Bericht aus Brüssel : Wie die KI-VO zu einer echten Erfolgsgeschichte wird : aus der RDV 3/2024, Seite 186-187
Wie die KI-VO zu einer echten Erfolgsgeschichte wird Die KI-VO konzentriert sich darauf, Risiken durch Künstliche Intelligenz (KI) zu verhindern, funktioniert aber nicht, wenn KI nicht in Europa entwickelt wird. Wenn Europa im globalen Maßstab nicht wettbewerbsfähig ist, werden wir hinter anderen globalen Akteuren – wirtschaftlich und geostrategisch – zurückfallen. Ohne „KI Made in Europe“, die auf europäischen demokratischen Werten basiert, werden andere Mächte entscheiden, wie KI (miss-)gebraucht und wie ihre entscheidenden Risiken gemildert werden. Daher scheint es entscheidend zu sein, die Einhaltung der KI-VO für EU-Anbieter und -Betreiber zu vereinfachen, insbesondere durch die Vermeidung unnötiger Bürokratie, die Klärung rechtlicher Unsicherheiten und die bessere Unterstützung von Innovationen im Bereich KI. Für mich sind die folgenden Schritte erforderlich, um die KI-VO zu einer echten Erfolgsgeschichte zu machen:
1. Harmonisierte technische Standards: Die Kommission sollte eine öffentliche Erklärung (z.B. eine Mitteilung oder einen Absatz im KI-Pakt) abgeben, dass die Arbeit an horizontalen und vertikalen Standards in CEN/ CENELEC, einschließlich derer für GPAI-Modelle, dringend beschleunigt werden muss und dass europäische Unternehmen ermutigt werden sollen, sich intensiv am Prozess zu beteiligen. Die Nutzung harmonisierter technischer Standards muss das Hauptwerkzeug zur Einhaltung der KI-VO für europäische KMU, einschließlich Start-ups, sein, da dies die Einhaltungskosten im Rahmen der KI-VO erheblich reduzieren würde.
2. Rechtssicherheit mit harmonisierten Richtlinien, Mustervertragsbedingungen und Vorlagen: Um bestimmte unklare oder sogar widersprüchliche Elemente der KI-VO anzusprechen und zu spezifizieren, sollte die Kommission ihre Verpflichtung erfüllen, die Richtlinien für Art. 6 Abs. 5 so bald wie möglich, aber mindestens sechs Monate vor dem entsprechenden Inkrafttreten der KI-VO bereitzustellen. Dieselbe Frist sollte für die Richtlinien in Art. 82, die QMS-Richtlinie (ErwG 81 / Art. 63), die Mustervertragsbedingungen in Art. 25 Abs. 4, die FRIA-Vorlage (ErwG 96 / Art. 27 Abs. 5), die Urheberrechtsvorlage (ErwG 104, Art. 50 Abs. 7) und die KMU-Vorlagen (ErwG 109, Art. 62) gelten. Durch die Bereitstellung dieser Art von sekundärer Gesetzgebung wird die Kommission sicherstellen, dass es eine gemeinsame Auslegung der KI-VO im Binnenmarkt gibt, und gewährleisten, dass die Verordnung innovationsfreundlich umgesetzt wird.
3. Rechtliche Überschneidungen: Die Kommission sollte eine gründliche Lückenanalyse durchführen und Widersprüche und Überschneidungen zwischen der KI-VO und anderen horizontalen oder sektoralen Gesetzen identifizieren. Sie sollte dann eine Mitteilung herausgeben, in der sie das Verhältnis zwischen diesen Gesetzen klärt (d.h. lex specialis, lex generalis und ergänzende Gesetze). Die Expertengruppe zusammen mit den Mitgliedstaaten, wie von der Kommission in ihrer COREPER-Erklärung erläutert, soll dabei eine führende Rolle spielen.
4. Überschneidungen in der Governance: Die Kommission sollte eine eingehende Bewertung der Beziehung zwischen den Governance-Gremien der KI-VO und den bestehenden Governance-Gremien auf EU- und Mitgliedstaatenebene, einschließlich der sektoralen Governance-Gremien, durchführen. Sie sollte dann eine Mitteilung herausgeben, in der sie klärt, welches Governance-Gremium die federführende Behörde ist und wie die verschiedenen Gremien zusammenarbeiten sollten.
5. Konzept für KI-Reallabore: Die Kommission sollte sofort mit der Ausarbeitung von Durchführungsakten gem. Art. 57 beginnen mit dem Ziel, gemeinsame Grundsätze für die Teilnahme an einem KI-Reallabor zu bieten. Sie sollte auch, basierend auf einem umfassenden strategischen Konzept, die Schaffung von branchen- und sektorspezifischen KI-Reallaboren fördern, anstatt mehrere, aber sehr ähnliche nationale KI-Reallabore zu haben, die miteinander konkurrieren.
6. Einfache Compliance für KMU: Kleinere Marktteilnehmer in der EU können sich hohe ComplianceKosten nicht leisten, insbesondere wenn wir wollen, dass sie global wettbewerbsfähig sind. Die Kommission sollte daher in enger Zusammenarbeit mit den relevanten Stakeholdern ein Tool entwickeln, das es KI-Unternehmen ermöglicht, ihre Compliance mit der KI-VO selbst zu überprüfen, ohne auf teure Drittanbieter-Audits oder -Zertifizierungen zurückgreifen zu müssen. Die Ergebnisse des Compliance-Tools sollen KMU, einschließlich Start-ups, eine Vermutung der Konformität geben.
7. Trainingsdaten und der Zugang zu hochwertigen Datensätzen: Die KI-VO adressiert nicht die beiden miteinander verbundenen Hauptprobleme der EUKI-Entwickler an, nämlich (a) wie sie ihre KI-Systeme trainieren können, ohne Datenschutz-, Urheberrechts- oder Persönlichkeitsrechte zu verletzen, und (b) wie sie Zugang zu hochwertigen Datensätzen erhalten können. Die Kommission sollte spezifische Richtlinien bereitstellen, die beide Hindernisse für EU-KI-Entwickler adressieren, insbesondere indem sie die relevanten Regeln in verschiedenen EU-Gesetzen zusammenfasst (d.h. KI-VO, DS-GVO, Data Act, DGA, Urheberrechtsrichtlinie). Diese Zusammenfassung sollte durch harmonisierte Verfahren (d.h. Kontaktpunkte, Fristen), gemeinsame Auslegungen (d.h. wie anonymisieren, pseudonymisieren oder synthetische Daten verwenden) und ein neues Verständnis von Art. 6 Abs. 4 DS-GVO in Bezug auf die Schulung von Algorithmen und ihren Datensätzen (d.h. Überdenken der Zweckbindung; Reduzierung der Schwerpunktsetzung auf ‚Zustimmung‘ und die Informationspflicht; Maßnahmen zur Minimierung von Bürokratie) ergänzt werden.
8. Konkrete Strategie für ‚Innovation in KI‘: Die jüngste Mitteilung über ‚KI-Start-up und Innovation‘ ist eher vage und verpasst die Chance, die wenigen Innovationsaspekte der KI-VO (d.h. Regulierungs-Reallabore, Tests in der realen Welt) mit konkreten praktischen Maßnahmen zu verknüpfen. Darüber hinaus erklärt sie nicht, welche Rolle die neue EU-Governance-Struktur (d.h. KI-Büro, KI-Rat) bei der Förderung von Innovationen in KI spielen kann. Daher sollte die Kommission eine umfassende KI-Roadmap für die EU mit konkreten Investitionssummen, Strategien zur Anziehung von mehr Risikokapital und Themen, die bisher in den regulatorischen Debatten über KI keine Rolle gespielt haben (d.h. Nutzung von Synergien mit dem Green Deal, militärische Nutzung von KI), vorlegen und dabei die AIDA-Roadmap des Europäischen Parlaments berücksichtigen. Die bevorstehenden politischen Diskussionen über den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) sollen die neuen Ausgaben für das KI-Büro, die Regulierungs-Reallabore und die HPC-Kapazitäten berücksichtigen. Insbesondere muss das Budget des Programms „Digitales Europa“ erheblich erhöht werden.
9. Talente für das KI-Büro gewinnen: Die Governance der KI-VO wird nur mit einem ausreichend besetzten KI-Büro funktionieren. Für die 80 externen Stellen soll die Kommission angemessene Gehälter bieten, um echte KI-Experten anzuziehen und damit eine ausgewogene Mischung von Nationalitäten, Hintergründen und Fachkenntnissen zu gewährleisten. Für die 20 internen Stellen sollen Mitarbeiter der Generaldirektion Wettbewerb (GD COMP) in signifikanter Zahl einbezogen werden. Darüber hinaus soll das KI-Büro eng mit der Durchsetzungseinheit der DSA/DMA zusammenarbeiten.
10. Strafen: Die Kommission sollte die Verhängung von Bußgeldern nach Art. 99 auf EU- und Mitgliedstaatenebene aussetzen und die Mitgliedstaaten ermutigen, dies zu tun, bis alle vorherigen neun Schritte erfüllt sind und ein ausreichendes Maß an Rechtssicherheit hinsichtlich der Verpflichtungen der KI-VO für Anbieter und Betreiber hergestellt ist.