Das Dateneigentum und die E-Person
In der heutigen Praxis besteht bereits aufgrund der jetzigen Rechtslage Unklarheit über das „Eigentum“ bzw. über die Inhaberschaft an Daten, sodass die Zuordnung durch Vertragsklauseln erfolgen muss. Dadurch entscheiden grundsätzlich die Vertragsverhandlungen zwischen den beteiligten Parteien darüber, wem die Daten gehören sollen. Dies wird umso komplexer, wenn die elektronische Person – auch „E-Person“ genannt – kodifiziert wird. Denn damit erweitert sich der Kreis der Interessenten an den Daten sowie der Vertragspartner. Die Auswirkungen dieser Veränderungen sowie die damit einhergehende Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung zum Dateneigentum soll der folgende Beitrag thematisieren.
I. Regelungsgehalt und Interessenlage
Mit den Vertragsklauseln zwischen den Beteiligten wird das Zugangs-, Nutzungs- oder Integritätsrecht an Daten mit oder ohne Personenbezug geregelt. Als Berechtigte kommen dabei insbesondere das Datensubjekt, der Maschinenhersteller, Maschineneigentümer oder Skribent in Betracht. Durch die Schaffung einer „E-Person” erweitert sich dieser Kreis um einen weiteren Berechtigten. Hinter dem Interesse an dem Recht an den Daten liegen hauptsächlich wirtschaftliche Zwecke, da Daten im heutigen, digitalen Zeitalter ein wichtiges Wirtschaftsgut sind. Insbesondere in der Automobilbranche haben die Autohersteller, aber auch die Hersteller der im PKW verbauten Software, ein wirtschaftliches Interesse an den Rechtspositionen an den verschiedenen Daten, wie z.B. der Daten hinsichtlich des Fahrverhaltens des Eigentümers, weil sich diese lukrativ an Versicherungen weiterreichen lassen. Aber auch z.B. Krankenkassen und Produzenten haben ein Interesse an den mittels Smart Devices (etwa Fitnesstrackern oder entsprechender Apps) generierten Daten, um ihre Tarife gezielter dem individuellen Verhalten der Betroffenen anzupassen und damit das Eigenrisiko des Versicherungsträgers verringern zu können.
II. Erhobene Daten
Umso deutlicher wird die Interessenlage, wenn man anhand von Verarbeitungsbeispielen die erhobenen Daten darstellt. Dies gilt insbesondere für die Datenverarbeitung beim autonom fahrenden PKW. Dabei werden neben den Bewegungsdaten des PKW, Daten für Wartungs- und Reparaturzwecke, Daten über das Fahrzeug und seine Komponenten zum Zweck der Verbesserung und Weiterentwicklung, Daten für vernetzte Verkehrssysteme (z.B. C-ITS: Cooperative Intelligent Traffic-Systems) und für andere vernetzte Dienste, die das Fahrzeug und seinen Betrieb im Straßenverkehr selbst betreffen, Daten, die in einem gegebenenfalls vorhandenen Unfalldatenspeicher abgelegt werden, Daten, die die Medien- und Telekommunikationsdienste im Fahrzeug, Karten-, Verkehrs- und Wetterdienste betreffen, Daten für Mautsysteme bei Privatstraßen, für Versicherungen etc., und insbesondere auch personenbezogene Daten – sofern die Daten oder Informationen nicht vollständig und endgültig anonymisiert sind, sodass eine Identifizierung nicht möglich ist – erhoben. Angenommen eine Anonymisierung wird nicht vorgenommen, so werden von dem Fahrer unter anderem die Sitzeinstellungen, dessen Navigationsziele, seine Adressbuch- und Telefondaten, sein Verbrauch und sein Schaltverhalten dokumentiert. Die Zulässigkeit der Verarbeitung von diesen personenbezogenen Daten ohne Einwilligung oder bei Widerruf der Einwilligung nach Art. 7 DS-GVO richtet sich nach Art. 6 I lit. f) DS-GVO. Aber auch bei Bewertungsportalen und sozialen Netzwerken besteht ein Interesse an einem möglichst umfassenden Recht an den auf ihren Seiten generierten Bewertungen und anderen Daten. Denn bereits mit lediglich 300 „Likes” lässt sich das Verhalten einer Person eindeutiger vorhersagen, als dies deren Partner könnte, und mit noch mehr „Likes” lässt sich sogar übertreffen, was Menschen von sich selber zu wissen glauben. Daraus ergibt sich ein wirtschaftliches Interesse an diesen Daten, weil durch diese Nutzerprofile gebildet werden und damit individualisierte Werbung entwickelt sowie geschaltet werden können.
IV. Vertragsklauseln für die Zuordnung von Daten
Nachdem festgestellt worden ist, dass die Zuordnung des Rechts an Daten aufgrund der ungeklärten Rechtslage durch Vertragsklauseln erfolgt, muss auf deren Zulässigkeit eingegangen werden. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass der Entwurf von Vertragsmodellen den Anforderungen des BGB-Vertragsrechts, insbesondere der §§ 305 ff. BGB und der DSGVO, entsprechen muss. Daraus folgt, dass insbesondere die jeweiligen Normen der DS-GVO und das Institut der Allgemeinen Geschäftsbedingungen – vorausgesetzt, dass es sich um solche handelt – im Bereich zwischen Unternehmern, die sich um die personenbezogenen Daten streiten, eingehalten werden müssen. Bei Daten ohne Personenbezug müssten nur die §§ 305 ff. BGB als Grenzen einer ausgewogenen und angemessenen Vertragsgestaltung gelten. Bei der Einhaltung dieser Grenzen kommt es mangels entsprechender Rechtsprechung, die sich den spezifischen Besonderheiten von Datentransaktionen annimmt, auf eine umsichtige Risikobewertung und vorausschauende Vertragsgestaltung an. Es drängt sich damit auf, dass die Zulässigkeit von Vertragsklauseln für die Zuordnung von Daten bislang nicht abschließend beurteilt werden kann. Dies gilt insbesondere aus dem Grunde, dass es keine gesetzliche Regelung zum Dateneigentum gibt, die als wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zur Prüfung der Zulässigkeit einer Vertragsklausel zum Dateneigentum herangezogen werden könnte. Vielmehr muss die fortschreitende, rechtliche Entwicklung bezüglich der Zuordnung von Rechten an Daten verfolgt und dementsprechend gehandelt werden.
V. Problematik de lege ferenda
Mit der Schaffung einer „E-Person“, die de lege ferenda von der EU geplant ist, wird die Frage aufkommen, ob die autonom agierende Maschine (z.B. das autonom fahrende Fahrzeug) als sog. „E-Person“ als Inhaberin der Daten gelten kann, da die „E-Person“, die rechtlich einer natürlichen Person im Wesentlichen gleichgestellt werden soll, sowohl personenbezogene als auch sonstige Daten erheben und speichern wird. Somit wird sie auch als die Erzeugerin der Daten gelten. Damit hat sie auch den tatsächlichen Zugriff auf die Daten, sodass sie die „Herrin“ über diese wäre. Daraus folgt, dass es viele Argumente gäbe, die für eine Zuordnung der Daten zur „E-Person“ sprächen. Dadurch wird auch ein Vertrag mit der „E-Person“ hinsichtlich des Datenzugangs und der Datenzuordnung notwendig. Solange eine Maschine diese Verhandlungen nicht selbst führen kann, muss dies durch einen Vertreter erfolgen. Denkbar wäre es, dass ein gesetzlicher Vertreter wie eine Art „Betreuer“ bestimmt wird, der im wirtschaftlichen Interesse der „E-Person“ handelt. Insbesondere der Hersteller könnte nicht dessen Vertreter sein, da dieser wiederum ein eigenes Interesse an den Daten hat. Somit bestünde ein nicht hinnehmbarer Interessenkonflikt. Unabhängig davon, wer die Vertragsverhandlungen für die „E-Person“ führen wird, werden die Beteiligten zumindest nicht um eine vertragliche Regelung mit der „E-Person“ hinsichtlich des Zugangs zu den Daten herumkommen. Ferner wird die bereits für erledigt erachtete Diskussion des Dateneigentums durch die Stellungnahme der Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“ der Justizministerinnen und Justizminister der Länder, die sich ausführlich mit dem Thema auseinandergesetzt hat und neben der Erkenntnis, dass ein „Dateneigentum“ oder ein anderes absolutes Recht an digitalen Daten in der gegenwärtigen Rechtsordnung nicht existiere, zu dem Ergebnis gelangte, dass die Schaffung eines solchen absoluten Rechts aktuell weder nötig noch wünschenswert sei, mit der Schaffung der „E-Person“ erneut entfacht werden. Denn die „E-Person“ vereint, wie bereits oben angedeutet, mehrere Kriterien, die für die Zuordnung von Daten herangezogen werden. Sie erzeugt und speichert autonom Daten und hätte auf diese auch einen vollumfänglichen, tatsächlichen Zugriff, wodurch sie „Herrin“ über die Daten wäre. Da letztendlich mit der „E-Person“ an der Datenerhebung eine Person mehr beteiligt sein wird, werden sich auch mehr widerstreitende Interessen entgegenstehen, die in Einklang gebracht werden müssen. Dies kann nur durch eine gesetzliche Regelung erfolgen. Denn erst rechtlich eindeutige Regelungen sorgen für Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zwischen den Parteien. Die Schaffung der „E-Person“ verunsichert die Vertragsparteien dagegen nur und stellt diese vor neue Probleme.