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Urteil : Kein Anspruch auf Löschung aus dem Handelsregister I (GmbH) : aus der RDV 3/2024, Seite 177-180

(BGH, Beschluss vom 23. Januar 2024 – II ZB 7/23 –)

Archiv RDV
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  1. Der Geschäftsführer einer GmbH hat keinen Anspruch aus Art. 17 Abs. 1 DS‑GVO auf Löschung seines Geburtsdatums und seines Wohnorts im Handelsregister.
  2. Der Wohnort des Geschäftsführers einer GmbH ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.
  3. Ein Widerspruchsrecht gem. Art.  21 Abs.  1 DS‑GVO besteht nicht, wenn die Datenverarbeitung aufgrund von Art. 6 Abs. 1 Buchst. c) DS‑GVO zur Erfüllung einer rechtlichen Pflicht des Verantwortlichen erfolgt. Das gilt auch dann, wenn die Verarbeitung zugleich nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. e) DS‑GVO erlaubt wäre. Auch ein Anspruch aus Art.  18 Abs.  1 Buchst. d) DS‑GVO auf Einschränkung der Verarbeitung besteht in diesem Fall nicht.

Aus den Gründen:

  1. Ein Anspruch des Antragstellers auf Entfernung der Angabe seines Geburtsdatums und seines Wohnorts aus seiner Eintragung als GmbH-Geschäftsführer im Handelsregister ergibt sich weder aus der Datenschutz-Grundverordnung noch aus nationalem Recht.
  2. a) Ein Anspruch auf Entfernung der Daten gem. Art.  17 Abs. 1 und 2 DS-GVO (ABl. L 119 vom 04.05.2016, S. 1) ist nach Art. 17 Abs. 3 Buchst. b) Fall 1 DS-GVO ausgeschlossen. Die Eintragung, Speicherung und Offenlegung des Geburtsdatums und des Wohnorts eines GmbH-Geschäftsführers im Handelsregister ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung des Registergerichts im Sinne von Art. 17 Abs. 3 Buchst. b) Fall 1 DS-GVO erforderlich. […]

aaa) Nach Art.  17 Abs.  3 Buchst.  b) Fall 1 DS-GVO gelten Art.  17 Abs.  1 und Abs.  2 DS-GVO nicht, soweit die Verarbeitung der Daten zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung des Verantwortlichen, die sich aus dem Recht der Union oder dem Recht eines Mitgliedstaats, dem der Verantwortliche unterliegt, ergeben kann, erforderlich ist. Diese rechtliche Verpflichtung muss, wie sich aus ErwG 41 S.  1 DS-GVO ergibt, nicht notwendig in einem Parlamentsgesetz normiert sein (EuGH, Urt. v. 24.02.2022 – C-175/20, ECLI:EU:C:2022:124 = ZD 2022, 271 Rn. 52 – Valsts ieņēmumu dienests), solange die Anforderungen gem. der Verfassungsordnung des Mitgliedstaats gewahrt sind. Entsprechend den allgemeinen Regeln für die Rechtfertigung von Eingriffen in die durch die Charta verbürgten Grundrechte (Art. 52 Abs. 1 der Charta) kann sich die Rechtsgrundlage nach Art.  123 Abs.  1 GG auch aus vorkonstitutionellem Gewohnheitsrecht ergeben (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts vom 16.04.2015 – C-580/13, ECLI:EU:C:2015:243 Rn. 37 – Coty;Jarass, EU-Grundrechte-Charta, 4. Aufl., Art. 52 Rn. 26; BeckOK Datenschutzrecht/von Lewinksi, Stand: 01.11.2023, Art. 22 DS-GVO Rn. 44; Zöll, in: Taeger/ Gabel, DS-GVO/BDSG/TTDSG, 4. Aufl., Art. 88 Rn. 10). Sie muss aber, da Art. 17 Abs. 3 Buchst. b) DS-GVO die Regelung in Art.  6 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst.  c) DS-GVO widerspiegelt, den in Art. 6 Abs. 2 und 3 DS-GVO geregelten Anforderungen genügen (vgl. Peuker, in: Sydow/Marsch, DS-GVO/ BDSG, 3. Aufl., Art. 17 DS-GVO Rn. 63; Herbst, in: Kühling/Buchner, DS-GVO/BDSG, 4. Aufl., Art. 17 DS-GVO Rn. 74 f.; BeckOK Datenschutzrecht/Worms, Stand: 01.08.2023, Art. 17 DS-GVO Rn.  83; Meentz/Hinzpeter, in: Taeger/Gabel, DS-GVO/BDSG/ TTDSG, 4. Aufl., Art. 17 DS-GVO Rn. 125). Demnach muss der Zweck der Verarbeitung in der Rechtsgrundlage festgelegt sein (Art.  6 Abs.  3 S.  2 DS-GVO). Außerdem muss die Verarbeitung zur Erfüllung der rechtlichen Verpflichtung des Verantwortlichen tatsächlich erforderlich sein, diese Rechtsgrundlage nach Art. 6 Abs. 3 S. 4 DS-GVO ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgen und in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten legitimen Zweck stehen und die Verarbeitung muss innerhalb der Grenzen des unbedingt Notwendigen erfolgen (EuGH, Urt. v. 04.07.2023 – C-252/21, ECLI:EU:C:2023:537 = RIW 2023, 516 Rn. 138 = NJW 2023, 2997 – Meta Platforms).

bbb) Das Registergericht ist zu der in Rede stehenden Verarbeitung des Geburtsdatums und des Wohnorts des Antragstellers rechtlich verpflichtet.

(1) Nach § 7 Abs. 1 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) ist die Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Der Anmeldung ist nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 GmbHG die Legitimation der Geschäftsführer beizufügen. Eine Änderung in den Personen der Geschäftsführer ist nach § 39 Abs. 1 GmbHG ebenfalls zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. In der Anmeldung ist auch das Geburtsdatum des Geschäftsführers anzugeben (§ 24 Abs. 1 HRV). Eine ausdrücklich normierte Pflicht zur Angabe des Wohnorts des Geschäftsführers bei der Anmeldung besteht nicht, ist aber jedenfalls gewohnheitsrechtlich begründet. Gewohnheitsrecht steht als Rechtsquelle gleichwertig neben dem Gesetzesrecht, so dass es auch Grundlage einer registerrechtlichen Eintragung sein kann (BGH, Beschl. v. 04.04.2017 – II ZB 10/16, ZIP 2017, 1067 Rn.  22; Beschl. v. 31.01.2023 – II ZB 10/22, BGHZ 236, 123 Rn. 12). Es entsteht durch längere tatsächliche Übung, die eine dauernde und ständige, gleichmäßige und allgemeine ist und subjektiv von den Beteiligten als verbindliche Rechtsnorm anerkannt wird (vgl. BGH, Beschl. v. 04.04.2017 – II ZB 10/16, ZIP 2017, 1067 Rn. 24; Beschl. v. 31.01.2023 – II ZB 10/22, BGHZ 236, 123 Rn.  18). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der Angabe des Wohnorts des GmbH-Geschäftsführers bei der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister erfüllt.

Die Angabe des Wohnorts des Geschäftsführers bei der Anmeldung entspricht langjähriger ständiger Praxis. Diese geht zurück auf § 7 Abs. 1, § 10 Abs. 2 GmbHG i.d.F. des Reichsgesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung vom 20.04.1892 (RGBl. 1892 S. 477; im Folgenden: GmbHG aF), in denen u.a. die Anmeldung der Personen der Geschäftsführer zur Eintragung (§  7 Abs.  1 GmbHG aF) und die Veröffentlichung der Wohnorte der Geschäftsführer (§ 10 Abs. 2 GmbHG aF) noch ausdrücklich vorgeschrieben waren. Auch nach Änderung dieser Regelungen durch Gesetz vom 20. Mai 1898 (RGBl. 1898 S. 846) mit Wirkung vom 1. Januar 1900 in eine den heutigen § 7 Abs. 1, § 10 Abs. 1 S. 1 GmbHG entsprechende Formulierung war es weiterhin Praxis, auch die Geschäftsführer anzumelden (siehe Cohn, Das Handels- und Genossenschafts-Register, 2. Aufl. 1901, § 60 I. S. 287; Hachenburg, GmbHG, 5. Aufl. 1926, § 7 Anm. 3) und mit ihrem Wohnort in das Handelsregister einzutragen (siehe Brand/Meyer zum Gottesberge, Die Registersachen in der gerichtlichen Praxis, 3. Aufl. 1929, § 100 Anm. 2. S. 295), weil man darin eine die einzutragende Person des Geschäftsführers konkretisierende Angabe sah (Hachenburg, GmbHG, 5. Aufl. 1926, § 10 Anm. 6). Mit Erlass der Allgemeinen Verfügung über die Einrichtung und Führung des Handelsregisters (Handelsregisterverfügung) vom 10. August 1937 (RGBl. S. 151; im Folgenden: HRV aF) wurde die zuvor teilweise bereits landesrechtlich vorgeschriebene Eintragung des Wohnorts des Geschäftsführers im Handelsregister (vgl. BayObLG, Beschl. v. 04.04.1910 – Reg. V. 14/1910, BayObLGZ 11, 237, 240; Scholz, GmbHG, 1928, § 10 II. 1.) wieder einheitlich und ausdrücklich angeordnet (§ 43 Nr. 4 HRV aF). Dem folgend entspricht es seitdem allgemeiner notarieller Praxis, bei der Anmeldung der Gesellschaft den Wohnort des Geschäftsführers anzugeben (vgl. Herrler/ Haines, Gesellschaftsrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis, 2. Aufl., § 6 Rn. 47; Krafka, Registerrecht, 12. Aufl., Rn. 971; Mayer/Weiler, in: Beck’sches Notarhandbuch, 8. Aufl., § 22 Rn.  194; Melchior/Böhringer, in: Gustavus, Handelsregisteranmeldungen, Stand: 10/2023, Mustertext M 91a.1; Pfisterer in Beck’sches Formularbuch GmbH-Recht, B. I. 5. Anm. 8; Römermann/Strehle, Münchener Anwaltshandbuch GmbHRecht, 5. Aufl., § 3 Rn. 121, 124; Terbrack, in: Hauschild/Kallrath/ Wachter, Notarhandbuch Gesellschafts- und Unternehmensrecht, 3. Aufl., § 16 Rn.  74; Trölitzsch, in: Oppenländer/Trölitzsch, Praxishandbuch der GmbH-Geschäftsführung, 3. Aufl., § 11 Rn. 41; Vossius, in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Stand: August 2023, Anhang 4, M 157; Wentrup in Beck’sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht, 14. Aufl., IX. 2.; MünchHdBGesR III/Wobst, 6. Aufl., § 8 Rn. 13; Gutachten des Deutschen Notarinstituts DNotI-Report 2004, 89; Wachter, GmbHR 2023, 593, 595).

Diese ständige Übung wird von den Beteiligten als rechtlich verbindlich anerkannt. Es ist allgemeine Auffassung, dass die Anmeldung der Gesellschaft auch die nach § 43 Nr. 4 S. 1 Buchst. b) HRV einzutragende Angabe zum Wohnort des Geschäftsführers zu enthalten hat (Altmeppen, GmbHG, 11. Aufl., § 8 Rn. 4; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 21. Aufl., § 8 Rn. 3; MünchKommGmbHG/Herrler, 4. Aufl., § 8 Rn. 18; Link, in: Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 6. Aufl., § 8 Rn. 12, 46; Schäfer, in: Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 8 Rn. 3; Pfisterer, in: Saenger/Inhester, GmbHG, 4. Aufl., § 8 Rn. 5; Tebben/Kämper, in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 4. Aufl., § 8 Rn. 10; BeckOGK HRV/Szalai, Stand: 15.10.2023, § 24 Rn. 7; Scholz/Veil, GmbHG, 13. Aufl., § 8 Rn. 9; Wicke, GmbHG, 4. Aufl., § 8 Rn. 3; Wöstmann, in: Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl., § 8 Rn.  4; aA Wachter, GmbHR 2023, 593, 595). § 24 Abs.  1 HRV steht dem nicht entgegen, weil es sich bei § 43 HRV systematisch um die speziellere Vorschrift handelt (BeckOGK HRV/ Szalai, Stand: 15.10.2023, § 24 Rn. 7). Auch dem Handelsrechtsreformgesetz vom 22. Juni 1998 (BGBl. I S. 1474), mit dem erstmals eine Verpflichtung zur Angabe des Geburtsdatums geschaffen und die bis dahin geltende Angabe des Berufs oder Standes abgelöst wurde, lag die Vorstellung zugrunde, dass weiterhin der Wohnort des Geschäftsführers anzugeben ist (RegE eines Gesetzes zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung anderer handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften, BT-Drucks. 13/8444, S. 85).

Infolge dieser gewohnheitsrechtlichen Konkretisierung von § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2, § 39 Abs. 1 GmbHG ist die Pflicht zur Angabe des Wohnorts des Geschäftsführers bei der Anmeldung der Gesellschaft für die Rechtsunterworfenen auch hinreichend vorhersehbar und transparent (Art. 5 Abs. 1 Buchst. a) DS-GVO, ErwG 41 S. 2 DS-GVO).

(2) Das Registergericht ist, wie oben bereits erwähnt, nach § 10 Abs. 1 S. 1 GmbHG, § 387 Abs. 2 FamFG, § 43 Nr. 4 S. 1 Buchst. b) HRV verpflichtet, bei der Eintragung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in das Handelsregister neben dem Familiennamen und Vornamen das Geburtsdatum und den Wohnort des Geschäftsführers einzutragen (vgl. BGH, Beschl. v. 03.02.2015 – II ZB 12/14, ZIP 2015, 1064 Rn. 15 aE; Bayer, in: Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, 21. Aufl., § 10 Rn. 4; Link, in: Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 6. Aufl., § 10 Rn.  13; Ulmer/Habersack, in: Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., § 10 Rn. 8; Scholz/Veil, GmbHG, 13. Aufl., § 10 Rn. 10; Wöstmann, in: Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl., § 10 Rn. 10; Wachter, GmbHR 2023, 593, 596).

Die Eintragung hat gem. § 8 Abs. 1, § 8a Abs. 1 HGB durch dauerhafte inhaltlich unveränderte Speicherung im elektronisch zu führenden Handelsregister zu erfolgen (siehe auch § 387 Abs. 2 FamFG, § 47 Abs. 1 S. 1 HRV). Eine Entfernung von vorhandenen Eintragungen durch technische Eingriffe oder sonstige Maßnahmen ist dem Registergericht nach § 387 Abs. 2 FamFG, § 12 S. 2 HRV untersagt. Auch die Löschung einer Eintragung gem. §§ 393 ff. FamFG erfolgt nicht durch (technische) Entfernung der Eintragung, sondern ihrerseits als eigene Eintragung, um den Vorgang der Löschung als solchen im Register für Dritte nachvollziehbar zu machen. Selbst unzulässige Eintragungen werden gem. § 395 Abs. 1 S. 2 FamFG, §§ 16, 19 HRV nicht entfernt, sondern durch Eintragung eines Vermerks unter einer neuen laufenden Nummer sowie Rötung der unzulässigen Eintragung gelöscht (vgl. BGH, Beschl. v. 03.02.2015 – II ZB 12/14, ZIP 2015, 1064 Rn. 20).

(3) Schließlich ist das Registergericht nach § 9 Abs.  1 S.  1 HGB zur Offenlegung der eingetragenen Daten in der Form verpflichtet, dass die Einsichtnahme in das Handelsregister jedem zu Informationszwecken durch einzelne Abrufe gestattet wird, ohne dass es der Darlegung eines berechtigten Interesses bedarf (BGH, Beschl. v. 12.07.1989 – IVa ARZ (VZ) 9/88, BGHZ 108, 32, 35 f.; Beschl. v. 03.02.2015 – II ZB 12/14, ZIP 2015, 1064 Rn. 24; Beschl. v. 24.05.2023 – VII ZB 69/21, ZIP 2023, 1640 Rn.  22). Hierfür sind die Eintragungen aus dem Handelsregister über das Registerportal abrufbar zu machen (§ 9 Abs. 1 S. 2, § 10 Abs. 1 HGB, § 52 HRV), indem sie unverzüglich zum Abruf über dieses Portal bereitgestellt werden (§ 10 Abs. 2 HGB, § 32 HRV). […]

ddd) Diese rechtlichen Verpflichtungen des Registergerichts verfolgen ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel im Sinne von Art. 6 Abs. 3 S. 2 und 4 DS-GVO. Sie sollen den Schutz der Sicherheit, Lauterkeit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs im kaufmännischen und handelsgesellschaftlichen Bereich gewährleisten. […]

eee) Dieser Zweck der Datenverarbeitung wird in den oben genannten Rechtsgrundlagen zwar nicht ausdrücklich als solcher benannt, ergibt sich aber aus der Regelung in § 9 Abs.  1 S.  1 HGB, wonach „die Einsichtnahme in das Handelsregister … jedem zu Informationszwecken durch einzelne Abrufe gestattet“ ist (vgl. RegE eines Gesetzes über elektronische Register und Justizkosten für Telekommunikation – ERJuKoG, BT-Drucks. 14/6855, S. 17). Das genügt dem gesetzlichen Zweckfestlegungserfordernis des Art.  6 Abs.  3 S. 2 DS-GVO (vgl. BFH, BB 2023, 2717 Rn. 43; Frenzel, in: Paal/ Pauly, DS-GVO/BDSG, 3. Aufl., Art. 6 DS-GVO Rn. 41; BeckOK IT-Recht/Borges/Steinrötter, Stand: 01.01.2022, Art. 6 DS-GVO Rn. 68 m.w.N.).

fff) Die rechtlichen Verpflichtungen des Registergerichts stehen in einem angemessenen Verhältnis zu dem damit verfolgten legitimen Zweck (Art. 6 Abs. 3 S. 4 DS-GVO). […]

(a) Die oben genannten Vorschriften enthalten klare und präzise Regelungen für die Tragweite und Anwendung der Verarbeitung von Geburtsdatum und Wohnort eines GmbH-Geschäftsführers durch Eintragung, Speicherung und Offenlegung im Internet durch das Registergericht. Die dadurch bewirkte Einschränkung achtet den Wesensgehalt der Grundrechte des Betroffenen auf Schutz personenbezogener Daten und auf Achtung seines Privatlebens, da sich die Verarbeitung nur auf wenige, nicht zum Kernbereich dieses Schutzrechts zählende Daten erstreckt, und entspricht – wie oben ausgeführt – von der Union anerkannten, dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen.

(b) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist gewahrt. Die Datenverarbeitung durch das Registergericht überschreitet nicht die Grenzen dessen, was zur Erreichung der mit den fraglichen Regelungen zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, und die verursachten Nachteile stehen nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen (vgl. EuGH, Urt. v. 22.01.2013 – C-283/11, ECLI:EU:C:2013:28 Rn. 50 = AfP 2013, 123; Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12, ECLI:EU:C:2014:238 Rn.  46 = NJW 2014, 2169; Urt. v. 30.06.2016 – C-134/15, ECLI:EU:C:2016:498 Rn. 33 ff.; vgl. Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl., Art. 52 EU-GRCharta Rn. 65 ff. m.w.N.).

(aa) Die Angabe des Geburtsdatums und des Wohnorts ist geeignet, eine – der legitimen Zielsetzung der Einschränkung entsprechende – zuverlässige Individualisierung und Identifizierung der Person des Geschäftsführers zu ermöglichen. Gleiches gilt für die Offenlegung dieser Angaben durch allgemein zugängliche Veröffentlichung im Internet, die es interessierten Dritten ermöglicht, sich unschwer Kenntnis über die mit der Vertretung der Gesellschaft betrauten Personen zu verschaffen.

(bb) Die Speicherung und unbeschränkte Offenlegung beider Angaben im Internet ist zur Erreichung der Zielsetzung auch erforderlich. […]

(bbb) Die Angabe des unveränderlichen Geburtsdatums ist zur Identifizierung des Geschäftsführers erforderlich, weil damit bei Namensgleichheit weitgehend Verwechslungen ausgeschlossen werden können (vgl. RegE eines Gesetzes zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung anderer handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften [Handelsrechtsreformgesetz – HRefG], BT-Drucks. 13/8444, S. 84 [zu § 125 FGG-E]; Born, in: Ebenroth/Boujong, HGB, 5. Aufl., § 106 Rn.  34; Kollbach, ZVI 2006, 544, 547 f.; Preis/Wentz, ZD 2023, 461, 463; Prütting/Brinkmann, ZVI 2006, 477, 478 f.; Weichert, ZGI 2023, 11, 16).

Die zusätzliche Angabe des Wohnorts ist nicht nur bei besonders gebräuchlichen Namen, sondern auch im Hinblick darauf erforderlich, dass das vollständige Geburtsdatum für Dritte nicht immer leicht überprüfbar sein kann, um durch eine örtliche Eingrenzung des Personenkreises zur zweifelsfreien Identifizierung beizutragen (vgl. Haas/Wöstmann, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, HGB, 6. Aufl., § 106 Rn. 11; Weichert, ZGI 2023, 11, 16; grundsätzlich auch MünchKommHGB/Fleischer, 5. Aufl., § 106 Rn.  20; aA Wachter, GmbHR 2003, 593 Rn.  32). Zwar hängt die Unterscheidungskraft des Wohnorts von den jeweiligen Verhältnissen, insbesondere seiner Größe, ab und kann daher variieren (vgl. Paefgen, in: Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., § 40 Rn. 37; Handelsrechtausschuss des DAV, NZG 2005, 586, 587 f.; Wachter, GmbHR 2023, 593, 595). Eine zur Information des Rechtsverkehrs ebenso wirksame, die Betroffenen aber weniger belastende Form der Datenverarbeitung ist aber nicht ersichtlich. Die Verwendung eines anderen unterscheidungskräftigen personenbezogenen Merkmals (wie etwa des Geburtsorts oder der vollständigen Privatanschrift) wäre mit einem Eingriff von mindestens gleichem Gewicht verbunden (vgl. Weichert, ZGI 2023, 11, 16). […]

(ccc) Schließlich ist auch die Erforderlichkeit der Offenlegung dieser Daten durch deren unbeschränkte Abrufbarkeit im Internet zu bejahen. Das Ziel, jeder interessierten Person die Möglichkeit zu geben, sich möglichst unschwer unabhängig von ihrem Aufenthaltsort und ohne zeitliche Verzögerung durch eine zuverlässige Informationsquelle Kenntnis von den wesentlichen Angaben über die Gründung der Handelsgesellschaften und über die mit ihrer Vertretung betrauten Personen zu verschaffen, lässt sich nur durch die Gewährung des schrankenlosen, mit keinem besonderen Aufwand oder Hindernissen verbundenen Zugangs zu diesen Daten im Internet erreichen (vgl. EuGH, Urt. v. 09.03.2017 – C-398/15, ECLI:EU:C:2017:197 = BB 2017, 652 Rn. 51 – Manni [zum GmbHGeschäftsführer]; Schlussanträge der Generalanwältin vom 14.09.2023 – C-115/22, ECLI:EU:C:2023:676, juris Rn. 169 zur Online-Veröffentlichung von Doping-Verstößen).

(cc) Die durch diese Datenverarbeitung verursachten Nachteile stehen nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen. Die Grundrechte des Antragstellers auf Schutz seiner personenbezogenen Daten und Achtung seines Privatlebens haben bei der gebotenen Abwägung mit den mit der Datenverarbeitung seines Geburtsdatums und Wohnorts im Rahmen seiner Eintragung als GmbH-Geschäftsführer im Handelsregister verfolgten Zielen der Gewährleistung der Sicherheit, Lauterkeit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs im kaufmännischen und gesellschaftlichen Bereich zurückzustehen.

(aaa) Bei der gebotenen Gewichtung des Eingriffs in die Rechte des betroffenen Geschäftsführers (siehe ErwG 76 DS-GVO) ist zunächst festzustellen, dass sich die in Rede stehende Verarbeitung auf wenige personenbezogene Daten beschränkt, die weder zu den besonders sensiblen Daten im Sinne von ErwG 51, S. 1 DS-GVO zählen noch besonders tief in den Persönlichkeitsbereich hineinreichen (vgl. Prütting/Brinkmann, ZVI 2006, 477, 479 [zum Geburtsdatum]). Das gilt auch für die Angabe des Wohnorts, da damit noch nicht die vollständige Privatanschrift preisgegeben, sondern lediglich eine örtliche Eingrenzung vorgenommen wird.

Eine besondere Schwere des Eingriffs ergibt sich allerdings grundsätzlich daraus, dass diese Daten durch ihre unbeschränkte Zurverfügungstellung im Internet einer potenziell unbegrenzten Zahl von Personen zugänglich gemacht werden, wodurch auch Personen, die sich aus nicht mit der Zielsetzung der Verarbeitung zusammenhängenden Gründen Kenntnis von diesen Daten verschaffen wollen, ungehindert darauf zugreifen können. Außerdem können die Daten nach ihrem Abruf beliebig weiterverarbeitet, verknüpft und zu einer Vielzahl von Zwecken, auch für die Planung von Straftaten zum Nachteil des Betroffenen, verwendet werden (vgl. EuGH, Urt. v. 01.08.2022- C-184/20, ECLI:EU:C:2022:601 = RIW 2023, 49 Rn. 102, 104 – Vyriausioji tarnybinės etikos komisija; EuGH, Urt. v. 22.11.2022 – C-37/20 und C-601/20, ECLI:EU:C:2022:912 = WM 2023, 63 Rn. 42 f. – Luxembourg Business Registers; BVerfGE 128, 1, 52 f.).

Die Intensität dieses Eingriffs ist jedoch in verschiedener Hinsicht gemildert.

( ) Zum einen ist zu berücksichtigen, dass der Geschäftsführer mit der Übernahme seines Amtes und Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister selbst bzw. ihm zurechenbar Anlass für die Datenverarbeitung gibt, wobei ihm die damit verbundene Offenlegung der hier in Rede stehenden Daten im Handelsregister in diesem Augenblick bewusst ist (vgl. EuGH, Urt. v. 09.03.2017 – C-398/15, ECLI:EU:C:2017:197 = BB 2017, 652 Rn. 59 – Manni; BVerfGE 128, 1, 53 [zum Standortregister über den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen]; BVerfG, NJW 2008, 1505 Rn. 78). […]

( ) Zum anderen wird das in der Offenlegung der Daten über das Internet liegende Gewicht des Eingriffs dadurch relativiert, dass nach § 52 S. 2 HRV technisch sicherzustellen ist, dass keine gezielte Suche nach natürlichen Personen möglich ist, und die Einsicht von Daten aus dem Handelsregister über das Registerportal auf einzelne Abrufe zu begrenzen ist (§ 9 Abs. 1 S. 1 HGB, § 52 S. 2 HRV), wodurch – entsprechend Art. 5 Abs. 1 Buchst. f) DS-GVO und ErwG 111 S. 2 und 3 DS-GVO – ein Massenabruf von Registerdaten und deren zweckwidrige Weiterverarbeitung verhindert werden sollen (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz zum DiRUG, BT-Drucks. 19/30523, S. 100). […]

(ggg) Ob in besonderen Ausnahmefällen, etwa bei Nachweis konkreter Gefahren für Leib und Leben, eine andere Beurteilung oder evtl. einschränkende Auslegung der rechtlichen Vorgaben geboten sein könnte (vgl. etwa MünchKommHGB/Fleischer, 5. Aufl., § 106 Rn.  20: ausnahmsweise Angabe eines anderen spezifischen Identifikationsmerkmals statt des Wohnorts), bedarf hier keiner Entscheidung. […]

  1. Im Ergebnis zu Recht hat das Beschwerdegericht auch den hilfsweisen Anspruch des Antragstellers auf Beschränkung der Offenlegung seines Geburtsdatums und Wohnorts dahingehend, dass eine Übermittlung an Dritte erst nach einer Interessenabwägung erfolgt, verneint.
  2. a) Ein Recht auf Einschränkung der Verarbeitung aus Art. 18 Abs. 1 und 2 oder aus Art. 21 Abs. 1 S. 2 DS-GVO steht dem Antragsteller nicht zu.
  3. aa) Die in Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) bis c) DS-GVO genannten Einschränkungsgründe liegen nicht vor. Der Antragsteller hat die Richtigkeit der eingetragenen Daten nicht bestritten, die Verarbeitung der betroffenen Daten ist nicht unrechtmäßig und die Daten werden für die Zwecke ihrer Verarbeitung durch das Registergericht weiter benötigt.
  4. bb) Der Antragsteller kann auch keine Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. d) oder Art. 21 Abs. 1 S. 2 DS-GVO wegen des von ihm erhobenen Widerspruchs verlangen, weil bereits die Voraussetzungen eines Widerspruchrechts gem. Art. 21 Abs. 1 S. 1 DS-GVO nicht erfüllt sind.

Ein Widerspruchsrecht gem. Art. 21 Abs. 1 S. 1 DS-GVO besteht nicht, wenn die Datenverarbeitung – wie hier – aufgrund von Art. 6 Abs. 1 Buchst. c) DS-GVO zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung des Verantwortlichen erfolgt. Das gilt auch dann, wenn die Verarbeitung zugleich nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. e) DS-GVO erlaubt wäre (LSG Darmstadt, RDV 2020, 95, 96; Gierschmann/Assion/Nolte/Veil, DS-GVO, Art. 6 Rn.  95; Heberlein, in: Ehmann/Selmayr, DS-GVO, 2. Aufl., Art.  6 Rn.  23; Herbst, in: Kühling/Buchner,DS-GVO/BDSG, 4. Aufl., Art.  21 DS-GVO Rn.  12; Herbst, in: Kühling/Buchner, DS-GVO/BDSG, 4. Aufl., § 36 BDSG Rn. 17; Munz, in: Taeger/ Gabel, DS-GVO/BDSG/TTDSG, 4. Aufl., Art. 21 DS-GVO Rn. 10; Kamann/Braun, in: Ehmann/Selmayr, DS-GVO, 2. Aufl., Art. 21 Rn. 13; Kremer, in: Laue/Kremer, Das neue Datenschutzrecht in der betrieblichen Praxis, 2. Aufl., § 4 Rn.  76; BeckOK ITRecht/Steinrötter, Stand: 01.01.2023, Art.  21 DS-GVO Rn.  10; Bieresborn, NZS 2018, 10, 13; im Ergebnis auch Martini, in: Paal/Pauly,DS-GVO/BDSG, 3. Aufl., Art. 21 DS-GVO Rn. 28, 45a [Ausschluss auf Rechtsfolgenebene]; vgl. auch Gierschmann/ Veil, DS-GVO, 1. Aufl., Art. 21 Rn. 27 f.; Brühann, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Stand: Mai 1999, Art. 14 Datenschutz-Richtlinie [A 30] Rn.  6 [zu Art.  14 der Datenschutz-Richtlinie]). […]

  1. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst. Die Anwendung des Unionsrechts auf den vorliegenden Fall wirft keine Auslegungsfragen auf, die nicht schon aus sich heraus klar oder durch die zitierte Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hinreichend geklärt sind (vgl. EuGH, Urt. v. 06.10.1982 – C-283/81, ECLI:EU:C:1982:335 = NJW 1983, 1257 Rn. 14, 16, 21 – C.I.L.F.I.T. u.a.). […]