18. GDD-Sommer-Workshop
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Bericht : BfDI: 5. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit vorgelegt : aus der RDV 4/2016, Seite 223 bis 225

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Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Andrea Voßhoff hat am 21. Juni ihren 5. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit für die Jahre 2014 und 2015 vorgelegt. Nach ihren Resumee wurde das Recht auf Informationszugang auch in den letzten beiden Jahren wiederum verstärkt genutzt. Mit 10 Jahren sei das IFG zwar immer noch vergleichsweise jung, aber es habe sich bereits behauptet und sich seinen Platz erobert.

Bei den Bundesbehörden gingen im Berichtszeitraum 18.049 IFG-Anträge ein. Dies ist eine deutliche Steigerung gegenüber den Jahren 2012/2013. Auch die Zahl der Eingaben, mit denen sich Antragsteller nach dem IFG mit der Bitte um Unterstützung oder mit allgemeinen Anfragen an die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wenden, ist weiter gestiegen.

Auch die Rechtsprechung hat in den letzten zwei Jahren erneut wichtige Beiträge für eine breitere Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes geleistet. So ist die Zahl der Anträge auf Zugang zu Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages signifikant gestiegen, nachdem das Bundesverwaltungsgericht am 25. Juni 2015 entschieden hatte, dass auch diese mandatsunterstützende Funktion als „Verwaltungstätigkeit“ im Sinne des IFG dem Informationszugang unterliegt.

Als ausgewählte Fälle aus dem 5. Tätigkeitsbericht werden aufgezeigt:

  • Das Ende einer langen Diskussion? Der Deutsche Bundestag muss Zugang zu Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste gewähren (Nr. 2.1.1)

Das Bundesverwaltungsgericht hat in letzter Instanz die Verwaltung des Deutschen Bundestages verpflichtet, Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste zugänglich zu machen. Das IFG sei auf die Tätigkeit der Wissenschaftlichen Dienste anwendbar, das Urheberrecht stehe einem Informationszugang nicht entgegen.

  • Keine personalisierten Informationen zur Anschaffung von Büromaterial für Abgeordnete (Nr. 2.1.2)

Das Bundesverwaltungsgericht sieht eine Verpflichtung des Bundestages, Zugang zu nicht-personalisierten Informationen zum sog. Sachmittelkonsum der Abgeordneten zu gewähren. Eine parallele Klage auf Zugang zu personalisierten Informationen zur Beschaffung von Büroausstattung blieb dagegen auch in der dritten Instanz erfolglos. Bei der Beschaffung von Büromaterial für Abgeordnete und ihre Mitarbeiter handelt es sich zwar um eine Verwaltungsaufgabe, so dass das IFG grundsätzlich anwendbar ist. Der Zugang zu den personalisierten Informationen ist jedoch ausgeschlossen, da es sich hierbei um solche handelt, die mit dem Mandat der Abgeordneten in Zusammenhang stehen. Insoweit ist der Informationszugang durch § 5 Abs. 2 IFG ausgeschlossen.

  • Recht auf Aktualitätsvorsprung beim Informationszugang von Journalisten? (Nr. 2.1.8)

Die Neutralitätspflicht des Staates gebietet es nicht, bei mehreren Anträgen auf Informationszugang zu einem bestimmten Themenkomplex dem ersten Antragsteller einen Aktualitätsvorsprung gegenüber späteren Antragstellern einzuräumen. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte über die Klage eines Journalisten zu entscheiden, ob sein inhaltlich ähnlicher, jedoch zeitlich früherer IFG-Antrag vor dem eines Kollegen zu bescheiden gewesen wäre, um ihm einen Vorsprung bei der Veröffentlichung seines Beitrags zu gewähren. Dies hat das VG verneint.

  • Informationszugang zu den Telefonlisten von Jobcentern? (Nr. 2.1.15)

Die Frage, ob Jobcenter die Telefonverzeichnisse ihrer Beschäftigten öffentlich machen müssen, ist auch in der Rechtsprechung umstritten. Nachdem mehrere Verwaltungsgerichte den Anspruch auf Zugang zu den kompletten Telefonlisten von Jobcentern bejaht hatten, haben nun die zwei Oberverwaltungsgerichte Berlin Brandenburg und Nordrhein-Westfalen sowie der Bayerische VGH anders entschieden und einen Anspruch aus unterschiedlichen Gründen verneint. Die Revisionsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts steht noch aus.

  • Informationsfreiheit gegen Steuer- und Zollgeheimnis (Nr. 4.3.1): In Zolllagern können Waren zollfrei gelagert werden

Zollrechtlich sind diese damit gewissermaßen „Ausland“. Ein Bürger stellte unter Berufung auf das IFG beim Hauptzollamt Hamburg-Hafen Fragen zu einem für das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie eingerichteten Zolllager. Der IFG-Antrag wurde von der damaligen Bundesfinanzdirektion Nord sehr kurz und ohne weitere Begründung zurückgewiesen, „da einer Auskunft die Regelung des § 3 Nummer 4 IFG entgegensteht.“

Hier war weder für den Antragsteller noch für meine Mitarbeiter erkennbar, durch welche steuer- oder zollrechtliche Regelung eines Amtsgeheimnisses hier i.V.m. § 3 Nr. 4 IFG der Informationszugang ausgeschlossen sein sollte. Der Bescheid wies damit ein deutliches Begründungsdefizit auf, das nicht allgemeine Praxis werden sollte. Erst in ihrer Stellungnahme mir gegenüber berief sich die Behörde mit knappen Worten auf das Steuergeheimnis (§ 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a Abgabenordnung). Die „Beantragung eines Zolllagers bei der Bundeszollverwaltung“ sei „zweifellos ein (…) Verwaltungsverfahren, das dem Steuergeheimnis unterliegt.“ Auch das war m.E. noch keine überzeugende Begründung. Weshalb hier „zweifellos“ das Steuergeheimnis und nicht das gemeinschaftsrechtlich begründete, in Art. 15 des so genannten Zollkodex geregelte Zollgeheimnis i.V.m § 3 Nummer 4 IFG den Informationszugang ausschließen sollte, wurde im Bescheid nicht angesprochen, obwohl die Abgrenzung der Anwendungs- und Schutzbereiche der beiden Vorschriften auch Fachleuten nicht schon auf den ersten Blick klar sein dürfte.

  • BVS verliert Klageverfahren (Nr. 4.3.4)

Mit bemerkenswerter juristischer Phantasie, aber letztlich erfolglos versuchte die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BVS) einen IFG-Antrag abzuwehren. In einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren wegen des Zugangs zu Unterlagen nach dem IFG war die BVS u.a. der Auffassung, sie könne diesen wegen der anwaltlichen Schweigepflicht ihrer eigenen Anwälte nicht gewähren. Das Verwaltungsgericht teilte hier meine Bedenken und hat die BVS zur Zugangsgewährung verpflichtet.

  • Gebühren – noch immer ein Thema (Nr. 4.3.6)

Ein Petent beantragte Einsicht in die Aufsichtsakten der BaFin. Nach Vorbereitung, aber noch vor Gewährung der Einsicht in die umfangreichen Unterlagen machte die BaFin eine Gebühr von 60 Euro für die Bereitstellung der Informationen und die Unkenntlichmachung schutzwürdiger Aktenbestandteile geltend. Hier war zu prüfen, ob ein Vorschuss i.S.d. § 15 BGebG für eine noch zu erbringende antragsgebundene Leistung von der BaFingefordert werden durfte oder – jedenfalls die bereits durchgeführten – Vorbereitungsmaßnahmen als „individuell zurechenbare öffentliche Leistung(en)“ i.S.d. § 10 Abs. 1 IFG bereits vor der Akteneinsicht in Rechnung gestellt werden konnten. Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Haushaltsinteresses wie z.B. offene Gebührenforderungen aus anderen IFG-Verfahren oder Anzeichen für eine Zahlungsunfähigkeit konnte ich in diesem Fall nicht erkennen; die Voraussetzungen für einen Vorschuss waren hier also nicht gegeben. Solange der Informationszugang noch nicht gewährt und diese Leistung lediglich vorbereitet war, durften deshalb noch keine Gebühren festgesetzt und erhoben werden.

  • Die Protokolle der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (Nr. 4.13.1)

Auch das OVG Berlin-Brandenburg bestätigt den Informationszugang zu den Protokollen des Stiftungsrates und Vorstandes der Bundesstiftung. Die Stiftung berief sich u.a. darauf, dass nach ihrer Satzung die Teilnahme an den Sitzungen nur einem ausdrücklich genannten Kreis von Personen gestattet sei, und hat daher den Zugang zu den Protokollen wegen Vertraulichkeit abgelehnt. Auch das OVG hat im Rahmen der Entscheidung über die Zulassung der Berufung diese Rechtsauffassung abgelehnt.