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Kurzbeitrag : Aus den aktuellen Berichten der Aufsichtsbehörden (16): Datenschutz in der Schule : aus der RDV 6/2014, Seite 313 bis 315

Ausgewählt und kommentiert von Prof. Peter Gola, Königswinter*

Lesezeit 9 Min.

Für Schulen und Lehrer gilt, dass Kinder ebenso ein Recht auf Datenschutz haben wie Erwachsene. Da sie dieses Recht häufig noch nicht verstehen oder einfordern, ist die Schule umso mehr gefordert, zumal neue Verarbeitungsformen per Internet, Computer, Schulverwaltungs- und Zeugnisprogrammen oder elektronischen Klassenbüchern (hierzu BlnBDI, JB 2013, Zoff 12.1.2) praktiziert werden. So müssen es Schüler nicht akzeptieren, dass Noten von Klausurarbeiten offen verlesen oder Zeugnisse nach einer Rangliste ausgegeben werden (ThürLfDI, 10. TB, öffent. Bereich, Ziff. 13.7) – was natürlich nichts daran ändert, dass gute Leistungen auch gelobt werden dürfen.

I. Schüler- und Lehrerdaten im Internet

Als eine nicht zulässige Praxis bewertet der ThürLfDI (a.a.O. Ziff. 13.5), Vertretungspläne unter Nennung der Namen der Lehrkräfte und anderer Daten im Internet zu veröffentlichen. Zwar könne eine solche Vertretungsliste im Schulgebäude selbst zur Aufgabenerfüllung und internen Information ausgehängt werden, eine für jedermann zugängliche Internetveröffentlichung sei jedoch nicht erforderlich. Die Übermittlung personenbezogener Daten an private Stellen außerhalb der Schulöffentlichkeit ist nur gestattet, wenn die Lösung schulischer Aufgaben und Organisationsfragen sie gebietet. Daher ist es unverhältnismäßig, die gewünschte Information der Vertretungslehrer bzw. der Eltern mit der gleichzeitigen Informationsmöglichkeit für Unbefugte zu verbinden. Auch eine Einwilligung der betroffenen Lehrkräfte führt nicht weiter, da sie einen nicht notwendigen Zweck gestatten soll und aufgrund des beschäftigungsbedingten Abhängigkeitsverhältnisses ggf. nicht mit der gebotenen Freiwilligkeit erfolgt.

Nicht in das Internet gehören auch vertrauliche Information über Aussagen von Lehrern oder über das Abstimmungsverhalten in Schulgremien. Die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten durch schulische Gremien und deren Mitglieder richtet sich ggf. nach dem jeweiligen Schulgesetz und wäre auch nach dem Landesdatenschutzgesetz nur rechtmäßig, wenn sie zur Erfüllung der den Gremien zugewiesenen schulbezogenen Aufgaben erforderlich ist.

Dies ist hinsichtlich der Veröffentlichung von Daten über Lehrkräfte im Hinblick auf die Aufgaben eines Mitglieds der Schulkonferenz nicht gegeben und damit unzulässig; zumal die Mitglieder der Schulkonferenz in Angelegenheit der Gremienarbeit zur Verschwiegenheit verpflichtet sind (BlnBDI, JB 2013, Ziff. 12.1.5). Im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit möchten Schulen Ereignisse aus dem Schulleben publizieren, sei es in einer Schulzeitschrift, sei es auf der Homepage der Schule. Der bayerische LfD (25. TB, 2013, Ziff. 10.3) weist darauf hin, dass es hierfür grundsätzlich einer freiwilligen, informierten und schriftlichen Einwilligung der betroffenen Schüler, Eltern oder Lehrer bedarf. Eine gesetzliche Ausnahme gilt u.a. für den in Bayern geregelten papiergebundenen Jahresbericht (Art. 85 Abs. 3 BayEUG). Fotos sind in dem Katalog der dort zu veröffentlichten Daten nicht genannt und daher auch hier einwilligungspflichtig. Für die in der Regel bei jeder schulischen Veröffentlichung einzuholende Einwilligung hat der BayLfD verschiedene fallbezogene Muster-Einwilligungserklärungen entwickelt, die unter www.datenschutz-bayern.de unter der Rubrik „Themen“, Unterrubrik „Schulen“ abrufbar sind.

Auf Probleme stieß auch das Vorhaben einer privaten Ersatzschule in Berlin, die Daten ihrer Schüler und Lehrer von dem Anbieter einer US-amerikanischen Website verwalten zu lassen. Nach Auffassung des BlnBDI (JB 2013, Ziff. 12.1.3) ist die – trotz der faktischen Auftragsdatenverarbeitung – erfolgende Datenübermittlung in das Drittland USA nur zulässig bei Einwilligung der Betroffenen. An deren Freiwilligkeit fehlte es, da sie bei Schuleintritt im Zusammenhang mit dem Abschluss des Schulvertrages als conditio sine qua non eingeholt werden sollte. Zudem wurde die von dem US-Anbieter eingesetzte Software „engrade“ als zur Authentifizierung der zugriffberechtigten Lehrkräfte nicht ausreichend bewertet, da die Begrenzung des Zugriffsschutzes auf die Kombination aus Nutzername und Passwort für den Zugriffsschutz im Umfeld Schule nicht genüge. Insbesondere bei einer dezentralen Nutzung (über Rechner in den Unterrichtsräumen) hätten unbefugte Dritte (z.B. Schüler) durch Einsatz von Spionagesoftware leicht die Möglichkeit des Zugriffs auf das System. Ein Verzicht der Betroffenen auf höhere Sicherheitsanforderungen sei mit den zwingenden Vorgaben des Schulgesetzes unvereinbar.

II. Interne Vertraulichkeit

Die für die Fehlzeiten eines Schülers eingegangen Begründungen sind nur den Lehrern und Personen zugänglich zu machen, die die Angaben aus organisatorischen oder pädagogischen Gründen benötigen. Mitschüler zählen nicht hierzu. Ob diese Vertraulichkeit gewährleistet ist, wenn die Schule die Übermittlung der Entschuldigung per unverschlüsselter E-Mail vorgibt, wird vom LfD Baden-Württemberg (31. TB, 2012/2013, Ziff. 8.2.5) in Frage gestellt, wobei hier auch der Identität des Absenders nicht immer vertraut werden könne. Zu regeln ist die sichere Aufbewahrung der Entschuldigungen und deren Löschung. Sollten Fehlzeiten Ausfluss auf die Notenbildung haben, so ist die Speicherung bis zur Bestandskraft des Zeugnisses erforderlich.

Fehlt ein Schüler unentschuldigt, so sollen im Rahmen eines Pilotprojekts an Berliner Schulen die Eltern direkt aus dem Klassenzimmer per SMS unmittelbar darüber informiert werden. Mit dem BlnBDI (JB 013, Ziff. 12.1.2) wurde hierüber Einvernehmen erzielt, nachdem eine „neutrale“ Formulierung der Benachrichtigung gewählt wurde. Der BDI hatte geltend gemacht, dass bei der Versendung der SMS nicht festgestellt werden kann, wer das Handy gerade (physisch) in Besitz hat und die Information zur Kenntnis nimmt.

Wechselt ein Schüler z.B. im Folge eines Umzugs die Schule, so darf (vgl. z.B. § 115 Abs. 3 SchulG B.-W.) die aufnehmende Schule die zu Verwaltungszwecken notwendigen Daten bei der abgebenden Stelle erheben, was deren Befugnis zur Übermittlung indiziert. Daten, die zur Aufgabenerfüllung der neuen Schule nicht erforderlich sind, dürfen nur mit Einwilligung des Erziehungsberechtigten weitergegeben werden (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 LDSG-BW). Das gilt beispielsweise für die Grundschulempfehlung zum Besuch weiterführender Schulen (LfD Bad.-Würt. 31. TB, 2012/2013, Ziff. 8.2.6).

Gestattet eine Schule Dritten (z.B. Krankenkasse, Bank) im Rahmen ihres pädagogischen Konzepts die Durchführung einer Informationsveranstaltung, so muss sie sicherstellen, dass die Veranstaltung nicht dazu genutzt wird, Schülerdaten zu werblichen Zwecken zu erheben (LDA Brandenburg, TB, 2012/2013, Ziff. 13.3).

III. Soziale Netzwerke im Schulbetrieb

Ob im Schulbetrieb oder in der Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern Facebook oder andere soziale Netze zum Einsatz kommen dürfen, ist Gegenstand fast aller aktuellen Tätigkeitsberichte. Dabei werden verschiedene Facetten beleuchtet, wobei jedoch die Vereinbarkeit mit dem Datenschutz generell in Frage steht. So ist nach dem HmbBfDI (24. TB, 2012/2013, Ziff. 7.2) die Nutzung von sozialen Medien zur Verarbeitung personenbezogener Daten zu dienstlichen Zwecken nach dem Landesdatenschutzgesetz verboten (ebensoBlnBDI, JB 2013, Ziff. 12.1.1. oder LfDI Rheinl.-Pfalz, 24. Bericht, 2012/2013, Ziff. 6.1.1). Selbst wenn man deutsches Datenschutzrecht aufgrund des Hauptsitzes des Netzwerkanbieters im Ausland für nicht anwendbar ansieht, so greifen die Gesetze, die das Lehrer-Schülerverhältnis regeln (vgl. für Mecklenburg-Vorpommern, LfDI, TB 2012/2013, Ziff. 6.9.6). In Baden-Württemberg besteht sogar ein ministerielles Verbot, gleiches gilt für Bayern und Schleswig-Holstein (vgl. bei BlnBDI, TB 2013, Ziff. 12.1.1). Weiterhin möglich bleibt jedoch die Verwendung von Facebook bei der Behandlung des Themas im Unterricht zu Demonstrationszwecken (LfD Bad.-Würt. 31. TB, 2012/2013, Ziff. 8.2.7).

IV. Schulbedingte Kommunikation per Facebook

Im schulischen Alltag besteht für Lehrkräfte ggf. das Erfordernis, mit Schülern auch nach dem Unterricht noch in schulischen Angelegenheiten zu kommunizieren. Dafür steht den Schulen teilweise eigene Software zur Verfügung. Eine Nutzung von Facebook zur Schüler-Lehrer-Kommunikation ist jedoch datenschutzrechtlich aus folgenden Gründen nicht gestattet: Abgestellt wird zunächst auf eine Verletzung des Grundsatzes der Erforderlichkeit, da der Einsatz von Facebook für Unterrichtszwecke nicht zur Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrages der Schule geboten ist; ferner liegt ein Verstoß gegen die Bestimmungen zum technisch organisatorischen Datenschutz vor, da die Datensicherheit bei einer Datenverarbeitung in den USA nicht sichergestellt werden kann; die Lehrkräfte können nicht gewährleisten, dass die personenbezogenen Verkehrs- und Inhaltsdaten der Kommunikation vertraulich bleiben, da das Geschäftsmodell des Unternehmens darauf ausgerichtet ist, die Informationen aus dem Kommunikations- und Nutzungsverhalten der jugendlichen Mitglieder zu vermarkten. Würde eine Schule Facebook als Lernplattform nutzen, würde ferner gegen die Bestimmungen zur Auftragsdatenverarbeitung und zum Telemedienschutz verstoßen.

V. Facebook-Freundschaften zwischen Lehrkräften und Schülern

Wenn eine Lehrkraft über einen eigenen privaten Facebook-Account verfügt, stellt sich die Frage, ob sie sich mit den Schülern im Sinne der Facebook-Terminologie „befreunden“ darf. Die Aufsichtsbehörden verneinen dies zu Recht (vgl. LfDI M.-V., a.a.O., Ziff. 6.9.6)

Anderenfalls hätte aus datenschutzrechtlicher Sicht, worauf der LfDI Rheinl.-Pfalz (a.a.O.) hinweist, eine Facebook-Freundschaft zur Folge, dass Lehrkräfte und Schüler wechselseitig Einblick in die jeweils anderen Profile und die dort hinterlegten Daten und Fotos erhalten. Sie könnten erfahren, wer, wann und auf welcher Webseite den Like Button betätigt hat, welche Nachricht auf einer „befreundeten“ Pinnwand gepostet wurde und was sonst noch aus dem realen Leben bei Facebook preisgegeben wird. Über die „benutzerdefinierten Freundeslisten“ könne man zwar die Zugriffsmöglichkeiten der FacebookFreunde in Bezug auf das eigene Profil einschränken; dies sei aber mit einem gewissen Aufwand verbunden und dürfte schon aus Bequemlichkeit in der Praxis kaum genutzt werden.

VI. Facebookkontakt aufgrund Einwilligung der Schüler

An der Problematik ändert sich nichts, wenn der Facebookkontakt auf „freiwilliger“ Basis geschieht. Der BlnBDI (a.a.O) weist zutreffend darauf hin, dass die Lehrkraft, ganz gleich, in welchem Zusammenhang sie mit ihren Schülern in Kontakt tritt, in der Regel immer auch eine Vertreterin der Schule bleibt. Die Schüler können sich daher nicht freiwillig für eine Freundschaft mit der Lehrkraft entscheiden, da für sie nicht auszuschließen ist, dass mit der Absage der Freundschaftsanfrage schulische Nachteile verbunden sind. Zudem würde der Schüler die Bedeutung und Tragweite seiner Einwilligung selten überblicken, da bei großen sozialen Netzwerken Datenverarbeitungsvorgänge komplex, unvollständig und weitgehend unverständlich dargestellt werden (vgl. LfDI M.-V. Ziff. 6.9.6), wobei dieser fehlende Überblick bei einer Einholung der Einwilligung bei den Eltern kaum anders wäre.

Bei Freundschaftsanfragen durch Schüler besteht, wie der LfDI Rheinl.-Pfalz (a.a.O.) anführt, umgekehrt für die Lehrkraft das Problem der Ungleichbehandlung und die Gefahr, dass die gebotene Trennung zwischen schulischen und privaten Angelegenheiten unterlaufen wird. Darüber hinaus könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Facebook-Nutzung durch Lehrkräfte Schüler überhaupt erst zu einer Facebook-Mitgliedschaft veranlasst, an Facebook bindet oder den Entschluss, das Angebot von Facebook nicht mehr zu nutzen, erschwert.

Letztendlich ist es mit dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule nicht zu vereinbaren, wenn das Geschäftsmodell von Facebook – „Verkauf“ persönlicher Daten für kommerzielle Zwecke – durch die Institution Schule und ihre Repräsentanten zumindest indirekt unterstützt wird.

VII. Schülerfoto auf dem Lehrermobiltelefon

Einem Lehrer, der eine neue Klasse übernimmt, mag ein Sitzplan mit Namen und Fotos der Schüler die Arbeit zum Einstieg erleichtern. Gleichwohl ist er nicht befugt, hierzu auf seinem privaten Mobiltelefon Portraitfotos der Klasse zu machen. Der LfDI Rheinl.-Pfalz (a.a.O, Ziff. III-6.1.5) verneint einerseits die nötige „Erforderlichkeit für die Erfüllung schulischer Aufgaben (§ 67 Abs. 1 SchulG)“ und sieht zudem in dem Fall keine Befugnis zur Speicherung der Fotos auf dem privaten Handy.

VIII. Videokameraattrappen auf der Mädchentoilette

Auch an Schulen bestehen „höchstpersönliche Bereiche der Privat- und Intimsphäre“ wie z.B. Toiletten, Duschen oder Umkleideräume. Sie sind zwar nicht der Kontrolle der Schule entzogen, eine Überwachung durch Videokameras ist jedoch generell unzulässig. Daran würde sich auch nichts ändern, dass die Elternschaft der Maßnahme zustimmt. Gleiches gilt für den Einsatz von Videoattrappen (ThürLfDI, 10. TB öffentl. Bereich, 2012/2013, Ziff. 13.6)

* Der Autor ist Ehrenvorsitzender der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit e.V., Bonn.