keine Individualabwehransprüche von Beschäftigten aus dem UWG

Das UWG schützt nicht nur Mitbewerber, sondern auch Arbeitnehmer in der Rolle des Verbrauchers (§ UWG) bzw. Marktteilnehmers, billigt diesen aber keine lauterkeitsrechtlichen Individualansprüche gegen unzulässige werbliche Ansprache zu. Aktivlegitimiert sind nur die in § 8 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 UWG genannten Stellen.

Einzige Ausnahme ist der nunmehr Verbrauchern bei bestimmten UWG-Verstößen eingeräumte Schadensersatzanspruch nach § 9 Abs. 2 UWG. Keinen Schadenersatz gibt es bei Wettbewerbsverstößen nach § 3a (Rechtsbruch), § 4 (Mitbewerberschutz), § 6 (vergleichende Werbung) sowie bei der Aufforderung zur Zahlung bei unerbetenen Besuchen in der Wohnung eines Verbrauchers am Tag des Vertragsschlusses. Bedeutung erlangt die Norm, wenn Datenschutzverstöße gegen originäres Wettbewerbsrecht mit Ausnahme des Mitbewerberschutzes und der vergleichenden Werbung vorliegen. Denkbar ist insoweit, dass der Schaden in der Preisgabe von Daten liegt und diese damit im Wege der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) zu löschen sind.

d) Der Schutzauftrag an die Gewerkschaften

Eine Schutzfunktion im Arbeitsbereich weist das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs in § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG den Gewerkschaften als Verband i. S. d. Art. 80 DS-GVO zu. Die Bedeutung dürfte sich jedoch auf die Beauftragung der Gewerkschaft durch den Betroffenen nach Art. 80 Abs. 1 DS-GVO beschränken, sofern Verstöße gegen Arbeitnehmerdatenschutznormen keinen Marktbezug aufweisen und deshalb für lauterkeitsrechtliche Verbandsklagen nicht von Relevanz sind.

3. Verbraucherdatenschutz für Beschäftigte nach dem UKlaG

a) Allgemeines

Neben dem UWG gewährt auch das Unterlassungsklagengesetz (UKlaG), wenn Verbraucherschutznormen zuwider gehandelt wird, – wozu auch Verstöße gegen den Datenschutz (§ 2 Abs. 2 Nr. 11 UKlaG) gehören, den einschlägigen Verbänden die Verbandsklage. Die Verbandsklage soll faktische Defizite des auf individueller Rechtsverfolgung beruhenden Privatrechts ausgleichen. Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche (§ 2 Abs. 1 S. 1 UKlaG) haben nur satzungsgemäß zur klagemäßigen Wahrnehmung von Verbraucherinteressen (§ 3 UKlaG) befugte Verbände (§ 4 UKlaG).

Mit § 2 Abs. 2 Nr. 11 UKlaG ist klargestellt, dass ein Klagerecht von gemeinnützigen Verbänden ausschließlich bei den vorgenannten Verstößen und nicht bei allen möglichen datenschutzrechtswidrigen Verarbeitungsvorgängen besteht, es sei denn, es handelt sich um unwirksame allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 1 UKlaG).

b) Vorgehen gegen Datenschutzverstöße

Mit § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 11 UKlaG ist ausdrücklich die Möglichkeit zur Sanktionierung verbraucherschutzgesetzwidriger Praktiken eröffnet, die näher umschriebene Datenschutzverstöße betreffen. Wer hiernach in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften zuwiderhandelt, die dem Schutz der Verbraucher dienen (legaldefiniert als Verbraucherschutzgesetze), kann im Interesse des Verbraucherschutzes auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genommen werden.

Die Rechtsdurchsetzung über das UKlaG hat im Vergleich zur Durchsetzung nach dem UWG Vorteile, da die verletzte Norm keine Marktverhaltensregelung sein muss und sich aus dem UKlaG bei Datenschutzverstößen teilweise andere über die des UWG hinausgehende Rechtsfolgen ergeben können.

V. Fazit

Aktivitäten bei der Gewinnung von Personal erfüllen den Tatbestand der Werbung, sei es in Gestalt der An- und ggf. gleichzeitiger Abwerbung. Hier sind Vorgaben des Wettbewerbsrechts und Verbraucherschutzes (UWG; UKlaG) von Relevanz. Eine sachgerechte Einstellungsentscheidung bedarf fundierter Informationen über den hierfür ins Auge gefassten Kandidaten. Hierbei sind jedoch dessen u.a. durch Daten- und Diskriminierungsschutz gesicherte Ansprüche auf Persönlichkeitsschutz zu gewährleisten. Das Interesse des aktuellen Arbeitgebers, unerwünschte Konkurrenztätigkeit und die Gefährdung von Geschäftsgeheimnissen beim Arbeitgeberwechsel zu verhindern, kann durch konkrete Vereinbarungen gewahrt werden.