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Editorial : Alles auf Deutsch : aus der RDV 4/2016, Seite 171 bis 172

Lesezeit 2 Min.

Buchbesprechungen stehen in der Regel auf den letzten Seiten der RDV. Heute aber einmal eine Ausnahme. Es geht um das soeben bei Riders Digest erschiene Computerlexikon „Alles auf Deutsch.“ Auf 288 Seiten werden die 777 wichtigsten Computerbegriffe erläutert: und alles auf Deutsch. Wenn man es liest, wird einem erst bewusst, wie die Digitalisierung unseres Lebens auch unsere Sprache verenglischt. Englische oder eher amerikanische Begriffe fließen in den Sprachgebrauch ein, weil Englisch quasi „Amtssprache“ im IT-Bereich ist und keiner auf den Gedanken kommt, über einen deutschen Begriff nachzudenken oder ihn anzuwenden. Englische Begriffe zu digitalen Produkten und Entwicklungen dominieren die Sprache, und die Mehrzahl versteht sie nicht.

Dabei geht es nicht darum, dass man sich fragen mag, was „Spam“ mit amerikanischen Dosenfleisch zu tun hat; warum „Phishing“ kein Angelsport ist, warum ein „Hotspot“ keine Wärme erzeugt oder warum ein „Cookie“ kein Keks ist. Die (auch das) „EMail“ steht für electronic mail und könnte auch simpel E-Post heißen. Wer denkt bei „Firewall“ an eine Brandschutzmauer oder dass „online“ heißt „auf Leitung“ sein.

Vielmehr ist bemerkenswert, dass, wie eine aktuelle Umfrage belegt, diese Sprachwelt von der Mehrzahl nicht beherrscht wird. Von den abgefragten Begriffen hatte „Social Media“ den höchsten Bekanntheitsgrad. Immerhin 64 Prozent der Befragten konnten mit dem Wort etwas anfangen. 38 Prozent gelang sogar eine Beschreibung. Vom „Smart Home“ hatten 53 Prozent bereits gehört, ein Viertel der Antwortgeber hatte auch eine Definition parat. Eng verknüpft mit dem „Smart Home“ ist das „Internet der Dinge“, dessen Bekanntheitsgrad mit 21 Prozent deutlich geringer ist. Nur sieben Prozent hatten eine genauere Vorstellung davon, worum es sich dabei handelt. Dann sank der Bekanntheitsgrad. Obwohl Twitter eine vielzitierte Kommunikationsplattform, mit der auch die Bundeskanzlerin zum Volk spricht, ist, kannten nur 34 Prozent der Befragten die Begriffe „Tweet“ und „Re tweet“. 18 Prozent wussten konkret, worum es sich dabei handelt. Andererseits brauchen neue Begriffe ihre Zeit. Von den abgefragten Begriffen am wenigsten bekannt (13 Prozent) waren Wearables – das gilt per se für die Übersetzung dieses englischen Mischworts und auch für seinen Inhalt. Diesen wiederum wussten nur fünf Prozent der Befragten zu erläutern.

Die Verenglischung verleitet aber auch zum Verdenglischen, d.h. der Formulierung deutscher Begriffe in das weltmännerische und IT-synonyme Englisch. Es gibt englische Wörter, die Engländer und Amerikaner gar nicht kennen: Dressman und Showmaster oder Pullover beispielsweise. Auch das Wort Handy gilt als rein deutsche Erfindung. Zumindest wird es so erzählt. So soll die Bezeichnung Handy ihre Geburtsstunde in Deutschland gehabt haben. Den Ruhm des Erfinder gebührt danach dem Postbeamten Josef Kedaj, der 1988 in der Bonner Generaldirektion der Deutschen Bundespost den Vorschlag einer unbekannten Mitarbeiterin genehmigt haben soll, das praktische neue Ding, das die Telekom gerade einführen wollte, Handy zu taufen. Aber wie auch immer, es ist mittlerweile ein deutsches Wort, das sonst niemand für ein Mobiltelefon – man hätte es auch Mobi nennen können – verwendet.

Prof. Peter Gola

Prof. Peter Gola Mitherausgeber und federführender Schriftleiter der Fachzeitschrift RDV sowie Ehrenvorsitzender der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit (GDD) e.V., Bonn