Literaturhinweis : Datenschutz für Kindertageseinrichtungen : aus der RDV 5/2022, Seite 286 bis 287
Michael Els, Datenschutz für Kindertageseinrichtungen, Wolters Kluwer, Hürth 2022, ISBN 978-3-556-09092-3, 35,00 €
Die Bedeutung eines funktionierenden Datenschutzes in der Kita ist evident. Jüngst wurden 42 Kita-Apps durch ITSicherheitsexperten untersucht, wobei z.T. gravierende Mängel zutage getreten sind (https://t1p.de/cu25y). Mehrere Aufsichtsbehörden haben sich in der Vergangenheit mit den spezifischen Verarbeitungssituationen in Kindertageseinrichtungen auseinandergesetzt (vgl. etwa Niedersachsen, https://t1p.de/4hlp1; Rheinland-Pfalz, https://t1p.de/47v68; Baden-Württemberg, https://t1p.de/hds7). Die dort zur Verfügung gestellten knappen Informationen bleiben jedoch zwangsläufig an der Oberfläche.
Diese spürbare Lücke wurde nun von Michael Els geschlossen. Der Verfasser macht es sich zur Aufgabe, „eine möglichst praxisnahe Instruktion an die Hand zu geben“ (S. 11), weshalb das Werk nach einer grundlegenden Einführung entlang der Arbeitsprozesse innerhalb einer Kita gegliedert sei.
In der Praxis stellt sich zunächst die Frage, welches Datenschutzrecht für die verschieden kommunalen, freien und kirchlichen Träger jeweils Anwendung findet. Für kommunale Kitas sind dies unzweifelhaft die bereichsspezifischen Vorschriften des SGB VIII und SGB X (S. 16). Schwieriger ist die Ausstrahlungswirkung des § 68 Abs. 3 SGB VIII einzuschätzen, wonach bei der Inanspruchnahme freier Träger sicherzustellen ist, dass der Schutz der personenbezogenen Daten bei der Verarbeitung in entsprechender Weise wie im Sozialdatenschutz gewährleistet ist. Els geht insoweit nicht davon aus, dass es sich um eine partielle Rechtsfolgenverweisung ähnlich § 78 Abs. 1 Satz 3 SGB X (hierzu Franck, ZD 2015, 155 ff.) handelt. Er kommt gleichwohl über öffentlich-rechtliche Sicherstellungsvereinbarungen sowie die zivilvertragliche Rücksichtnahmepflicht – bzw. im Falle katholischer Einrichtungen über eine Anordnung der deutschen Bischöfe – zu einer entsprechenden Anwendung der SGB-Vorschriften für freie (S. 19) und kirchliche (S. 21) Träger. Zweifelhaft ist freilich, ob allein hierdurch der nötige Konnex zwischen Art. 6 Abs. 1 lit. e DS-GVO und den §§ 62 ff. SGB VIII geschaffen werden kann (vgl. ErwGr 41 DS-GVO).
Das Werk folgt dem „Lebenszyklus“ (S. 34) des personenbezogenen Datums von seiner Erhebung – im Sozialdatenschutz ist weiterhin der Vorrang der Direkterhebung angeordnet – über die Verarbeitung bis zur Übermittlung. Der Verfasser beschäftigt sich intensiv mit der Einwilligung als Erlaubnistatbestand und vertritt die pragmatische Auffassung, dass in Routinefällen entgegen § 1627 BGB nicht stets beide sorgeberechtigten Elternteile einwilligen müssen. Diese Auffassung ist für sich genommen nicht neu, sie wird aber ganz praxisbezogen unterlegt mit einer anschaulichen Tabelle eher erheblicher bzw. eher unerheblicher Angelegenheiten.
Gleich vier Kapitel widmen sich der allgegenwärtigen Verarbeitung von Bildmaterial, sei es im Kita-Alltag, bei Veranstaltungen, durch Dritte (z.B. Großeltern) sowie schließlich bei der Veröffentlichung von Beschäftigtenphotos. Außerdem sind knappe Darstellungen des Beschäftigtendatenschutzes (insb. Fragerechte; erweitertes Führungszeugnis!), des Datensicherheitsrechts, des Outsourcings sowie der Betroffenenrechte enthalten.
Überraschend knapp fallen die Ausführungen zum DSB aus (S. 33), obschon jede Kita unabhängig von ihrer jeweiligen Trägerschaft zwingend einen solchen benennen muss (vgl. Eßer/ Franck, Datenschutzrecht, 2022, Rn. 79 ff.; ULD Schleswig-Holstein, 37. TB 2017/2018, S. 92 f.). Etwaige Haftungsrisiken werden nicht behandelt, möglicherweise geht der Verfasser davon aus, dass es im Bereich des KitaDatenschutzes keiner extrinsischen Motivation zur Compliance bedarf.
Els gibt insgesamt einen dichten Überblick über das anwendbare Recht beim Betrieb einer Kindertageseinrichtung. Zahlreiche Beispiele und Muster runden die Kapitel ab und machen die Materie handhabbar. Hervorgehoben sei hier nur die umfangreiche Übersicht über Aufbewahrungsfristen im Zusammenhang mit dem Löschanspruch (S. 229 ff.).
Das Werk ist vor allem für Kita-Leitungen sowie deren Datenschutzbeauftragte von immensem Wert. Die Leitungen bekommen eindrucksvoll das gesamte Ausmaß ihrer datenschutzrechtlichen Pflichten aufgezeigt, Datenschutzbeauftragte finden schnell Antworten auf ihre drängendsten Fragen.
(Prof. Dr. Lorenz Franck, Brühl)