Urteil : Unzulässige Einwilligung bei „CookieBanner“ : aus der RDV 2/2023, Seite 121 bis 122
(LG München I, Urteil vom 29. November 2022 – 33 O 14776/19 –)
- Eine Einwilligung wird nur freiwillig erteilt, wenn die betroffene Person tatsächlich eine Wahlmöglichkeit hat, also auch ohne Nachteile auf die Erteilung der Einwilligung verzichten kann.
- Unbedingt erforderlich im Sinne des § 25 Abs. 2 TTDSG ist nur, was technisch notwendig ist. Hierbei kommt es auf den Verwendungszweck bzw. den Dienst an, der gegenüber dem Nutzer erbracht werden soll. Cookies, die der domainübergreifenden Nachverfolgung zu Analyseund Marketingzwecken dienen, sind für den Betrieb eines Nachrichtenportals in diesem Sinne nicht technisch unbedingt erforderlich.
(Nicht amtliche Leitsätze)
Aus den Gründen:
3. Die Beklagte verstößt vorliegend gegen § 25 TTDSG, indem sie veranlasst, dass Cookies, insbesondere in Form des TC Strings, auf dem Endgerät des Nutzers gespeichert und zum „Tracking“ des Nutzers genutzt werden (c), ohne eine wirksame Einwilligung der betroffenen Nutzer einzuholen […].
a) Nach § 25 TTDSG ist jede Speicherung von Informationen in Endeinrichtungen des Endnutzers oder der Zugriff auf bereits darin gespeicherte Informationen nur mit einer Einwilligung zulässig, die auf Grundlage einer klaren und umfassenden Information erfolgt sein muss.
b) Der Begriff Endeinrichtung in § 25 TTDSG knüpft an die Verarbeitungssituation an. Es muss sich um Informationen aus dem Herrschaftsbereich des „Endnutzers“ handeln, d.h. einer natürlichen Person, die den Telemediendienst verwendet (MAH GewRS, § 27 Rn. 130). […]
c) […] Unstreitig wird […] der sogenannte TC String, eine codierte Zeichenkette, nach Abfragen der Einwilligung durch die CMP auf dem Rechner des Nutzers als Cookie gespeichert.[…]
d) Die Speicherung des streitgegenständlichen Cookies im Rahmen des TFC 2.0 Netzwerks erfolgt […] nicht mit wirksamer Einwilligung der Endnutzer. Insbesondere ist die Information des Endnutzers und die Einwilligung nicht gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 erfolgt, § 25 Abs. 1 S. 2 TTDSG.
§ 25 Abs. 1 S. 2 TTDSG verweist sowohl bezüglich der Informationspflichten als auch der formalen und inhaltlichen Anforderungen an eine Einwilligung auf die DS-GVO (vgl. BT-Drs. 19/27441, 38). Die Anforderungen an eine wirksame Einwilligung ergeben sich damit aus Art. 7 und Art. 8 DS-GVO. Für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Einwilligung gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 TTDSG sind demnach im Wesentlichen dieselben Bewertungsmaßstäbe anzulegen, wie bei einer Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a) DS-GVO (MAH GewRS, a.a.O. Rn. 132; vgl. auch OH Telemedien 2021, S. 10 ff.). […]
Die vorliegend von der Beklagten eingeholte Einwilligung beruht bereits nicht auf einer freiwilligen Entscheidung der Nutzer (so auch BayLDA, Stellungnahme vom 09.09.2022, S. 9 ff., Bl. 654 ff. d.A.):
Als freiwillig kann die Einwilligung nur dann betrachtet werden, wenn die betroffene Person tatsächlich eine Wahlmöglichkeit hat, d.h. auch ohne Nachteile auf die Erteilung der Einwilligung verzichten kann (Ehmann/Selmayr/Klabunde, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 4 Rn. 49). Dies ist angesichts des Aufbaus der von der Beklagten verwendeten CMP nicht der Fall. So kann auf der ersten Seite der CMP (vgl. Anlage K 58), welche die Nutzung der Webseite bis zur Einwilligungserteilung oder -verweigerung durch teilweises Verdecken der Webseite verhindert, lediglich die Einwilligung in vollem Umfang erteilt oder durch Betätigung der Schaltfläche „Einstellungen“ eine gesonderte Auswahl getroffen werden. Dabei ist die Schaltfläche „Akzeptieren“ nochmals durch die blaue Markierung besonders in den Vordergrund gerückt, so dass für den Nutzer offensichtlich ist, dass deren Betätigung die schnellste Möglichkeit darstellt, die Webseite zu nutzen. Bereits der Umstand, dass ein Besucher die Webseite der Beklagten nicht ohne weitere Interaktion mit der CMP nutzen kann, spricht gegen eine freiwillige Entscheidung. Zudem ist auf der ersten Ebene der CMP allein aus dem Fließtext ersichtlich, dass die Einwilligung auch abgelehnt werden kann. Ob eine Ablehnung mit Nachteilen oder Mehraufwand verbunden ist, kann der Nutzer dagegen nicht erkennen. Jedenfalls ist eine Verweigerung der Einwilligung erst nach Betätigung der Schaltfläche „Einstellungen“ auf einer zweiten Ebene der CMP möglich und damit mit mehr Aufwand als das bloße „Akzeptieren“ der Datenverarbeitung verbunden. Zwar erscheint der damit beschriebene Aufwand als verhältnismäßig gering. Gleichwohl ist ein solcher zusätzlicher Aufwand angesichts der im Internet gerade üblichen Schnelligkeit und geringen Aufmerksamkeit der Nutzer nicht unerheblich. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass auf der zweiten Ebene der CMP die Vielzahl von Einstellungsmöglichkeiten zu einer weiteren Erschwerung der Einwilligungsverweigerung führt. Denn auch hier wird wiederum die Schaltfläche „Alle Akzeptieren“ sowohl aufgrund der farblichen Gestaltung als auch durch ihre Positionierung und Größe nochmals hervorgehoben, während die Schaltfläche „alle ablehnen“ in Größe und Gestaltung dagegen unauffällig gehalten ist. Eine sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung der Wahlmöglichkeiten „Einwilligung erteilen“ und „Einwilligung verweigern“ ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Angesichts der unterschiedlichen Gestaltung erscheint es daher naheliegend, dass hierdurch das Wahlrecht der Webseitenbesucher beeinflusst werden soll (vgl. BGH, NJW 2020, 2540 Rn. 37 – Planet 49). Keine Rolle spielt es in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte die CMP als Teil des TFC 2.0 einsetzt und behauptet, diesbezüglich keine Gestaltungsmöglichkeiten zu haben. Denn die Beklagte ist dafür selbst verantwortlich, eine freiwillige und damit wirksame Einwilligung einzuholen. […]
e) Die Einwilligung war schließlich auch nicht gem. § 25 Abs. 2 TTDSG entbehrlich, insbesondere war die Speicherung oder der Zugriff auf Informationen nicht unbedingt erforderlich, damit der Anbieter eines Telemediendienstes einen vom Nutzer ausdrücklich gewünschten Telemediendienst zur Verfügung stellen kann, § 25 Abs. 2 Nr. 2 TTDSG. Unbedingt erforderlich ist in diesem Sinne nur, was technisch notwendig ist (vgl. BT-Drs. 19/27441, 38). Es kommt mithin auf den Verwendungszweck bzw. den Dienst an, der gegenüber dem Nutzer erbracht werden soll (MAH GewRS, § 27 Rn. 131). Die streitgegenständlichen Cookies, die der domainübergreifenden Nachverfolgung zu Analyse- und Marketingzwecken dienen, sind für den Betrieb eines Nachrichtenportals nicht technisch unbedingt erforderlich (vgl. Golland, Das Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz, Cookies und PIMS als Herausforderungen für Website-Betreiber, NJW 2021, 2238). Dies entspricht auch der Rechtslage zu § 15 Abs. 3 S. 1 TMG, zu dem BGH in richtlinienkonformer Auslegung bereits festgestellt hat, dass eine Zustimmung jedenfalls bei Einsatz von Cookies zur Erstellung von Nutzerprofilen für Zwecke der Werbung und Marktforschung erforderlich ist (BGH, ZD 2020, 467 Rn. 47 ff. – Cookie-Einwilligung II). Allein der Umstand, dass die Datenspeicherung der Finanzierung des Angebotes der Beklagten dient oder im Rahmen des TCF 2.0 vorgegeben ist, kann hierfür nicht genügen. Es handelt sich dabei lediglich um subjektive Interessen der Beklagten. Im Übrigen ist die Vorschrift als Ausnahme vom Grundsatz der Einwilligungsbedürftigkeit nach allgemeinen Grundsätzen eng auszulegen.