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Urteil : Kein vorbeugender Schutz gegen ungewisse Weitergabe von Krankheitszeiten an die Gleichstellungs beauftragte : aus der RDV 4/2020, Seite 216 bis 2017

(Verwaltungsgerichtshof Kassel, Beschluss vom 30. April 2020 – 1 A 1825/16 –)

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Einer vorbeugenden Unterlassungsklage gegen die in einer Dienstvereinbarung zum betrieblichen Eingliederungsmanagement vorgesehene Weitergabe von Krankheitszeiten (6 Wochen innerhalb eines Jahres) an die Gleichstellungsbeauftragte fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn völlig offen ist, ob der Kläger diese Krankheitszeiten je aufweisen wird.

Aus den Gründen:

Für den (vorbeugenden) Unterlassungsantrag fehlt dem Kläger das qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis.

Droht die Verletzung (grund-)rechtlich geschützter Rechte durch ein schlicht hoheitliches Verwaltungshandeln, ist die vorbeugende Unterlassungsklage zulässig, wenn das Verwaltungshandeln zu einer Beeinträchtigung von relevantem Gewicht führt und ein weiteres Zuwarten mit nicht zumutbaren Nachteilen verbunden wäre (vgl. Sächsisches OVG, Urteil vom 24. Februar 2010 – F 7 D 23/07 – juris Rn. 21). Das künftige Verwaltungshandeln muss nach seinem Inhalt und seinen tatsächlichen wie rechtlichen Voraussetzungen so weit bestimmt sein, dass eine Rechtmäßigkeitsprüfung möglich ist. Für den Eintritt der (befürchteten) Rechtsverletzung muss eine hinreichende Wahrscheinlichkeit sprechen (vgl. Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 42 Rn. 69). Solange sich noch nicht mit der dafür erforderlichen Bestimmtheit ersehen lässt, welche Maßnahmen drohen oder unter welchen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen sie ergehen werden, kann ein berechtigtes Interesse an einem vorbeugenden Rechtsschutz nicht anerkannt werden (Sodan/ Ziekow, VwGO, § 42, Rn. 55). Denn gerichtliche Verfahren dienen grundsätzlich nicht dazu, dass vorbeugend abstrakte Rechtsfragen geklärt werden sollen, bei denen die konkreten Umstände noch nicht hinreichend bestimmt sind.

Die genannten Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der seitens des Klägers befürchtete Eingriff ist insoweit unbestimmt und nicht hinreichend wahrscheinlich, als völlig offen ist, ob es je zu der in Streit stehenden Datenübermittlung kommen wird. Denn diese hängt von der (aktuell) ungewissen Bedingung ab, dass der Kläger die Voraussetzungen des § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX (frühere Fassung: § 84 Abs. 2 SGB IX, auf den die Beteiligten sich in ihrem Vorbringen beziehen) für ein BEM-Verfahren erfüllen wird. Ob er je in Zukunft innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt „arbeitsunfähig“, d.h. dienstunfähig sein wird, ist völlig offen. Derzeit sind solche langen Krankheitszeiten nicht in Sicht. Es ist dem Kläger zuzumuten, erst dann um (erforderlichenfalls einstweiligen) Rechtsschutz nachzusuchen, wenn solche langen Krankheitszeiten für ihn konkret absehbar sind. Sein Einwand, dass er möglicherweise im Fall längerer Krankheitszeiten aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sein wird, den Eingriff abzuwehren, greift nicht. Unzumutbare Belastungen des Klägers vermag das Berufungsgericht darin nicht zu erkennen. Zum einen ist ein solcher Fall – etwa ein schwerer Autounfall oder schwerer Schlaganfall – aus heutiger Sicht nicht hinreichend wahrscheinlich. Zum anderen kann der Kläger durch vorsorgliche Beauftragung und Bevollmächtigung sicherstellen, dass in einer derartigen Situation ein entsprechendes Rechtsschutzgesuch in seinem Auftrag und Namen gestellt wird.