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Urteil : Auskunftsrecht nach DS GVO ist Marktverhaltensregelung : aus der RDV 3/2024, Seite 184-185

(LG Düsseldorf, Beschluss vom 15. März 2024 – 34 O 41/23 –) Art. 12 und Art. 15 DS-GVO sind als Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a UWG anzusehen. (nicht amtlicher Leitsatz)

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Aus den Gründen:

Der Unterlassungsanspruch […] ist begründet gem. § 8 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 1, § 3, 3a UWG i.V.m. Art. 15 DS‑GVO.

Der Kläger ist als qualifizierte Einrichtung im Sinne des §  8 Abs.  3 Nr. 3 UWG klagebefugt (EuGH, Urt. v. 28.04.2022 – C-319/20 – Meta Platforms Ireland; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Auflage 2024, § 3a UWG, Rn. 1.40b ff.). In der Auskunftserteilung liegt eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG, weil sie im Zusammen‑ hang mit der Durchführung eines (vermeintlichen) Vertrags über Waren steht.

  1. Die Beklagte hat Herrn [geschwärzt] erst knapp zwei Monate nach seinem Auskunftsbegehren (Anlage K 4) die geforderte datenschutzrechtliche Auskunft (Anlage K 5) er‑ teilt und damit gegen Marktverhaltensregelungen verstoßen. Nach Art. 15 Abs. 1 DS‑GVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf die in der Vorschrift nachfolgend aufgezählten Informationen. Gem. Art. 12 Abs. 3 S. 1 DS‑GVO hat der Unternehmer einer betroffenen Person die Auskunft nach Art. 15 DS‑GVO unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb eines Monats zu erteilen. Diese Frist hat die Beklagte unstreitig nicht eingehalten. Bei Art. 12 Abs. 3, Art. 15 DS‑GVO handelt es sich um Marktverhaltensvorschriften im Sinne des § 3a UWG. Marktverhalten ist jede Tätigkeit auf einem Markt, die objektiv der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen dient und durch die ein Unternehmer auf Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer einwirkt. Eine Norm regelt das Marktverhalten, wenn sie einen Wettbewerbsbezug aufweist, indem sie die wettbewerblichen Belange der als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommenden Personen schützt. Eine Vorschrift, die dem Schutz von Rechten, Rechtsgütern oder sonstigen Interessen von Marktteilnehmern dient, ist eine Marktverhaltensregelung, wenn das geschützte Interesse gerade durch die Marktteilnahme, also durch den Abschluss von Austauschverträgen und den nachfolgenden Verbrauch oder Gebrauch der erworbenen Ware oder in Anspruch genommenen Dienstleitung berührt wird. Dabei genügt, dass die Vorschrift zumindest auch den Schutz der wettbewerblichen Interessen der Marktteilnehmer bezweckt. Datenschutzrechtliche Bestimmungen weisen einen wettbewerbsrechtlichen Bezug auf, soweit es um die Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Daten geht, etwa zu Zwecken der Werbung, der Meinungsforschung, der Erstellung von Nutzerprofilen, des Adresshandels oder sonstiger kommerzieller Zwecke (vgl. statt aller: OLG Stuttgart, Urt. v. 27.02.2020 – 2 U 257/19 – Reifensofortverkauf, m.w.N.). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs handelt es sich bei Art.  12, Art.  15 DS‑GVO um Marktverhaltensregelungen. Die Auskunftspflicht und die diesbezügliche Frist dienen dem Verbraucherschutz. Sie flankieren die Informationspflichten des Unternehmers nach Art. 13 DS‑GVO, wo‑ nach der Verantwortliche im Sinne von Art.  4 DS‑GVO vor der Entgegennahme personenbezogener Daten des Interessenten über bestimmte Umstände zu informieren hat. Beide Informations- bzw. Auskunftspflichten dienen dem Interesse des Verbrauchers und sonstigen Marktteilnehmers, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen. Bei den Informationspflichten nach Art. 13 DS‑GVO dienen sie dem Verbraucher zur Entscheidung, ob er mit dem Unternehmen überhaupt in Kontakt treten möchte (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O.). Die Auskunftspflicht nach Art.  15 DS‑GVO und die Frist in Art. 12 DS‑GVO dienen im Nachgang zur Geschäftsanbahnung der Vertragsabwicklung. Sie ermöglichen damit dem Verbraucher eine geschäftliche Entscheidung über sein weiteres Handeln in diesem Geschäftskontakt zu treffen.
  2. Der Verstoß ist auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Die Spürbarkeitsklausel hat den Zweck, solche Fälle des Verstoßes gegen eine Marktverhaltensregelung von der Verfolgung auszunehmen, die keine nennenswerte Auswirkung auf andere Marktteilnehmer haben. Denn daran besteht kein Interesse der Allgemeinheit. Ein Verbot ist vielmehr nur dann erforderlich, wenn dies der Schutz der Verbraucher, der Mitbewerber oder der sonstigen Marktteilnehmer erfordert. Das ist aber nur dann der Fall, wenn sich die unlautere geschäftliche Handlung tatsächlich auf die anderen Marktteilnehmer auswirkt oder doch auswirken kann (Köhler/ Bornkamm/Feddersen, a.a.O., Rn.  1.96). Bei den Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern geht es in erster Linie darum, eine informierte und freie geschäftliche Entscheidung (§ 2 Abs.1 Nr. 1 UWG) treffen zu können (Köhler/ Bornkamm/Feddersen, a.a.O., Rn. 1.98). Da die fristgerechte Auskunftserteilung dem Verbraucher ermöglicht, die weitere Durchführung eines Vertrags oder Geschäftskontakts zu gestalten, ist ein hiergegen gerichteter Verstoß als spür‑ bar zu bewerten. Denn sie dient letztlich der informierten Entscheidung.