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Editorial : 2015 – ein datenschutzbezogener Rück- und Ausblick: Safe Harbour gekippt, DS-GVO und TTIP kommen, und die Vorratsdatenspeicherung ist wieder da : aus der RDV 6/2015, Seite 277 bis 278

Archiv RDV
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Das zu Ende gehende Jahr hat für den Datenschutz einiges bewegt. Gesetzgebung und Rechtsprechung setzten neue Wegzeichen. Von den in diesem Jahr in Kraft getretenen datenschutzrelevanten Gesetzen gebührt dem zweiten Versuch zur Regelung der Vorratsspeicherung in Bezug auf ihre Fragwürdigkeit und im Hinblick auf ihr angesichts anstehender Verfassungsbeschwerden ggf. kurzfristiges Leben die Nennung an erster Stelle. Gute Gründe sprechen dafür, dass das Gesetz den vom BVerfG und dem EuGH bei der Aufhebung der Vorgängerregelungen aufgestellten Bedingungen nicht genügt.

In Kraft getreten ist in diesem Jahr das IT-Sicherheitsgesetz, wenngleich die für die konkrete Umsetzung erforderlichen Verordnungen noch ausstehen. Ob das Gesetz hilft, im Kampf gegen die Cyberkriminalität wirksameren Schutz zu gewähren, bleibt abzuwarten.

Das das Melderecht in Deutschland in bescheidenem Umfang reformierende Bundesmeldegesetz gilt seit dem 1. November. Positives für den Datenschutz enthält es bei der restriktiven Festlegung der Voraussetzungen für die Weitergabe von Meldedaten an private Stellen.

In den Schubläden der Bundestagsfraktionen verschwunden ist das im März in den Bundestag eingebrachte „Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts“, mit dem klageberechtigte Verbände, und hier vorrangig die Verbraucherschutzorganisationen, umfassender als bisher gegen Datenschutzverstöße gegenüber Verbrauchern per Abmahnung und Unterlassungsanspruch vorgehen können sollen.

In begrenzter Neugier wartet die Datenschutzwelt sodann auf das für Ende des Jahres angekündigte Ergebnis des Trilogs zur EU DS-GVO. Das sich seit 40 Jahren Schritt für Schritt fortentwickelte Datenschutzrecht wird – was zu begrüßen ist – jedenfalls keiner bisherige Grundsätze auf den Kopf stellenden „Modernisierung“ unterzogen. Von Bedeutung wird sein der Umfang der Einbeziehung der zwischenzeitlichen technischen Gegebenheiten speziell für das Internet durch praxistaugliche Regelungen.

Offen ist auf Grund der Hinterzimmerpolitik, inwieweit die im Abkommen zur „Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft“ („Transatlantic Trade and Investment Partnership“, kurz TTIP) vorgesehene gegenseitige Anerkennung sozial-, arbeits- und auch datenschutzrechtlicher Bestimmungen Auswirkungen auf den grenzüberschreitenden Datenverkehr haben könnte.

Insofern höchst bedeutsam ist, dass der EuGH die bisherige Reihe von datenschutzwegweisenden Entscheidungen mit der aktuellen Safe Harbour-Entscheidung beachtenswert fortgesetzt hat. Die in der DS-GVO als besonders bedeutsam angekündigten Neuerungen, wie das „Recht auf Vergessen-Werden“, hat er bereits vorweggenommen und nunmehr aktuell in der Safe Harbour-Entscheidung negative Konsequenzen aus der staatlichen Datenschutzpraxis in den USA gezogen.

Das Urteil belegt einmal mehr, dass der teilweise befürchtete Verlust höchstrichterlicher Gewährleistung des informationellen Selbstbestimmungsrechts durch das BVerfG, bei der im Zusammenhang mit der DS-GVO vom EuGH übernommenen Federführung diesbezüglicher Rechtsprechung, sich eindeutig als unzutreffend erwiesen hat.

Prof. Peter Gola

Prof. Peter Gola Mitherausgeber und federführender Schriftleiter der Fachzeitschrift RDV sowie Ehrenvorsitzender der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit (GDD) e.V., Bonn