Aufsatz : Arbeitnehmerüberwachung in arbeits-, datenschutz- und strafrechtlicher Hinsicht – Ein kohärenter Leitfaden am Beispiel der Telefonüberwachung : aus der RDV 2/2024, Seite 65-70
Die Grenzen der Zulässigkeit von Überwachungsmaßnahmen am Arbeitsplatz sind nach wie vor nicht hinreichend geklärt. Mittlerweile haben sich arbeits- und datenschutzrechtliche Rahmenbedingungen entwickelt, die strafrechtlichen Begrenzungen sind gleichwohl wenig beachtet. Dies überrascht, da das System der Arbeitnehmerüberwachung allein durch eine rechtsgebietsübergreifende Betrachtungsweise in kohärenter Weise geformt werden kann. Der nachstehende Beitrag gibt am Beispiel der Telefonüberwachung einen Überblick über die hierzu vertretenen arbeits-, datenschutz- und strafrechtlichen Begrenzungen. Im Anschluss erarbeitet der Verfasser einen kohärenten Leitfaden der Telefonüberwachung.
I. Eingriffsformen der Telefonüberwachung
Die Motivation des Arbeitgebers zur Telefonüberwachung kann auf unterschiedlichen Gründen beruhen: Möglich ist die Kontrolle einer arbeitsvertraglich verbotenen oder zwar erlaubten, aber ausschweifenden privaten Nutzung. Denkbar ist v.a. auch, dass eine Offenlegung betrieblicher Geheimnisse und sensibler Informationen an Dritte befürchtet wird.
Ohne die Telefonkontrolle fehlt dem Arbeitgeber in solchen Fällen regelmäßig ein valider Beweis, um den Arbeitnehmer der Vertragspflichtverletzung zu überführen.[1]
Gleichzeitig sind auch die konfligierenden Arbeitnehmerinteressen zu beachten, die je nach Eingriffsintensität der Telefonüberwachung unterschiedlich stark zu gewichten sind.
- Ermittlung der Telefonverbindungsdaten
Als schwächste Eingriffsform hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, die Telefonverbindungsdaten zu ermitteln. Hierbei werden die Begleitumstände von Telefongesprächen (Datum, Uhrzeit, Gesprächsdauer, Zielrufnummer) erfasst. Dieser Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht ist insb. zu Abrechnungszwecken und aus Gründen der Missbrauchskontrolle (z.B. Kontrolle des Verbots der Privatnutzung) grundsätzlich zulässig.[2]
- Kontrolle des Gesprächsinhalts
Als deutlich intensiverer Eingriff erweist sich die Kontrolle von Telefongesprächsinhalten. Die Inhaltskontrolle greift in das Recht der Gesprächsteilnehmer am gesprochenen Wort ein, welches eine besondere Ausprägung des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) ist.[3] Hierzu gehört die Befugnis, selbst zu bestimmen, ob der Kommunikationsinhalt einzig dem Gesprächspartner, einem bestimmten Personenkreis oder der Öffentlichkeit zugänglich sein soll und ob dieser auf Tonträger aufgenommen werden darf. Das Recht am gesprochenen Wort ist nicht auf bestimmte Inhalte und Örtlichkeiten begrenzt, sondern bezieht sich allein auf die Selbstbestimmung über die unmittelbare Zugänglichkeit der Kommunikation. Irrelevant ist also, ob es sich beim Gespräch des Arbeitnehmers um ein privates oder dienstliches Telefonat handelt.[4] Dieser Eingriff ist nur dann zulässig, wenn überwiegende Arbeitgeberinteressen vorliegen.[5]
Von übergeordneter Bedeutung für die rechtlichen Grenzen der Telefonüberwachung ist die Differenzierung zwischen dem Mithören sowie dem Abhören und Aufzeichnen von Telefongesprächen:
a) Mithören von Telefongesprächen
Beim Mithören ist nur einem der Gesprächsteilnehmer bewusst, dass ein Dritter (z.B. Arbeitgeber, privater Ermittler) das Gespräch mithört. Das Mithören bietet die Möglichkeit einer sog. „Hörfalle”, wobei der Arbeitnehmer vom eingeweihten Gesprächsteilnehmer in ein Gespräch verwickelt wird, über die der Mithörende in einem späteren Prozess als Zeuge berichten kann. Technisch werden Telefongespräche über Telefongeräte und Zusatzeinrichtungen (im Telefon eingebaute Lautsprecher, Zweithörer oder Zweitgeräte) mitgehört.[6]
Das heimliche und auch offene Mithören stellt grundsätzlich einen unzulässigen Eingriff in das Recht am gesprochenen Wort dar. Aus der Benutzung des dienstlichen Telefons und der bloßen Kenntnis von einer Mithöreinrichtung rechtfertigt sich nicht der Schluss, dem sprechenden Arbeitnehmer sei eine Erweiterung des Adressatenkreises gerade um einen unbeteiligten Dritten (wie etwa den Arbeitgeber) gleichgültig.[7]
b) Abhören und Aufzeichnen von Telefongesprächen
Beim Abhören und Aufzeichnen als eingriffsintensivste Form der akustischen Informationsgewinnung erfolgt die Kontrolle in Bezug auf sämtliche Gesprächsteilnehmer (Arbeitnehmer und Gesprächspartner) heimlich. In der Regel werden hierfür Abhörgeräte (Richtmikrofone, Wanzen oder Webcams mit Tonübertragung) sowie Tonträger (Tonbänder sowie digitale Speichermedien wie USB-Sticks oder Smartphones) verwendet.[8]
Da Abhören und Aufzeichnen von Gesprächen besonders intensiv in das Recht am gesprochenen Wort eingreifen, hat der Gesetzgeber diese Verhaltensweisen unter Strafe gestellt: § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB pönalisiert das Herstellen einer Tonträgeraufnahme, § 201 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StGB das Abhören mit einem Abhörgerät.
II. Die arbeits- und datenschutzrechtliche Grundlage der Telefonüberwachung
Bekanntlich ist die Erlaubnisnorm aus § 26 BDSG Grundlage der arbeitgeberseitigen Verhaltens- und Leistungskontrolle, mithin der Arbeitnehmerüberwachung.
§ 26 BDSG ist als Generalklausel konzipiert, notwendig ist eine Abwägung zwischen dem Arbeitgeberinteresse an der Datenverarbeitung und dem Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers.[9] § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG fungiert als Verarbeitungsgrundlage präventiver (offener) wie repressiver (heimlicher) Kontrollen zur Verhinderung bzw. Aufdeckung von Rechtsverstößen als auch präventiver Überwachungsmaßnahmen zur Verhinderung von Straftaten am Arbeitsplatz.[10] § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG dient dagegen repressiven Maßnahmen zur Aufdeckung von sämtlichen bereits begangenen wie auch zukünftig zu vermutenden Straftaten der Beschäftigten zu Lasten des Arbeitgebers.[11]
Nach dem bahnbrechenden Urteil des EuGH[12] vom 30.03.2023 zur Unionsrechtswidrigkeit des § 23 Abs. 1 S. 1 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes (HDSIG) wird davon auszugehen sein, dass auch der nahezu wortlautgleiche § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG europarechtswidrig und daher unangewendet bleiben muss.[13]
Als Konsequenz ist auf die allgemeine Erlaubnisnorm des Art. 6 DS-GVO zurückzugreifen. Im Rahmen von Überwachungsmaßnahmen ist nunmehr Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO[14] anzuwenden, der – wie auch § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG – eine umfassende Interessenabwägung voraussetzt. Die bisher ergangene Rechtsprechung zu § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG ist also vorerst[15] auf Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO zu übertragen. Bei repressiven Maßnahmen zur Aufdeckung von Straftaten bleibt es dagegen bei § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG.[16]
Das LAG Düsseldorf[17] hatte wohl als erstes deutsches Gericht die Chance, die Unanwendbarkeit des § 26 Abs. 1 BDSG explizit zu konstatieren. Die Düsseldorfer Richter ließen diese Chance aber verstreichen und führten aus, § 26 Abs. 1 BDSG sowie Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO würden jeweils die Erforderlichkeit der Datenverarbeitung voraussetzen, sodass die Frage nach der Anwendbarkeit offenbleiben könne.
III. Zur Zulässigkeit des Mithörens von Telefongesprächen
Die Zulässigkeitsgrenzen des Mithörens lassen sich einer rechtsgebietsübergreifenden arbeits-, datenschutz- und strafrechtlichen Bewertung entnehmen.
- Arbeits- und datenschutzrechtliche Ebene
Zuvörderst ist zu konstatieren, dass eine Vielzahl der arbeitsund datenschutzrechtlichen Stimmen die (Un-)Zulässigkeit des Mithörens und Aufzeichnens von Telefongesprächen parallel bewerten.[18] Offenbar wird deren Eingriffsqualität also als vergleichbar eingestuft.
Die weit überwiegende Ansicht geht aufgrund des massiven Eingriffs in das Recht am gesprochenen Wort davon aus, dass das heimliche Mithören – entsprechend der Regelung des § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG – nur beim Verdacht strafbarer Handlungen bzw. Gesprächsinhalte zulässig sein soll.[19] Noch strenger sind Stimmen, die eine generelle Unzulässigkeit des heimlichen Mithörens im Arbeitsverhältnis annehmen.[20]
Da repressive Maßnahmen zur Aufdeckung von (strafbaren) Pflichtverletzungen heimlich erfolgen, wird ein offenes Mithören auf Grundlage des Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO im „gewöhnlichen Arbeitsverhältnis” in der Regel nicht in Betracht kommen.[21] Anders ist dies nur für Arbeitsverhältnisse zu sehen, deren Hauptleistungspflicht die Telefonie beinhalten (z.B. Callcenter, Kundenberatung). Hier ist jedenfalls ein stichprobenartiges offenes Mithören durch den Arbeitgeber oder einen Supervisor zum Zwecke der Ausbildung sowie Qualitäts- und Leistungskontrolle erlaubt.[22]
- Strafrechtliche Ebene
In strafrechtlicher Hinsicht kommen beim Mithören die §§ 201, 206 StGB in Betracht.
a) § 201 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StGB
Die Rechtsprechung[23]sowie Teile der Lehre[24] gehen richtigerweise davon aus, dass das Mithören von Telefongesprächen nicht vom Tatbestand des § 201 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StGB erfasst ist. Bereits begrifflich geht das Gesetz in § 201 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StGB von einem „Abhörgerät” und keinem „Mithörgerät” aus. Mithöranlagen sind zudem – u.a. mit Blick auf die gesetzlich vorgeschriebenen Freisprechanlagen in Kfz (§ 23 Abs. 1a StVO) – mittlerweile üblich geworden. Auch die „mittlere” Eingriffsintensität spricht gegen eine restriktiv zu handhabende strafrechtliche Pönalisierung. Denn beim Mithören wird, anders als beim Abhören und Aufzeichnen, nicht das Vertrauen auf die Vergänglichkeit des gesprochenen Wortes verletzt. Es wird lediglich das Vertrauen in die Redlichkeit des Gesprächspartners enttäuscht, der einen Dritten entgegen den Erwartungen des Opfers mithören lässt. Insoweit ist zu bedenken, dass das Strafrecht „ultima ratio” ist, die „Vertrauensenttäuschung” beim Mithören rechtfertigt lediglich eine zivilrechtliche Persönlichkeitsrechtsverletzung.[25]
b) § 206 Abs. 1 StGB
Bei der Telefonüberwachung wird der seit Jahren hochumstrittene Streit, ob der Arbeitgeber im Falle erlaubter Privatnutzung betrieblicher Kommunikationsmittel (Telefon, Internet, E-Mail) sog. Anbieter von Telekommunikationsdiensten („TK-Anbieter”) i.S.v. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 TTDSG (§ 88 Abs. 2 TKG a.F.) und damit an das Fernmeldegeheimnis gemäß § 3 Abs. 1 TTDSG gebunden ist, virulent. Neben dieser einfachgesetzlichen Ausprägung hat der Gesetzgeber die Verletzung des Fernmeldegeheimnisses zudem nach § 206 StGB pönalisiert.
Die Anwendbarkeit des § 3 TTDSG und § 206 StGB wird im Arbeitsverhältnis sowohl beim Abhören und Aufzeichnen als auch beim Mithören von Telefongesprächen diskutiert.[26]
Möglicherweise zwingt die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Reichweite des Fernmeldegeheimnisses aber zu einer differenzierten Betrachtung: Dieses schützt die Vertraulichkeit der Nutzung des zur Nachrichtenübermittlung eingesetzten technischen Mediums, nicht aber das – auch bei § 201 StGB unbeachtliche – Vertrauen der Kommunikationspartner zueinander. Das Fernmeldegeheimnis erfasst daher ausschließlich Risiken, die in der telekommunikativen Übermittlung durch einen Dritten liegen, also keine Umstände aus dem Einfluss- und Verantwortungsbereich eines der Kommunizierenden.[27] Das Mithören ist, anders als das Abhören und Aufzeichnen, also nicht vom Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses erfasst. Die Frage nach einer Strafbarkeit aus § 206 StGB stellt sich nicht.
- Fazit zu den Zulässigkeitsgrenzen des Mithörens
Die Analyse der strafrechtlichen Ebene zeigt, dass das Mithören von Telefongesprächen – im Gegensatz zum Abhören und Aufzeichnen – straflos ist. Daraus lässt sich folgern, dass der Gesetzgeber die Eingriffsintensität des Mithörens als weniger gravierend einstuft. Entgegen der überkommenen Ansicht muss also eine parallele Handhabung vom Mithören, Abhören und Aufzeichnen ausscheiden. Hierfür spricht auch, dass beim Mithören eine unveränderte, wortlautgetreue Wiedergabe des gesprochenen Worts regelmäßig nicht möglich ist, der Mithörzeuge das Gespräch lediglich aus seinem Gedächtnis wiedergeben kann. Anders ist dies bei der Gesprächsaufzeichnung, die eine wortlautgetreue akustische Reproduktion des Gesprochenen (mitsamt Lautstärke, Betonung, etc.) ermöglicht.
Das heimliche Mithören ist im Hinblick auf die Eingriffsqualität mit einer heimlichen Videoüberwachung vergleichbar, sodass konsequenterweise deren Voraussetzungen[28] für die arbeits- und datenschutzrechtliche Ebene heranzuziehen sind: Das Mithören ist also gemäß § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG bzw. Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO als zulässig zu erachten, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung (z.B. § 23 GeschGehG) oder schweren Pflichtverletzung (etwa Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot) besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ausgeschöpft sind, das Mithören das einzig verbleibende Mittel darstellt und nicht unverhältnismäßig ist.
IV. Zur Zulässigkeit des Abhörens und Aufzeichnens von Telefongesprächen
Auch das Abhören und Aufzeichnen bedarf der arbeits-, datenschutz- und strafrechtlichen Analyse, um anschließend die Zulässigkeitsgrenzen kohärent zu ziehen.
- Arbeits- und datenschutzrechtliche Ebene
Das vertretene Meinungsbild der arbeits- und datenschutzrechtlichen Ebene des Abhörens und Aufzeichnens ist aufgrund des propagierten Gleichlaufs mit dem Mithören vergleichbar mit dem bereits oben Geschilderten, wenn auch unter Hinweis auf eine drohende Strafbarkeit aus § 201 StGB um „einige Pegelstriche” strenger:
Die überwiegende Ansicht erachtet das Abhören und Aufzeichnen, ohne allerdings dezidiert auf die strafrechtliche Ebene einzugehen, nur beim Verdacht strafbarer Handlungen (§ 26 Abs. 1 S. 2 BDSG) für zulässig.[29] Eine verbreitete Ansicht geht dagegen von einer generellen Unzulässigkeit dieser akustischen Kontrollmaßnahmen im Arbeitsverhältnis aus.[30]
- Strafrechtliche Ebene
a) § 201 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 1 StGB
Obgleich das Abhören und Aufzeichnen von Telefongesprächen den Tatbestand des § 201 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt, lässt die arbeits- und datenschutzrechtliche Lehre eine Auseinandersetzung mit der strafrechtlichen Rechtfertigungsebene im Arbeitsverhältnis vermissen. Rechtsprechung hierzu existiert (soweit ersichtlich) nicht. Dies ist mit Blick auf das in der strafrechtlichen Lehre zur akustischen Arbeitnehmerüberwachung vertretene Meinungsbild fatal: Denn eine Gesprächsaufzeichnung auf Straftatverdacht hin nach den §§ 32, 34 StGB wird aufgrund des hohen Stellenwerts des grundgesetzlich verankerten Persönlichkeitsrechts sowie des Makels der Überlistung abgelehnt.[31]
aa) § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG als strafrechtlicher Rechtfertigungsgrund?
Zu einem anderen Ergebnis käme man, wenn § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG als strafrechtlicher Rechtfertigungsgrund fungiert. Dies wird überraschenderweise kaum diskutiert. Teilweise wird für eine Anwendung des § 26 BDSG auf das StGB plädiert, da die datenschutzrechtliche Norm ansonsten „praxisuntauglich” wäre.[32] Andere Stimmen verneinen dies mit dem Argument, dass das BDSG mit den §§ 42, 43 BDSG eigene Sanktionsnormen enthält, die keine Aussagen über die strafrechtlichen Wertungen treffen.[33]
Eine dezidierte Analyse des § 26 BDSG zeigt, dass dieser nicht auf die strafrechtliche Ebene übertragbar ist: § 26 BDSG ist eine originär datenschutzrechtliche Erlaubnisnorm, die lediglich den Umgang mit Daten im Arbeitsverhältnis regelt. Auch die Gesetzesmaterialien enthalten keine Hinweise, dass § 26 BDSG auf strafrechtliche Tatbestände anwendbar ist. Ferner gewährt § 26 BDSG eine – im Vergleich zu den §§ 32, 34 StGB – „erleichterte” Rechtfertigung von Datenverarbeitungen[34], sodass eine Umgehung der strengeren Anforderungen der strafrechtlichen Rechtfertigungsgründe droht. Im Übrigen ist § 26 BDSG eine Kodifikation der prozessualen Figur der „notwehrähnlichen Lage”[35], eine Übertragung würde die sachwidrige Verbindung von materiellen Recht und Prozessrecht zur Folge haben und das austarierte System der §§ 32, 34 StGB sprengen.
Als Zwischenergebnis bleibt also vorerst ein vermeintlicher Verstoß gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (Art. 20 Abs. 3 GG) zu konzedieren: Denn Überwachungsmaßnahmen, die den strafrechtlichen Persönlichkeitsschutz verletzen, können nicht – so wie es die überwiegende Ansicht über § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG annimmt – arbeits- und datenschutzrechtlich zulässig sein.
bb) § 34 StGB im Falle betriebsschädigender Straftaten
Um diesen Widerspruch aufzulösen, bietet sich die strikte Anwendung der notstandsrechtlichen Voraussetzungen (§ 34 StGB) an: Eine gegenwärtige Gefahr (Notstandslage) ist bei Gesprächen mit strafbarem Inhalt, etwa mit Bezug auf noch bevorstehende, gerade stattfindende oder bereits abgeschlossene Straftaten, bei denen die begründete Besorgnis der Wiederholung besteht, anzunehmen. Das geschützte Verarbeitungsinteresse des Arbeitgebers muss ferner das beeinträchtigte Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und des Gesprächspartners „wesentlich” überwiegen (verhältnismäßige Notstandshandlung). Und hier ist einerseits zu berücksichtigen, dass der Persönlichkeitsschutz bei Gesprächen mit Straftatbezug lediglich in der abwägungsoffenen Sozialsphäre betroffen ist[36], zumal sich der Straftäter nicht hinter seinem Recht am eigenen Wort „verstecken” kann. Andererseits gilt es, die schützenswerten Interessen des Arbeitgebers am Erhalt seiner Rechtsgüter (Art. 12, 14 GG) zu beachten. Angesichts der stetig steigenden Compliance-Anforderungen kann der Arbeitgeber im Falle eines Straftatverdachts nicht darauf verwiesen werden, durch bloße Untätigkeit „sehenden Auges” in gesellschafts- (§§ 93 Abs. 2, 91 Abs. 2 AktG, § 43 Abs. 2 GmbHG) und ordnungswidrigkeitenrechtliche (§§ 130, 30 OWiG) Haftungsrisiken „zu rennen”. Ein zeitlich begrenztes Abhören und Aufzeichnen von Telefongesprächen ist daher ausnahmsweise bei einem konkreten Verdacht von betriebsschädigenden Straftaten (§ 23 GeschGehG, Steuer- und Korruptionsdelikte, Kartellverstöße) über § 34 StGB gerechtfertigt, sofern auch mildere, gleich (!) effektive Mittel[37] ausgeschöpft sind.
b) § 206 Abs. 1 StGB
Anders als beim Mithören wird der (höchstrichterlich immer noch nicht entschiedene) Streit über die Eigenschaft des Arbeitgebers als TK-Anbieter nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 TTDSG beim Abhören und Aufzeichnen von Gesprächen relevant, sofern die Privatnutzung des Telefons erlaubt ist. Bejaht wird die Bindung an das Fernmeldegeheimnis von den Datenschutzaufsichtsbehörden[38] sowie einer verbreiteten Lehrmeinung[39] mit dem Argument, der Arbeitgeber erbringe hier Telekommunikationsdienste nicht im eigenen dienstlichen Interesse, sondern im fremden privaten Interesse des Arbeitnehmers. Zwischen den Arbeitsvertragsparteien soll so ein gesondertes Telekommunikationsnutzungsverhältnis entstehen.
Folgt man dem, hätte dies zur Konsequenz, dass dem Arbeitgeber die Kenntnis vom Inhalt und den näheren Umständen der Telefongespräche (also auch die Erfassung der bloßen Telefonverbindungsdaten) wegen § 3 Abs. 3 S. 1 TTDSG grundsätzlich untersagt wäre. Die Weitergabe dieser Informationen an Dritte wäre sogar nach § 206 Abs. 1 StGB strafbewehrt. Verhaltens- und Leistungskontrollen des Arbeitgebers wären damit weitgehend ausgeschlossen und die Weitergabe von Beweismaterial für (strafbare) Pflichtverletzungen der Arbeitnehmer an Strafverfolgungsbehörden oder Gerichte strafbar
Dieses rechtlich nicht haltbare Ergebnis zwingt dazu, den Arbeitgeber mit der Rechtsprechung[40] und eines immer größer werdenden Teils der Lehre[41] nicht als TK-Anbieter einzustufen. Argumentiert wird dabei v.a. mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes, welches der Regulierung des Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation dient (vgl. §§ 1, 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG). TKAnbieter sind die Deutsche Telekom AG sowie deren Wettbewerber im lizenzierten Bereich, die unter den Bedingungen von Wirtschaftlichkeit und Kostendruck konkurrieren. Der Arbeitgeber ist dagegen weder am Markt tätig noch konkurriert dieser wettbewerbsorientiert mit Telekommunikationsunternehmen.
Auch der Gesetzgeber bestätigt diese Ansicht übrigens inzident bei der Wertung der Freiwilligkeit der datenschutzrechtlichen Einwilligung. Nach § 26 Abs. 2 S. 2 BDSG soll eine freiwillige Einwilligung in die Datenverarbeitung vorliegen, wenn für die beschäftigte Person ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Vorteil erreicht wird. Die Gewährung eines Vorteils kann nach dem Willen des Gesetzgebers[42] in der Erlaubnis der Privatnutzung betrieblicher IT-Systeme liegen. Nach der Gegenansicht wäre bei erlaubter Privatnutzung aber das TTDSG anwendbar, sodass Normen des BDSG aufgrund dessen Subsidiaritätsklausel (§ 1 Abs. 2 S. 1 BDSG) keine Anwendung finden. Der Gesetzgeber zeigt hier also gerade, dass auch bei erlaubter Privatnutzung betrieblicher IT-Systeme das BDSG und nicht das TTDSG Anwendung finden soll.
- Fazit zu den Zulässigkeitsgrenzen des Abhörens und Aufzeichnens
Das Abhören und Aufzeichnen von Telefongesprächen erfüllt den Straftatbestand des § 201 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 1 StGB und ist nur beim konkreten Verdacht von betriebsschädigenden Straftaten gem. § 34 StGB gerechtfertigt. Nur in diesem Ausnahmefall ist auch ein datenschutzkonformes Verhalten anzunehmen[43], da der Arbeitgeber aus Compliancegründen und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Mitarbeiterkontrollen straf- und datenschutzrechtskonform durchführen können muss. Die strafrechtliche Wertung ist mithin auf die Datenschutzebene zu übertragen. Im Falle des Vorliegens eines Verdachts von betriebsschädigenden Straftaten ist die repressive Telefonkontrolle nicht nur straflos, sondern auch gemäß § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG (ggü. dem Arbeitnehmer) und Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO (ggü. dem Gesprächspartner als „betriebsfremden Dritten”) datenschutzrechtlich erlaubt.
V. Schlussbemerkungen
Die Arbeitnehmerüberwachung wirft neben arbeits- und datenschutzrechtlichen Aspekten mitunter auch strafrechtliche Implikationen auf. Nur eine rechtsgebietsübergreifende Betrachtungsweise lässt die unterschiedlichen Wertungen des Gesetzgebers und ein kohärentes System der Arbeitnehmerüberwachung erkennbar werden. Für die arbeitgeberseitige Telefonüberwachung ergibt sich dabei folgendes Bild: Das Mithören ist straflos sowie arbeits- und datenschutzrechtlich zulässig, sofern der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung (§ 26 Abs. 1 S. 2 BDSG) oder schweren Pflichtverletzung (Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO) besteht. Das Abhören und Aufzeichnen erfüllt den Straftatbestand des § 201 StGB. Beim konkreten Verdacht von betriebsschädigenden Straftaten ist die Telefonkontrolle über § 34 StGB gerechtfertigt und auch datenschutzrechtlich erlaubt.
Dr. Bernd Kinzinger
ist Rechtsanwalt im Bereich Arbeitsrecht bei maat Rechtsanwälte in München und bearbeitet dort vor allem auch den Beschäftigtendatenschutz
[1] Vgl. etwa den Sachverhalt in BAG NZA 1989, 633: „[…] Über den Inhalt des Telefongesprächs besteht zwischen den Parteien Streit. […]“.
[2] BAG NZA 1986, 643; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Franzen, 23. Aufl. 2023, BDSG § 26 Rn. 29; Taeger/Gabel, DS-GVO – BDSG – TTDSG/Zöll, 4. Aufl. 2022, BDSG § 26 Rn. 42.
[3] BAG NJW 2010, 104 Rn. 21 ff.; BAG NZA 1998, 307; BAG NZA 1996, 218 (220); BAG NJW 1983, 1691.
[4] BVerfG MMR 2003, 35 (37 f.); BVerfG NJW 1992, 815; BAG NJW 2010, 104 Rn. 23; BAG NZA 1996, 218 (221).
[5] BAG NJW 2010, 104 Rn. 22; BAG NJW 1983, 1691 (1692); Byers, Mitarbeiterkontrollen, 2. Aufl. 2022, Rn. 21, 24.
[6] Vgl. Achenbach/Ransiek/Rönnau, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht/Salvenmoser/Schreier, 5. Aufl. 2019, 15. Teil Rn. 139; Kinzinger, Strafbewehrte Arbeitnehmerüberwachung, 2023, S. 36, 46.
[7] BVerfG MMR 2003, 35 (39); BVerfG NJW 1992, 815; BAG NZA 1998, 307 (309); Byers, Mitarbeiterkontrollen, 2. Aufl. 2022, Rn. 89, 100.
[8] Vgl. Achenbach/Ransiek/Rönnau, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht/Salvenmoser/Schreier, 5. Aufl. 2019, 15. Teil Rn. 137; Kinzinger, Strafbewehrte Arbeitnehmerüberwachung, 2023, S. 36, 46.
[9] BT-Drs. 18/11325, 97; BAG ZD 2019, 419 Rn. 51
[10] BT-Drs. 16/13657, 21; BAG NJW 2017, 2853 Rn. 26 ff.
[11] BT-Drs. 16/13657, 21; BAG ZD 2017, 339 Rn. 29.
[12] ZD 2023, 391.
[13] So auch BeckOK Datenschutzrecht/Riesenhuber, 45. Ed. 01.08.2023, BDSG § 26 Rn. 2; einschränkend aber BAG NZA 2023, 1404 mit Blick auf § 26 Abs. 1 S. 1 Alt. 4 BDSG
[14] Auf Art. 6 Abs. 1 lit. b) DS-GVO (Vertragserfüllung), der keine strikte Verhältnismäßigkeitsprüfung erfordert (vgl. Paal/Pauly, Kommentar zu DS-GVO und BDSG/Frenzel, 3. Aufl. 2021, DS-GVO Art. 6 Rn. 14), wird man Überwachungsmaßnahmen dagegen nicht stützen können. Im Übrigen sind Kontrollmaßnahmen auch nicht i.S.v. Art. 6 Abs. 1 lit. b) DS-GVO „für die Erfüllung des Arbeitsvertrags erforderlich“. Insoweit liegt der europäischen Erlaubnisnorm ein deutlich engeres Begriffsverständnis als dem nationalen § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG zu Grunde
[15] Künftig wird der EuGH – im Wege der Auslegung des Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO – einen deutlich stärkeren Einfluss auf die Mitarbeiterüberwachung ausüben, sodass sich deren Grenzen, so wie vom BAG gezogen, ggf. verschieben werden. Denkbar ist daneben, dass der deutsche Gesetzgeber nun endlich ein eigenständiges Beschäftigtendatenschutzgesetz schafft.
[16] § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG stellt mit Blick auf die zu dokumentierenden tatsächlichen Anhaltspunkte eines Straftatverdachts eine „spezifischere Vorschrift“ i.S.v. Art. 88 Abs. 1 DS-GVO dar, ein Verstoß gegen das unionsrechtliche Normwiederholungsverbot ist hier nicht ersichtlich.
[17] BeckRS 2023, 24880 Rn. 103
[18] Für einen Gleichlauf beim Verdacht einer Straftat Auernhammer, DS-GVO/ BDSG-Kommentar/Forst, 7. Aufl. 2020, BDSG § 26 Rn. 144; Byers, Mitarbeiterkontrollen, 2. Aufl. 2022, Rn. 89, 102; Mengel BB 2004, 1445 (1449 ff.); für eine parallele Unzulässigkeit Däubler/Wedde/Weichert/Sommer, Kompaktkommentar zur DS-GVO und BDSG/Däubler, 2018, BDSG § 26 Rn. 138; vgl. ferner Gola RDV 2021, 305 (306).
[19] Auernhammer, DS-GVO/BDSG-Kommentar/Forst, 7. Aufl. 2020, BDSG § 26 Rn. 144; Kramer, IT-Arbeitsrecht/Oberthür, 3. Aufl. 2023, § 2 Rn. 531; Byers, Mitarbeiterkontrollen, 2. Aufl. 2022, Rn. 89, 102; Spehl/Momsen/Grützner CCZ 2014, 2 (4); Klengel/Mückenberger CCZ 2009, 81 (84); Wellhöner/Byers BB 2009, 2310 (2312); Dann/Gastell NJW 2008, 2945 (2948); Oberwetter NZA 2008, 609 (611); Mengel BB 2004, 1445 (1449 ff.); für eine Zulässigkeit auch aufgrund eines konkreten Verdachts einer schweren Pflichtverletzung Plath, Kommentar zu DS-GVO/BDSG/Stamer/Kuhnke, 4. Aufl. 2023, BDSG § 26 Rn. 142.
[20] Däubler/Wedde/Weichert/Sommer, Kompaktkommentar zur DS-GVO und BDSG/Däubler, 2018, BDSG § 26 Rn. 138; Weißgerber NZA 2003, 1005 (1106).
[21] Andere Erlaubnistatbestände, wie eine Einwilligung (§ 26 Abs. 2 BDSG) oder Kollektivvereinbarungen (§ 26 Abs. 4 BDSG) sind gleichwohl denkbar.
[22] BAG NZA 1996, 218 (Mithören zu Ausbildungszwecken während der Probezeit); vgl. ferner Byers, Mitarbeiterkontrollen, 2. Aufl. 2022, Rn. 104 und Dann/ Gastell NJW 2008, 2945 (2948).
[23] BAG NZA 1996, 218 (220); BGH NJW 1994, 596 (598); BGH NJW 1982, 1397 (1398); dagegen offen gelassen von BVerfG MMR 2003, 35 (38)
[24] MüKoStGB/Graf, 4. Aufl. 2021, § 201 Rn. 33; Byers, Mitarbeiterkontrollen, 2. Aufl. 2022, Rn. 97; Kühling/Buchner, Kommentar zu DS-GVO/BDSG/Maschmann, 3. Aufl. 2020, BDSG § 26 Rn. 44; Kinzinger, Strafbewehrte Arbeitnehmerüberwachung, 2023, S. 48 ff.
[25] Vgl. hierzu dezidiert Kinzinger, Strafbewehrte Arbeitnehmerüberwachung, 2023, S. 48 ff.
[26] Siehe etwa Kramer, IT-Arbeitsrecht/Oberthür, 3. Aufl. 2023, § 2 Rn. 558; Byers, Mitarbeiterkontrollen, 2. Aufl. 2022, Rn. 88, 96; Vogt NJOZ 2009, 4206 (4213); Mengel BB 2004, 1445 (1449).
[27] Vgl. BVerfG MMR 2003, 35 und BGH NJW 1996, 2940 (2943).
[28] Vgl. zu den Voraussetzungen der heimlichen Videoüberwachung BAG NZA 2019, 1212 Rn. 36; BAG ZD 2017, 344 Rn. 28; BAG NJW 2003, 3436 (3437)
[29] Auernhammer, DS-GVO/BDSG-Kommentar/Forst, 7. Aufl. 2020, BDSG § 26 Rn. 144; Byers, Mitarbeiterkontrollen, 2. Aufl. 2022, Rn. 89, 102; Achenbach/Ransiek/Rönnau, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht/Salvenmoser/Schreier, 5. Aufl. 2019, 15. Teil Rn. 145; Wellhöner/Byers BB 2009, 2310 (2312); Mengel BB 2004, 1445 (1449 ff.); für eine Zulässigkeit auch aufgrund eines konkreten Verdachts einer schweren Pflichtverletzung Plath, Kommentar zu DS-GVO/BDSG/Stamer/Kuhnke, 4. Aufl. 2023, BDSG § 26 Rn. 142.
[30] Vgl. etwa Kramer, IT-Arbeitsrecht/Oberthür, 3. Aufl. 2023, § 2 Rn. 530 f.; MHdB ArbR/Reichold, 5. Aufl. 2021, § 94 Rn. 10; Däubler/Wedde/Weichert/Sommer, Kompaktkommentar zur DS-GVO und BDSG/Däubler, 2018, BDSG § 26 Rn. 138; Weißgerber NZA 2003, 1005 (1106).
[31] Vgl. Kindhäuser/Neumann/Paeffgen/Saliger, StGB/Kargl, 6. Aufl. 2023, § 201 Rn. 27; Schönke/Schröder StGB/Eisele, 30. Aufl. 2019, § 201 Rn. 31b; Kramer, IT-Arbeitsrecht/Petri, 3. Aufl. 2023, § 5 Rn. 103.
[32] Gercke/Kraft/Richter, Arbeitsstrafrecht/Gercke/Grözinger/Kraft/Richter, 3. Aufl. 2021, 2. Kap. Rn. 1244; Eisele ZIS 2012, 402 (407); Rübenstahl/Debus NZWiSt 2012, 129 (135).
[33] Kramer, IT-Arbeitsrecht/Petri, 3. Aufl. 2023, § 5 Rn. 27, 87; Kinzinger, Strafbewehrte Arbeitnehmerüberwachung, 2023, S. 72 ff.; wohl auch Fischer, Strafgesetzbuch, 70. Aufl. 2023, § 202a StGB Rn. 12.
[34] So setzen die §§ 32, 34 StGB – anders als § 26 BDSG – explizit einen gegenwärtigen Angriff bzw. eine gegenwärtige Gefahr voraus. § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG rechtfertigt die Erfassung unverdächtiger Personen (vgl. BAG ZD 2017, 344 Rn. 30), während § 32 StGB nur Eingriffe in Rechtsgüter des Angreifers erlaubt. Ferner normiert § 26 Abs. 1 BDSG eine „einfache“ Interessenabwägung, während für den Notstand nach dessen Abwägungsklausel ein „wesentliches Überwiegen“ des zu schützenden Interesses notwendig ist
[35] § 26 BDSG beruht auf der Rspr. des BAG zur Beweisverwertung optischer Videoüberwachungen von Beschäftigten, vgl. BT-Drs. 16/13657, 20 f. und BTDrs. 18/11325, 97. Die vom Gesetzgeber erwähnten Gerichtsentscheidungen (BAG NJW 2003, 3436 (3437) und BAG NZA 2004, 1278 (1282)) orientieren sich explizit an der prozessualen Figur der „notwehrähnlichen Lage“
[36] Die Rspr. räumt ein, dass sogar Gespräche in der – grundrechtlich besonders geschützten (Art. 13 GG) – Wohnung einen Sozialbezug aufweisen, sofern diese einen Straftatbezug enthalten. Im Übrigen haben die in Betriebs- und Geschäftsräumen geführten Gespräche – auch ohne Straftatbezug – regelmäßig geschäftlichen Charakter und somit typischerweise einen Sozialbezug, vgl. BGH BeckRS 2019, 5424 und BGH MMR 2004, 302 (305)
[37] Als mildere Mittel ist z.B. die Überwachung ohne technische Hilfsmittel durch Vorgesetzte oder Kollegen denkbar, wobei es häufig an der vergleichbaren Effektivität mangeln wird. Bei Straftaten nach § 23 GeschGehG ist die Aufzeichnung regelmäßig die einzige Möglichkeit, den Arbeitnehmer der Straftat zu überführen.
[38] Wohlgemerkt zur Vorgängernorm des § 88 TKG a.F., vgl. BfDI, Surfen am Arbeitsplatz, Stand März 2020, S. 5; Orientierungshilfe der Datenschutzaufsichtsbehörden zur datenschutzgerechten Nutzung von E-Mail und anderen Internetdiensten am Arbeitsplatz, Stand Januar 2016, S. 4; siehe auch Brink/ Schwab ArbRAktuell 2018, 111 (112).
[39] Taeger/Gabel, DS-GVO-BDSG-TTDSG, 4. Aufl. 2022, TTDSG § 3 Rn. 17; Boecken/ Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht/Brink/Joos, 2. Aufl. 2022, BDSG § 26 Rn. 123; Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht/Däubler, 5. Aufl. 2022, BDSG § 26 Rn. 95 f.; zum § 88 TKG a.F. Dann/Gastell NJW 2008, 2945 (2946).
[40] Aus der Landesarbeitsgerichtsbarkeit zum § 88 TKG a.F. LAG Rheinland-Pfalz ZD 2019, 369; LAG Berlin-Brandenburg BeckRS 2016, 67048 Rn. 81; LAG Hessen BeckRS 2013, 75084; LAG Berlin-Brandenburg ZD 2011, 43; LAG Niedersachsen MMR 2010, 639 (640); a.A. nur LAG Hessen NZA-RR 2019, 130 Rn. 55
[41] BeckOK Datenschutzrecht/Riesenhuber, 45. Ed. 01.08.2023, BDSG § 26 Rn. 169; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Franzen, 23. Aufl. 2023, BDSG § 26 Rn. 30; Plath, Kommentar zu DS-GVO/BDSG/Stamer/Kuhnke, 4. Aufl. 2023, BDSG § 26 Rn. 141; Kinzinger, Strafbewehrte Arbeitnehmerüberwachung, 2023, S. 90 ff.; Assion, TTDSG/Assion, 1. Aufl. 2022, § 3 Rn. 72; Wünschelbaum NJW 2022, 1561 (1563 f.); zum § 88 TKG a.F. Byers, Mitarbeiterkontrollen, 2. Aufl. 2022, Rn. 32 ff.; Thüsing, Beschäftigtendatenschutz und Compliance/Thüsing, 3. Aufl. 2021, § 3 Rn. 79 ff.
[42] BT-Drs. 18/11325, 97; BR-Drs. 110/17, 97
[43] Grundsätzlich ist dieser Schluss nicht zwingend: Denn straflose Verhaltensweisen können durchaus arbeits- und datenschutzrechtlich unzulässig sein.