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Urteil : Videoüberwachung des Verkaufsraums einer Apotheke : aus der RDV 2/2018, Seite 103 bis 109

(Oberverwaltungsgericht Saarlouis, Urteil vom 14. Dezember 2017 – 2 A 662/17 –)

Archiv RDV
Lesezeit 29 Min.
  1. Die Videoüberwachung des Verkaufsraums einer Apotheke kann zur Wahrnehmung des Hausrechts (§ 6b Abs. 1 Nr. 2 BDSG) und zur Wahrnehmung berechtigter Interessen nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG erforderlich sein.
  2. Der Grad der Anforderungen an die Bestimmtheit und Vollständigkeit der Einwilligungserklärung nach § 4a Abs. 1 BDSG ist im Einzelfall abhängig von der Sensibilität der erhobenen Daten und der Eingriffstiefe in die Rechte der Betroffenen.

Sachverhalt:

Die Beteiligten streiten um die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Videoüberwachung von Räumlichkeiten einer Apotheke in A-Stadt.

Der Kläger ist seit 2007 Eigentümer und Betreiber der S. in A-Stadt und beschäftigt dort derzeit 27 Mitarbeiter. Neben dem Verkaufsraum befinden sich ein Lager mit Medikamentenschränken und daran anschließend eine Schleuse für Medikamentenlieferungen, eine Rezeptur, ein Personalraum, ein Büro, ein Labor sowie eine Treppe zum Keller, wo sich ein Notausgang befindet.

Nach erneuter Anhörung gab der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 30.7.2014 gemäß § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG auf, die Videoüberwachung in dem Verkaufsraum (der Offizin) der S. während der Öffnungszeiten der Apotheke unverzüglich, allerdings spätestens zwei Wochen nach Eintritt der Bestandskraft, einzustellen und binnen dieser Frist die ergriffenen Maßnahmen mitzuteilen (Anordnung Nr. 1). Des Weiteren wurde dem Kläger aufgegeben, die Videoüberwachung an dem Betäubungsmittelschrank der S. während der Öffnungszeiten der Apotheke unverzüglich, allerdings spätestens zwei Wochen nach Eintritt der Bestandskraft, einzustellen und binnen dieser Frist die ergriffenen Maßnahmen mitzuteilen (Anordnung Nr. 2). Für den Fall, dass der Kläger den Anordnungen nicht innerhalb der genannten Frist nachkommt, wurde ihm unabhängig voneinander jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,– Euro angedroht sowie aufschiebend bedingt festgesetzt.

Hiergegen hat der Kläger am 1.9.2014 (einem Montag) Klage erhoben. Während des gerichtlichen Verfahrens änderte er den Erfassungsbereich der (drei) Überwachungskameras im Verkaufsraum, so dass lediglich der Freiwahlbereich und die Eingangstüren, nicht aber weiterhin die Medikamentenabgabe am Tresen erfasst werden, und legte jeweils eine von 18 Mitarbeitern eigenhändig unterschriebene „Einwilligungserklärung zum Betrieb der vorhandenen Videoanlage“ vom 3.8.2015 folgenden Wortlauts vor:

„Wir, die Unterzeichner, sind Mitarbeiter der S., Inhaber Ba. e.K., A-Straße, A-Stadt, und hatten in der Vergangenheit bereits unser Einverständnis zur Aufstellung und Nutzung der 5 Überwachungskameras erteilt.

Über den Streitstand mit der Datenschutzbehörde sind wir informiert.

Der gegenwärtige Standort der Kameras und deren Ausrichtung in Festposition sind uns ebenso bekannt wie die von diesen gefertigten Bildschirmbilder und die Gründe für die Kameraaufstellung.

Wir sind sowohl mit der Aufstellung der Kameras als auch mit der davon ausgehenden Bildschirmaufnahme und kurzfristigen Speicherung einverstanden.“

Der Kläger hat beantragt, die Anordnung des Beklagten vom 30.7.2014 aufzuheben.

Mit Urteil vom 29.1.2016 – 1 K 1122/14 – hat das Verwaltungsgericht des Saarlandes die Anordnung des Beklagten vom 30.7.2014 insoweit aufgehoben, als sie die Videoüberwachung an dem Betäubungsmittelschrank betrifft (Anordnung Nr. 2), und die Klage im Übrigen abgewiesen (bzgl. der Anordnung Nr. 1).

Aus den Gründen:

Die gegenläufigen Berufungen der Beteiligten sind zulässig. Das Rechtsmittel des Klägers hat auch in der Sache Erfolg (1.), wohingegen die Berufung des Beklagten unbegründet ist (2.).

Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich, da es sich bei der datenschutzrechtlichen Anordnung des Beklagten, mit der dem Kläger die Unterlassung einer Videoüberwachung aufgegeben wird, um einen Dauerverwaltungsakt handelt. Maßgeblich ist daher das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.1.2003 (BGBl. I S. 66), das zuletzt durch Artikel 10 Absatz 2 des Gesetzes vom 31.10.2017 (BGBl. I S. 3618) geändert worden ist.

Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Anordnungen des Beklagten vom 30.7.2014 ist § 38 Abs. 5 S. 1 BDSG. Danach kann der Beklagte als die gemäß den §§ 38 Abs. 6 BDSG, 28a Abs. 1 S. 1 SDSG sowie § 3 Abs. 1 SVwVfG zuständige Aufsichtsbehörde zur Gewährleistung der Einhaltung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer Vorschriften über den Datenschutz Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter Verstöße bei der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten oder technischer oder organisatorischer Mängel anordnen. Dies kann trotz des unterschiedlichen Wortlautes der Sätze 1 und 2 des § 38 Abs. 5 BDSG auch die vorliegend in Rede stehende Untersagung von Datenverarbeitungsverfahren umfassen.

Die Voraussetzungen des § 38 Abs. 5 S. 1 BDSG liegen nicht vor. Die Verwendung der im Verkaufsraum (Offizin) angebrachten Überwachungsgeräte durch den Kläger (Anordnung Nr. 1) genügt den gesetzlichen Vorgaben zur Verarbeitung personenbezogener Daten. Auch hinsichtlich der vor dem Betäubungsmittelschrank angebrachten Kamera (Nr. 2 der Anordnung) liegt eine Verletzung von datenschutzrechtlichen Vorschriften nicht vor. Die streitgegenständliche Verfügung des Beklagten vom 30.7.2014 ist daher insgesamt rechtswidrig und aufzuheben.

Der Anwendungsbereich der aufsichtsbehördlichen Befugnisse ist vorliegend gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG eröffnet, denn die von den in der Apotheke des Klägers angebrachten Kameras erfassten Bildaufnahmen enthalten personenbezogene Daten gemäß § 3 Abs. 1 BDSG. Unter den Begriff des Verarbeitens fällt auch das Speichern personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 4 S. 1 BDSG), worunter das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren personenbezogener Daten auf einem Datenträger zum Zweck ihrer weiteren Verarbeitung oder Nutzung zu verstehen ist (§ 3 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 BDSG). Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass der Kläger seit längerem keine Speicherung der Aufzeichnungen mehr vornimmt und gegenwärtig auch aus technischen Gründen an der Speicherung der Daten gehindert ist, denn er hat anlässlich der Ortsbesichtigung des Senats am 14.12.2017 erklärt, er beabsichtige die Anlage im Fall des Erfolges seiner Klage wieder in Betrieb zu nehmen. Der Kläger bezweckt daher nach Behebung des Zugangsproblems eine weitere Verarbeitung oder Nutzung (§ 3 Abs. 5 BDSG) der Daten, denn er verfolgt mit der Videoaufzeichnung den Zweck, Diebstähle abzuwehren bzw. festzustellen.

Die Zulässigkeit einer Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung richtet sich nach § 4 Abs. 1 BDSG. Danach sind die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt).

1. Die Berufung des Klägers ist begründet, denn der Einsatz der Verkaufsraumkameras ist durch § 6b Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 BDSG gerechtfertigt.

Wie die Ortsbesichtigung gezeigt hat, wird mittels der oberhalb der Verkaufstheken unter der Decke angebrachten drei Überwachungskameras der Verkaufsraum der von dem Kläger betriebenen Apotheke als öffentlich zugänglicher Raum (vgl. zur Definition: Becker, in: Plath, BDSG/DS-GVO, Kommentar, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG, Rdnr. 9) beobachtet, denn dieser steht dem Publikumsverkehr zur Verfügung und kann während der Öffnungszeiten grundsätzlich von jedermann betreten werden.

Nach § 6b Abs. 1 BDSG ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) durch nicht öffentliche Stellen (§ 2 Abs. 4 S. 1 BDSG) nur zulässig, soweit sie zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.

Die Videoüberwachung des Verkaufsraumes, mit der sich der Kläger davor schützen möchte, dass in seinem Verkaufsraum Waren gestohlen werden, ist ein Fall der Wahrnehmung des Hausrechts im Sinne von § 6b Abs. 1 Nr. 2 BDSG und dient zugleich der Wahrnehmung berechtigter Interessen i.S.v. § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG. Der Begriff des Hausrechts wird weder in § 6b BDSG noch in den Datenschutzgesetzen der Bundesländer definiert. Dieser Begriff wird von Rechtsprechung und Literatur ganz überwiegend in einem umfassenden Sinne verstanden und ist daher weit auszulegen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 8.5.2009 – 16 A 3375/07 –, juris; Becker, in: Plath, BDSG/DS-GVO, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG, Rdnr. 16) und nicht lediglich im Sinne einer Zugangskontrolle oder als Schutz gegen Hausfriedensbruch (§ 123 StGB), sondern als ein umfassendes Bestimmungs-, Abwehr- und Sicherungsrecht in Bezug auf befriedetes Besitztum oder andere Räume, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, zu verstehen. Der Inhaber des Hausrechts ist befugt, die zum Schutz des Objekts und zur Abwehr unbefugten Betretens erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Dazu zählt auch die Beweissicherung mittels Videoüberwachung zum Schutz des Eigentums des Klägers.

Allerdings sind von der Videoüberwachung im Verkaufsraum nicht nur die Kunden, sondern auch die Beschäftigten des Klägers betroffen. Zwar war anlässlich der Ortsbesichtigung festzustellen, dass die dort befindlichen Kameras so ausgerichtet sind, dass sie nur den Raum vor dem Verkaufstresen erfassen, während sich die Angestellten des Klägers regelmäßig hinter dem Tresen aufhalten. Jedoch ist anzunehmen, dass diese sich zumindest kurzzeitig auch im eigentlichen Verkaufsraum und damit im Überwachungsbereich aufhalten, sei es, um die Türen zu Geschäftsbeginn zu öffnen oder zu Geschäftsende zu verschließen oder sich im Beratungsgespräch mit Kunden durch die Apotheke zu bewegen. Bei der Videoüberwachung von Mitarbeitern in öffentlich zugänglichen Räumen wird § 6b BDSG indessen als lex specialis gegenüber § 32 BDSG, der eine allgemeine Regelung zum Schutz personenbezogener Daten von Beschäftigten enthält, angesehen (vgl. Becker, in: Plath, BDSG/ DS-GVO, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG, Rdnr. 47). Da vorliegend sowohl die Wahrnehmung des Hausrechts als auch der Auffangtatbestand der Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG) – was im Folgenden ausgeführt wird – in Betracht kommt, kann insoweit offen bleiben, ob die – jedenfalls partielle – Überwachung auch von Arbeitnehmern, die sich berechtigterweise im Überwachungsbereich aufhalten, überhaupt mit einer Wahrnehmung des Hausrechts gerechtfertigt werden kann oder ob insoweit auf den Tatbestand der Wahrnehmung berechtigter Interessen zurückzugreifen ist (vgl. Becker, in: Plath, BDSG/DS-GVO, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG, Rdnr. 16).

Der Kläger kann sich zusätzlich auf den Tatbestand der Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke gemäß § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG berufen. Im Ausgangspunkt genügt grundsätzlich jedes rechtliche, wirtschaftliche oder ideelle Interesse (OVG Lüneburg, Urteil vom 29.9.2014, 11 LC 114/13, juris; Becker, in: Plath, BDSG/DS-GVO, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG, Rdnr. 17; Onstein, in: Auernhammer, DS-GVO/BDSG, Kommentar, 5. Aufl. 2017, § 6b Rdnr. 33). Allerdings muss das Interesse objektiv begründbar sein und sich aus einer konkreten Gefahrenlage heraus ergeben. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger hat – vom Beklagten insoweit unbestritten – dargelegt, dass bereits beim Erwerb der Apotheke von einem Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ein außergewöhnlich hoher Schwund und eine schlechte Ertragslage festgestellt worden ist, was den Schluss auf Diebstähle zugelassen hat. Im Jahr 2011 war außerdem eine Lagerdifferenz in Höhe von etwa 44.000 Euro zu verzeichnen, obwohl alle Kontrollmechanismen einen derartigen Verlust nicht ausgewiesen hatten. Diese Differenz liegt nach Angaben des Klägers über dem für Apotheken üblichen Normbereich. Anlässlich der Ortsbesichtigung des Senats war festzustellen, dass sich in dem im Verkaufsraum befindlichen Selbstbedienungsbereich überwiegend Regale mit Produkten mit geringem Volumen wie bspw. Kosmetika uä. befinden, die, wie der Kläger es formulierte, leicht „abgeräumt“ werden können. Vor diesem Hintergrund teilt der Senat die Bedenken des Verwaltungsgerichts und des Beklagten an dem Vorliegen einer konkreten Gefährdungslage nicht. Eine objektive Begründbarkeit des berechtigten Interesses des Klägers i.S.v. § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG liegt damit vor.

Die vom Kläger durchgeführte Videoüberwachung ist auch für die Wahrnehmung des Hausrechts und seiner (sonstigen) berechtigten Interessen erforderlich. Entsprechend dem allgemeinen Begriffsverständnis der Erforderlichkeit setzt dies voraus, dass die Videoüberwachung für den jeweiligen Zweck geeignet ist und kein milderes Mittel zur Verfügung steht, mit dem der Zweck ebenso wirksam erreicht werden kann. Es ist allerdings nicht notwendig, die am besten geeignete Alternative zu identifizieren. Von einer Geeignetheit ist bereits dann auszugehen, wenn die Erreichung des maßgeblichen Zwecks sinnvoll gefördert wird (OVG NRW, Urteil vom 8.5. 2009 – 16 A 3375/07 –, juris). Hierzu ist eine Videobeobachtung des Verkaufsraums der Apotheke in der Lage, weil sie potenzielle Täter von der Begehung von Diebstählen abschreckt. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass die Wahrscheinlichkeit, dass derartige Taten begangen werden, umso geringer ist, je höher das Risiko ist, entdeckt und zur Verantwortung gezogen zu werden. Dieses Risiko ist aber nach der Installation von Videokameras aus Sicht von potentiellen Tätern größer geworden, denn sie können nicht wissen, wann sie von der Kamera erfasst werden und nicht ausschließen, bei der Begehung eventueller Verstöße von einem Mitarbeiter des Klägers am Bildschirm beobachtet zu werden. Nicht ausschlaggebend ist es, dass seit der Installation der Kameras im Jahr 2008 den Angaben des Klägers zufolge weiterhin ein Warenschwund zu verzeichnen war, der nicht aufgeklärt werden konnte, denn für die Geeignetheit kommt es nicht darauf an, dass solche Vorfälle auch in Zukunft nicht gänzlich unterbunden werden können. Dem Kläger zufolge konnte aber seit der Inventurdifferenz im Jahre 2011 in der Folgezeit immerhin kein größerer Warenschwund mehr festgestellt werden.

Mildere, gleich wirksame Mittel zur Zweckerreichung sind nicht erkennbar. Der Einsatz von Wachpersonal stellt keine Alternative dar, weil die dadurch entstehenden Kosten für den Kläger wirtschaftlich nicht zumutbar sind. Die Überwachung des Verkaufsraumes durch eigene Mitarbeiter des Klägers stellt keine gleich geeignete Maßnahme dar, da diese – wovon sich das Gericht bei der Ortsbesichtigung überzeugen konnte – überwiegend mit der Beratung und Bedienung der Kunden beschäftigt und nicht in der Lage sind, den Verkaufsraum und die sich dort aufhaltenden Personen permanent zu beobachten. Bei der Ortsbesichtigung, die an einem Vormittag stattfand, bestand im Verkaufsraum zeitweise ein großer Kundenandrang, bei dem der Verkaufsraum aus der Perspektive der sich hinter dem Tresen aufhaltenden Angestellten nicht mehr überblickt werden konnte.

Die Zulässigkeit der Videoüberwachung für die von dem Kläger geltend gemachten Zwecke scheitert auch nicht daran, dass gemäß § 6b Abs. 1 BDSG Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Diese Frage ist situations- und kontextbezogen zu untersuchen. Die Intensität des aus der Überwachung resultierenden Grundrechtseingriffs darf nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe stehen. Das Gewicht des Eingriffs wird maßgeblich durch Art und Umfang der erfassten Informationen, durch Anlass und Umstände der Erhebung, den betroffenen Personenkreis, das Vorhandensein von Ausweichmöglichkeiten und die Art und den Umfang der Verwertung der erhobenen Daten bestimmt (OVG Lüneburg, Urteil vom 29.9. 2014 – 11 LC 114.13 – juris; Becker, in: Plath, BDSG/DS-GVO, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG, Rdnr. 20; Onstein, in: Auernhammer, aa0., § 6b Rdnr. 42 ff.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der Wertung des Gesetzgebers die Videoüberwachung und -speicherung auch durch nicht-öffentliche Stellen im öffentlich zugänglichen Bereich zu den genannten – hier gegebenen – Zwecken grundsätzlich zulässig ist und „lediglich“ unter dem genannten Vorbehalt steht. (OVG Lüneburg, Urteil vom 29.9. 2014 – 11 LC 114.13 – juris)

Bei der Abwägung sind alle in Frage stehenden (Grund-) Rechtspositionen in Betracht zu nehmen und zu einem möglichst schonenden Ausgleich zu bringen. Dies sind das durch Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sowie europa- und konventionsrechtlich (Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 8 Abs. 1, 2 EUGRCh) geschützte Recht der von den Kameras erfassten Personen auf informationelle Selbstbestimmung und Schutz ihrer personenbezogenen Daten, während sich der Kläger in erster Linie auf sein Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 EU-GRCh sowie Art. 1 Abs. 1 des ersten Zusatzprotokolls zur EMRK berufen kann, welches durch Entwendungen von Ware beeinträchtigt würde und welches er durch die Überwachungsmaßnahme präventiv schützen sowie im Diebstahlsfall den Verantwortlichen aufdecken möchte.

Anhaltspunkte für ein Überwiegen schutzwürdiger Interessen der Betroffenen liegen nicht vor. Die Intensität des Eingriffs in die Rechte von erfassten Kunden ist im Einzelfall nicht als hoch anzusehen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Kläger die Kennzeichnungspflicht gemäß § 6b Abs. 2 BDSG beachtet und an der Eingangstür seiner Apotheke auf die Videoüberwachung hinweist, diese also nicht heimlich stattfindet. Die Transparenzpflicht des § 6b Abs. 2 BDSG soll dem Betroffenen die Möglichkeit eröffnen, die Beobachtung im Voraus zu erkennen, um sein Verhalten danach auszurichten und der Beobachtung gegebenenfalls auszuweichen. Mit dem Besuch einer Apotheke ist eine „Ehrenrührigkeit“ oder sonstige Eingriffstiefe grundsätzlich nicht verbunden. Ein schwerwiegender Eingriff in ein Persönlichkeitsrecht liegt nicht vor, denn bei Besuchen öffentlich zugänglicher Geschäfte ist (nur) eine Betroffenheit der Sozialsphäre gegeben. Gesundheitsdaten, welche gemäß § 3 Abs. 9 BDSG zu den besondere Arten personenbezogener Daten zählen, unterliegen zwar aufgrund besonderer Gefahren für die schutzwürdigen Rechte und Interessen der Betroffenen, die durch Diskriminierung und Bloßstellung drohen, speziellen Verarbeitungsschranken. Bereits das Aufsuchen einer Apotheke, in der heutzutage außer Medikamenten auch ein breites Sortiment an Kosmetika und sonstigen „Wellness“- oder Convenient-Produkten angeboten wird, stellt aber kein Indiz für das Vorliegen einer Erkrankung dar und bewirkt daher keine Bloßstellung. Lässt ein Kunde sich ein Medikament übergeben und wird dieser Vorgang auf Video festgehalten, können – auch wenn die Videoauflösung nicht dazu ausreichen dürfte, den Inhalt eines Rezeptes oder den Aufdruck einer Medikamentenverpackung zu erkennen – zwar aus der Videoaufzeichnung in bestimmten Fällen Rückschlüsse auf die Beschwerden oder die Erkrankung gezogen werden. Insoweit dürfte es für den fachkundigen Kläger – auf diesen ist insoweit auch abzustellen – möglich sein, bereits aus der in den Videos festgehaltenen Größe, Form und Farbe einer Medikamentenverpackung das jeweilige Präparat bzw. dessen Wirkstoff zu identifizieren. Dies ist aber zwangsläufig Bestandteil seines Berufes; eine derartige Sachkunde wird von einem Kunden, der eine Apotheke aufsucht, bei dem Apotheker vorausgesetzt. Davon abgesehen zeigen die Videoaufnahmen zunächst nur, was ein beliebiger Beobachter, also auch ein anderer Apothekenbesucher ebenfalls sehen würde. Die nur theoretisch bestehende Möglichkeit, aufgezeichnete Videos ohne ausreichenden Grund weiterzugeben oder im Internet zu veröffentlichen, führt für sich genommen nicht zur Unzulässigkeit, da andernfalls Videoaufzeichnungen, welche § 6b BDSG ausdrücklich erlaubt, praktisch generell nicht mehr möglich wären. Der Eingriff in die Rechte der Beschäftigten des Klägers ist allenfalls geringfügig. Diese halten sich zwar möglicherweise zu einem Großteil ihrer Arbeitszeit im Verkaufsraum auf. Wie bereits ausgeführt, werden die hinter dem Verkaufstresen Beschäftigten aber nicht von den Kameras erfasst, sondern erst, wenn sie sich in den Besucherbereich begeben, was allenfalls kurzzeitig der Fall ist. Insoweit liegt kein permanenter, flächendeckender Überwachungsdruck vor, dem sich die Mitarbeiter nicht entziehen könnten.

Nach § 6b Abs. 5 BDSG sind die Daten unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen. Eine zeitliche Grenze ist im Gesetz nicht bestimmt, „unverzüglich“ meint hier in entsprechender Anwendung von § 121 BGB ohne schuldhaftes Zögern, was der Kläger bei Inbetriebnahme der Videoanlage zu beachten hat. In der Rechtsprechung ist eine Frist von bis zu zehn Wochentagen noch als angemessen erachtet worden (OVG Lüneburg, Urteil vom 29.9.2014 – 11 LC 114/13 –, juris).

Im Ergebnis liegen die Voraussetzungen des § 6b BDSG vor. Die Videoüberwachung im Verkaufsraum der Apotheke steht im Einklang mit den datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Die Anordnung des Beklagten in Nr. 1 des Bescheides sowie die darauf bezogene Zwangsgeldandrohung und -festsetzung (Nr. 3 der Anordnung) sind demnach aufzuheben und das Urteil des Verwaltungsgerichts ist auf die Berufung des Klägers entsprechend abzuändern.

2. Die Berufung des Beklagten ist hingegen unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die in der angefochtenen Verfügung vom 30.7.2014 angeordnete Einstellung der Videoüberwachung am Betäubungsmittelschrank während der Öffnungszeiten der Apotheke (Anordnungsgegenstand Nr. 2) und die darauf bezogene Zwangsgeldandrohung und -festsetzung (Nr. 3 der Anordnung) rechtswidrig sind und den Kläger dadurch in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Der Betrieb der den Betäubungsmittelschrank erfassenden Kamera und die insoweit vom Kläger beabsichtigte Anfertigung von Videoaufzeichnungen finden ihre Grundlage in § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG. Danach dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Im Falle der beabsichtigten Aufdeckung von Straftaten bestimmt Satz 2, dass personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden dürfen, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind. Dabei regelt Satz 2 ausschließlich die Fälle von Kontrollmaßnahmen, welche gegen konkret Verdächtigte stattfinden, wobei dies regelmäßig bei einer heimlichen Beobachtung der Fall sein wird (BAG, Urteil vom 29.6.2017 – 2 AZR 597/16 –, Rn. 27, juris; Gola/Schomerus/Klug/Körffer/Gola, 12. Aufl. 2015, BDSG § 32 Rn. 40, 43). Besteht hingegen – wie vorliegend – kein konkreter Tatverdacht gegen einen oder mehrere bestimmte Beschäftigte, sondern handelt es sich um eine Präventionsmaßnahme, ist nicht § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG, sondern Satz 1 einschlägig (vgl. Grimm, Überwachung im Arbeitsverhältnis; von Befragung bis GPS-Ortung – wie viel Kontrolle ist erlaubt?, in: juris-Die Monatszeitschrift (jM) 2016, 17, 19).

Der von dem Kläger verfolgte Überwachungszweck ist ein Fall der Durchführung von Beschäftigungsverhältnissen. Für die Durchführung eines Beschäftigungsverhältnisses kommen Maßnahmen zur Kontrolle, ob der Arbeitnehmer den geschuldeten Pflichten nachkommt, in Betracht (BAG, Urteil vom 29.6.2017 – 2 AZR 597/16 –, Rn. 26, juris; Gola/Schomerus/Körffer/Gola/ Klug, 12. Aufl. 2015, BDSG § 32 Rn. 16; Pröpper, JurPC WebDok. 69/2011, Abs. 2). Dies umfasst auch die Videoüberwachung. Der Kläger hält es zumindest für denkbar, dass der Verlust von Waren auf strafbares Verhalten eines oder mehrerer Beschäftigter zurückzuführen ist. Dafür besteht nicht nur angesichts der im Jahr 2011 und damit über einen längeren Zeitraum abhanden gekommenen Waren von beträchtlichem Wert, sondern auch aktuell aufgrund der vom Kläger angezeigten Entwendung (vgl. Bl. 216 und 247 der Gerichtsakte) von Amphetaminsulfat im Zeitraum vom 4.4.2017 bis zum 31.05.2017 zumindest ein Anfangsverdacht. Ein solches Verhalten eines seiner Mitarbeiter würde – abgesehen von der Strafbarkeit wegen Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB – eine schwerwiegende Pflichtverletzung im Arbeitsverhältnis im Sinne von § 241 Abs. 2 BGB darstellen und regelmäßig ohne weiteres den Kläger zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen, insbesondere auch zur Kündigung berechtigen (BAG, Urteil vom 10.6.2010 – 2 AZR 541/09 –, BAGE 134, 349-367, Rn. 26; MüKoBGB/Henssler, 6. Aufl. 2012, BGB § 626 Rn. 185 ff.).

Die Überwachung des Betäubungsmittelschranks mittels Videokamera ist auch erforderlich. Ein im Vergleich zur Videoüberwachung gleich wirksames milderes Mittel ist nicht ersichtlich und entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes im angefochtenen Urteil und des Beklagten insbesondere nicht darin zu sehen, dass der Betäubungsmittelschrank nach jeder Benutzung verschlossen und der Zugang zu den Betäubungsmitteln auf wenige Mitarbeiter beschränkt wird. Den Angaben des Klägers bei der Ortsbesichtigung zufolge dürfen die beiden „Tresore“ inzwischen ohnehin nur noch von den Apothekerinnen und Apothekern geöffnet werden. Auch wenn, worauf die Vertreterin des Beklagten hingewiesen hat, über die Entnahme Aufzeichnungen (Listen) geführt würden, wäre ein Zugriff auf die Betäubungsmittel durch (ausgewählte) Beschäftigte des Klägers notwendig. Darüberhinaus könnte nicht sichergestellt werden, dass tatsächlich auch in jedem Einzelfall einer Entnahme dokumentiert wird, zumal dieser Vorgang einen gewissen Aufwand erfordert und unter Umständen in der Hektik des Alltagsgeschäfts vernachlässigt werden könnte.

Die Videoüberwachung ist auch im Hinblick auf die Interessen der Beschäftigten des Klägers verhältnismäßig. Diese Prüfung läuft im Anwendungsbereich des Arbeitnehmerdatenschutzes auf eine Abwägung zwischen dem Interesse des Arbeitgebers, Gefahren für seinen Betrieb – ggf. auch durch „Abschreckung“ – zu vermeiden bzw. eventuelle Täter zu erkennen und dem Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers, der sich dem Überwachungsdruck ausgesetzt sieht, hinaus (Gola, Datenschutz bei der Kontrolle „mobiler“ Arbeitnehmer – Zulässigkeit und Transparenz, NZA 2007, 1139, 1140). Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen ist auch zu berücksichtigen, dass außer dem Recht der Beschäftigten des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung und Schutz ihrer personenbezogenen Daten sowie dessen Eigentumsgarantie ein öffentliches Interesse daran besteht, dass die in dem Schrank verwahrten und gemäß § 3 Abs. 1 BtMG erlaubnispflichtigen Betäubungsmittel nicht unkontrolliert in Verkehr geraten oder sonst ein leichtfertiger Umgang mit ihnen stattfindet

Hinsichtlich des Eingriffs in die Rechte der Beschäftigten auf informationelle Selbstbestimmung ist zunächst zu sehen, dass – wovon sich der Senat bei der Ortsbesichtigung überzeugen konnte – die hier in Rede stehende Kamera nur einen ganz eng abgegrenzten Bereich der Apotheke erfasst. Ein dauerhafter Aufenthalt von Beschäftigten ist dort nicht vorgesehen und wegen der räumlichen Enge auch nicht möglich. Der Zugriff von den Mitarbeitern auf den Betäubungsmittelschrank beschränkt sich auf die Fälle, in denen die speziellen, in dem Schrank aufbewahrten Substanzen für Kunden benötigt werden, die eine entsprechende ärztliche Verordnung vorweisen. Die Überwachung eines von Beschäftigten nur gelegentlich betretenen (Sicherheits-) Bereichs stellt daher einen wesentlich geringeren Eingriff in deren Persönlichkeitsrechte dar als eine Dauerüberwachung des Arbeitsbereichs oder des gesamten Betriebes (Gola/Schomerus/ Körffer/Gola/Klug, 12. Aufl. 2015, BDSG § 32 Rn. 26; Gola, NZA 2007, 1139, 1140), was bereits aus der geringeren Dauer der jeweiligen Erfassung einer Person folgt. Insoweit sind, auch wenn es sich dabei nicht um einen öffentlich zugänglichen Bereich handelt, die Beschäftigten des Klägers lediglich in ihrer Sozialsphäre betroffen. Auch ist zu sehen, dass die Überwachung dieses Bereichs nicht heimlich und verdeckt erfolgt, sondern ausweislich der vom Kläger vorgelegten Einwilligungserklärungen seiner Belegschaft diese jedenfalls über die am Betäubungsmittelschrank befindliche Kamera informiert ist. Eine Weitergabe der Aufnahmen ist grundsätzlich vom Kläger nicht vorgesehen; diese sollen nach ihrer Speicherung gelöscht werden.

Zwar ist zu berücksichtigen, dass dem Vortrag des Klägers zufolge die in der Vergangenheit vorgekommenen Verluste von Waren nicht ausschließlich auf diejenigen Medikamente, die im Betäubungsmittelschrank aufbewahrt werden, beschränkt waren. Dennoch ist im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Vorfälle ein erhöhtes Überwachungsinteresse des Klägers gerade an dieser Örtlichkeit anzuerkennen. Angesichts der – im Vergleich zu frei verkäuflichen Waren – beschränkten Verfügbarkeit und des Marktwertes der in dem Schrank aufbewahrten Pharmazeutika kann durchaus von einem gesteigerten „Anreiz“ eines Diebstahls ausgegangen werden, was aktuell die Entwendung von Amphetaminsulfat im Zeitraum vom 4.4.2017 bis zum 31.05.2017, die der Kläger angezeigt hat, belegt. Darüber hinaus kommt dem öffentlichen Interesse, dass angesichts ihrer Gefährlichkeit erlaubnispflichtige Betäubungsmittel nicht in freien Verkehr geraten (BVerfG, Beschluss vom 9.3.1994 – 2 BvL 43/92 –, BVerfGE 90, 145, Rn. 125 ff., juris), bei der Abwägung ein besonderes Gewicht zu, weswegen der Kläger nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 BtMG gehalten ist, geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr vorzuhalten, wozu auch technische Überwachungsmaßnahmen zählen (Körner/Patzak/Volkmer, Betäubungsmittelgesetz, Kommentar, § 7 Rn. 7).

Dieses erhebliche öffentliche Interesse überwiegt zusammen mit dem Interesse des Klägers am Schutz seines Eigentums das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der sich an dem Betäubungsmittelschrank aufhaltenden Personen, welches angesichts der nur kurzzeitigen Dauer ihrer dortigen Aufenthalte und bestehenden Ausweichmöglichkeiten in anderen Räumen der Apotheke vergleichsweise schwach beeinträchtigt ist, da ein ständiger Überwachungsdruck nicht gegeben ist. Dies gilt nicht zuletzt auch bei einer Abwägung ihrer Interessen mit den aufgrund der unberechtigten Weitergabe von Betäubungsmitteln gefährdeten Rechtsgütern anderer.

Unabhängig davon ist die Maßnahme auch auf der Grundlage der außerhalb von § 32 BDSG erforderlichen schriftlichen Einwilligungen der Beschäftigten des Klägers nach § 4a BDSG zulässig. (Auch im Bereich des Beschäftigtendatenschutzes ist eine Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung auf der Grundlage einer freiwillig erteilten Einwilligung des Beschäftigten nach § 4a weiterhin zulässig; vgl. Stamer/Kuhnke in: Plath, BDSG/DS-GVO, 2. Aufl. 2016, § 32 BDSG Rdnr. 12). Die von dem Beklagten geltend gemachten Einwände hinsichtlich der Wirksamkeit der von dem Kläger im gerichtlichen Verfahren nachgereichten Einwilligungserklärungen (zuletzt in der mündlichen Verhandlung am 14.12.2017) seiner Mitarbeiter überzeugen nicht.

Zunächst hat das Verwaltungsgericht zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (Urteil vom 12.2.2015 – 6 AZR 845/13 -, Rdnr. 69 zu § 32 BDSG juris; sowie Urteile vom 11.12.2014 – 8 AZR 1010/13 – Rdnr. 32, und vom 19.2.2015 – 8 AZR 1011/13 – Rdnr. 30 zum Widerruf einer Einwilligung i.S.d. § 22 KunstUrhG, jeweils zitiert nach juris) seiner Entscheidung die rechtliche Erwägung zu Grunde gelegt, dass eine Einwilligung in die Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung gemäß § 4 a BDSG im Arbeitsverhältnis grundsätzlich zulässig ist. Weder kann dem Gesetz selbst ein genereller Ausschluss der Erteilung einer Einwilligung im Arbeitsverhältnis entnommen werden, noch impliziert das strukturelle Machtungleichgewicht zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber per se, dass jede Einwilligung des Arbeitnehmers unfreiwillig wäre. Das BAG (Urteil vom 11.12.2014 – 8 AZR 1010/13 – zitiert nach juris) hat ausdrücklich klargestellt, dass sich ein Arbeitnehmer auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich „frei entscheiden“ könne, wie er sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben wolle. Dieser Annahme stehe weder die grundlegende Tatsache, dass Arbeitnehmer abhängig Beschäftigte sind, noch das Weisungsrecht des Arbeitgebers, § 106 GewO, entgegen. Mit der Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und der Eingliederung in einen Betrieb würden sich die Arbeitnehmer nicht ihrer Grund- und Persönlichkeitsrechte begeben. Die zu § 4a BDSG formulierte Gegenauffassung (Simitis (Hrsg.), BDSG, 8. Auflage, 2014, § 4 a Rdnr. 62) verkenne, dass schon nach § 32 BDSG Datenverarbeitung im Arbeitsverhältnis möglich ist, unter den Voraussetzungen des § 32 BDSG sogar einwilligungsfrei. Lässt sich demzufolge kein allgemeiner Grundsatz ableiten, wonach die Freiwilligkeit der Einwilligung im Arbeitsverhältnis grundsätzlich zu verneinen wäre, bedarf es einer Betrachtung und Abwägung der Umstände im Einzelfall.

Ausgehend hiervon hat das Verwaltungsgericht zu Recht keine hinreichenden Anhaltspunkte gesehen, die die Freiwilligkeit der Abgabe der einzelnen Erklärungen ernsthaft in Frage stellen. Soweit der Beklagte geltend macht, gegen die freiwillige Abgabe der Einwilligung spreche das konkrete Interesse des Klägers an der mit der Überwachung vorrangig bezweckten präventiven und repressiven Verhaltenskontrolle seiner Angestellten, weswegen diese bei Verweigerung des Einverständnisses mit arbeitsrechtlichen Nachteilen oder gar der Stigmatisierung als Tatverdächtige rechnen müssten, überzeugt dies nicht. Dem ist entgegenzuhalten, dass ein mit der Überwachung verfolgter legitimer Zweck der Verhütung und/oder Ahndung von Straftaten nicht die Freiwilligkeit der Abgabe der Einwilligung im Hinblick auf die Motivation des Arbeitnehmers, nicht als Tatverdächtiger verdächtigt zu werden, in Frage stellen kann. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Videoüberwachung auch dem Sicherheitsinteresse der Mitarbeiter des Klägers dient, wenn bspw. bei Wochenenddiensten den Kunden bzw. Patienten der Zutritt in den Verkaufsraum der Apotheke ermöglicht ist. Im Hinblick auf die von dem Beklagten angeführten arbeitsrechtlichen Benachteiligungen aufgrund einer Verweigerung einer außerhalb von § 32 BDSG erforderlichen schriftlichen Einwilligung ist darauf hinzuweisen, dass derartige Maßnahmen einen groben Verstoß gegen die arbeitgeberseitigen Pflichten aus § 241 Abs. 2 und § 612a BGB darstellen, der zum Schadensersatz nach den §§ 282, 280 Abs. 1 BGB verpflichten würde. Eine Nebenpflicht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis, der Erhebung, Verarbeitung und Veröffentlichung seiner Daten – soweit erforderlich – zuzustimmen, besteht nicht (BAG, Urteil vom 11.12.2014 – 8 AZR 1010/13 -, juris). Der Arbeitnehmer ist auch regelmäßig nicht dauerhaft an seine Einwilligung gebunden. Er hat das Recht, diese mit dem Widerruf für die Zukunft rückgängig zu machen (Plath, in: Plath a.a.O., § 4a Rdnr. 70).

Der Auffassung des Beklagten, die Tiefe des mit der Überwachungsmaßnahme verbundenen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen spreche gegen die Freiwilligkeit der abgegebenen Erklärungen, kann anhand des Eindruckes, den das Gericht von den Gegebenheiten vor Ort erlangt hat, nicht gefolgt werden. Durch die punktuelle offene Videoüberwachung am Betäubungsmittelschrank wird – was bereits zuvor dargelegt wurde und worauf Bezug genommen wird – nicht in schwerwiegender Weise in das Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten des Klägers eingegriffen, weil für sie eine generelle Ausweichmöglichkeit in andere Räume der Apotheke besteht, die nicht überwacht werden und sie daher keinem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt sind. Die räumliche Enge im Bereich des Betäubungsmittelschrankes erlaubt schon kein längeres Verweilen dort. Die Annahme einer (nur) geringfügigen Eingriffstiefe beansprucht auch vor dem Hintergrund Geltung, dass sich die Einwilligungserklärungen dem Wortlaut nach auf die Aufstellung und Nutzung von fünf Kameras, mithin nicht nur auf den Kameraeinsatz am Betäubungsmittelschrank, sondern auch auf den Verkaufsraum und die Schleuse beziehen. Da der Erfassungsbereich der Kameras im Verkaufsraum – wie bereits zuvor dargelegt – ausschließlich den Freiwahlbereich und die Eingangstüren, nicht aber auch die Medikamentenabgabe am Tresen und die sich vorrangig in diesem Bereich aufhaltenden Mitarbeiter des Klägers aufzeichnen, ist die Eingriffsintensität der von der Einwilligung der Mitarbeiter umfassenden Überwachungsmaßnahme nicht derart schwerwiegend, dass deren Einwilligung mit der Rechtsordnung nicht vereinbar wäre. Dies gilt nicht zuletzt bei einer Abwägung ihrer Interessen mit den aufgrund der unberechtigten Weitergabe von Betäubungsmitteln gefährdeten Rechtsgütern.

Die einzelnen datenschutzrechtlichen Einwilligungen der Mitarbeiter des Klägers genügen entgegen der Ansicht der Beklagten zudem unter formellen und inhaltlichen Gesichtspunkten den Anforderungen des § 4a Abs. 1 Satz 2 und 3 BDSG. Diese Bestimmung sieht vor, dass der Betroffene in der Regel schriftlich auf den vorhergesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung hinzuweisen ist. Der Grad der Anforderungen an die Bestimmtheit und Vollständigkeit der Erklärung ist dabei im Einzelfall abhängig von der Sensibilität der erhobenen Daten und der Eingriffstiefe in die Rechte der Betroffenen. Daran gemessen begegnet der Text der von den Mitarbeitern des Klägers jeweils abgegebenen schriftlichen Erklärungen (vgl. Bl. 76 bis 93 der Gerichtsakte und die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Erklärungen vom 1.9.2017) keinen durchgreifenden Bedenken, denn dabei handelt es sich um eine aus einem konkreten Anlass im Einzelfall von jedem Mitarbeiter des Klägers eingeholte Einwilligung, die hinreichend bestimmt ist und erkennen lässt, dass diese über den Grund, die Art und die Tragweite der Überwachungsmaßnahme informiert sind. Außerdem wird zum Ausdruck gebracht, dass Standort und Ausrichtung der Überwachungskameras bekannt ist und Einverständnis mit der kurzfristigen Speicherung der Bildschirmaufnahme besteht. Die von dem Beklagten geäußerten Zweifel an der Transparenz dieser Erklärung überzeugen nicht. Dass es sich dabei lediglich um eine pauschale Erklärung, die von den Angestellten des Klägers ohne Bezug auf einen konkreten Anlass und in Unkenntnis des Umfangs der Maßnahme abgegeben worden war oder es sich gar um eine Blankoerklärung handelt, ist nach Lage der Dinge nicht anzunehmen. Diese Annahme ist zudem angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten fernliegend, denn in der inhabergeführten Apotheke des Klägers dürfte der überschaubaren Anzahl von Beschäftigten das Aufstellen der Überwachungskameras und „der Streitstand mit der Datenschutzbehörde“ in der Tat bekannt sein. Soweit der Beklagte beanstandet, dass die Einwilligungserklärung keinen Hinweis auf die Folgen der Verweigerung enthält, ist dem entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber die Belehrung darüber als Ausnahmefall ansieht (vgl. § 4a Abs. 1 Satz 2 BDSG). Der Hinweis muss nur erfolgen, wenn er nach den Umständen des Einzelfalls geboten ist oder vom Einwilligenden verlangt wird (Kramer, in: Auernhammer, a.a.O., § 4a Rdnr. 23). Nach Ansicht von Plath (a.a.O.) ist es im Übrigen grundsätzlich ausreichend, wenn im Einwilligungstext die Zwecke wie auch die weiteren Informationen allgemeiner gefasst werden, wenn dies im Ergebnis der Verständlichkeit insgesamt dient. Auch Simitis, in: Simitis (Hrsg.), Bundesdatenschutzgesetz, 8. Aufl., 2014, § 4a Rdnr. 80) räumt ein, dass der Forderung nach einer Erklärung, die präzise auf die beabsichtigte Verarbeitung eingeht, sicherlich Grenzen gesetzt seien. Bei aller Bedeutung, die das BDSG dem Einverständnis der Betroffenen beimisst, müsse deshalb eine relative Unvollständigkeit in Kauf genommen werden. Angesichts des Umstandes, dass die von dem Kläger beabsichtigte Videoüberwachung nur geringfügig in das Persönlichkeitsrecht seiner Mitarbeiter eingreift, genügen die vorliegenden Einwilligungserklärungen der Beschäftigten des Klägers zur Überzeugung des Senats den Anforderungen des § 4a Abs. 1 BDSG.

Schließlich bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass nicht alle Mitarbeiter eine Einwilligungserklärung abgegeben haben. Der Kläger hat in der Ortsbesichtigung auf Nachfrage der Vertreterin des Beklagten erklärt, die Einwilligungserklärungen seiner Angestellten würden von einer seiner Mitarbeiterinnen in einer Liste erfasst und bei Wechseln im Personalbestand von neu hinzukommenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stets unterzeichnet. Im Übrigen hat er zum Beleg dessen in der mündlichen Verhandlung zwei weitere eigenhändig unterschriebene Erklärungen vom 1.9.2017 von neu eingestellten Mitarbeiterinnen zu den Akten gereicht. Anlass, an diesen Angaben des Klägers zu zweifeln, besteht zur Überzeugung des Senats nicht, zumal auch der Beklagte den diesbezüglichen Ausführungen des Klägers nicht entgegengetreten ist.

Die Berufung des Beklagten ist demnach zurückzuweisen.