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Urteil : Kontoauszüge in Sozialamtsakten : aus der RDV 4/2018, Seite 229 bis 231

(Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. März 2018, – L 18 AS 2312/17 –)

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Dem Betroffenen steht kein Anspruch auf Entfernung von Kontoauszügen aus den Verwaltungsakten des Grundsicherungsträgers gem. § 84 Abs. 2 SGB X zu.

Aus den Gründen:

Ein Anspruch der Klägerin auf Löschung der Daten im Wege der Entfernung der Kontoauszüge aus den Leistungsakten des Beklagten nach § 84 Abs. 2 SGB X besteht nicht. Nach Satz 1 dieser Vorschrift sind Sozialdaten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Unter Löschen ist das Unkenntlichmachen gespeicherter Sozialdaten zu verstehen (§ 67 Abs. 6 Satz 2 Nr. 5 SGB X). Hierunter dürfte – neben der physischen Vernichtung – auch das Entfernen von Datenträgern und das Aushändigen an den Betroffenen fallen. Die Voraussetzungen für eine Löschung nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X liegen nicht vor, denn die Aufbewahrung der Kontoauszüge in den Verwaltungsakten ist eine rechtmäßige Speicherung von Daten nach § 67c SGB X. Unter Speichern ist das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Sozialdaten auf einem Datenträger zum Zwecke ihrer weiteren Verarbeitung oder Nutzung zu verstehen (vgl. § 67 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Das Bayerische Landessozialgericht (BayLSG) hat, wie schon vom SG wörtlich zitiert, zur Speicherung von Sozialdaten hinsichtlich der Aufbewahrung von Kontoauszügen im Beschluss vom 21. Mai 2014 – L 7 AS 347/14 B ER – Folgendes ausgeführt:

„Das Aufbewahren von schriftlichen Datenträgern in der Verwaltungsakte ist eine Form der Datenspeicherung nach § 67 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 SGB X (vgl. BayLSG, Urteil vom 31.03.2011, L 15 SB 80/06 und BayLSG, Beschluss vom 14.11.2013, L 7 AS 579/13 B ER).

Gemäß § 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X ist das Speichern von Sozialdaten zulässig, wenn es zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Leistungsträgers liegenden gesetzlichen Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch erforderlich ist und es für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Diese Daten dürfen gemäß § 67c Abs. 2 Nr. 1 SGB X auch für andere Zwecke gespeichert werden, wenn sie für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs erforderlich sind.

Die Aufbewahrung der Kontoauszüge ist zunächst erforderlich, um die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers zu überprüfen. Die Kontoauszüge sind sorgfältig auf Einkommen, Vermögen und Bedarf zu prüfen. Eine kurze Einsichtnahme genügt dafür nicht.

Für Kontoauszüge, die Einnahmen enthalten, liegt dies auf der Hand. Das anrechenbare Einkommen festzustellen erfordert komplexe Berechnungen. Aber auch Kontoauszüge, die kein anrechenbares Einkommen ausweisen, sind leistungserheblich. Der Bedarf – insbesondere Miethöhe und Betriebskosten der Unterkunft – lässt sich teilweise aus den Kontoauszügen ablesen. Länger dauernde Ausgaben können zu anrechenbarem Vermögen führen. Die Kontoauszüge der letzten Monate können Anlass für eine Direktüberweisung der Unterkunftskosten an den Vermieter nach § 22 Abs. 7 Satz 2 SGB II geben. Aus Kontoauszügen ablesbares unwirtschaftliches Verhalten kann zu einer Sanktion nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 SGB II führen. Kontoauszüge sind somit eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für die Gewährung von Leistungen nach SGB II und als solche zu der Verwaltungsakte zu nehmen.

Zu den Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch gehören neben der aktuellen Verbescheidung des nächsten Bewilligungsabschnitts auch sich eventuell anschließende Widerspruchs- und Gerichtsverfahren. Hinzu kommt die Korrektur von Bescheiden gemäß §§ 44 ff SGB X; nach § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X kann dabei ein Zeitraum von zehn Jahren betroffen sein. Weitere mögliche Folgeverfahren sind die Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach § 34 und § 34a SGB II. Eine Erbenhaftung nach § 35 SGB II erstreckt sich ebenfalls auf zehn Jahre, wobei der Leistungsträger die Rechtmäßigkeit der Leistungsgewährung nachweisen muss (Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 35 Rn. 20). Hinzu kommen mögliche Erstattungsverfahren gegenüber anderen Leistungsträgern nach §§ 102 ff SGB X.

Dies macht deutlich, dass sich die Erforderlichkeit der Datenspeicherung keineswegs in der aktuell anstehenden Verwaltungsentscheidung erschöpft. Die Entscheidungsgrundlagen sind auch für mögliche Folgeverfahren aufzubewahren.

Weil nicht im Vorhinein festgelegt werden kann, welche Entscheidungsgrundlagen für wie viele Jahre benötigt werden, treffen Aktenordnungen pauschalisierte Regelungen zur Aufbewahrungsfrist. Diese sind als verwaltungsinterne Richtlinien nicht geeignet, gesetzliche Vorgaben wie die Grenzen des § 67c SGB X zu beseitigen. Der Aktenplan SGB II der Bundesagentur für Arbeit und der gemeinsamen Einrichtungen nach SGB II von 2012 sieht eine regelmäßige Aufbewahrungsdauer von 10 Jahren nach Schließung der Akte bzw. des Vorgangs vor. Vor dem oben aufgezeigten Hintergrund ist das nicht zu beanstanden.

c) Es besteht auch die erforderliche Zweckidentität nach § 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X, da die Daten für den Zweck, für den sie erhoben wurden, der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, gespeichert werden. Soweit es um Folgeentscheidungen geht, handelt es sich zumindest um die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs nach § 67c Abs. 2 Nr. 1 SGB X.“

Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung in vollem Umfang an. Entgegen der Auffassung der Klägerin genügt zur Erfüllung der Aufgaben des Beklagten die Einsichtnahme in die Kontoauszüge und „ein entsprechender Vermerk“ nicht, da für die korrekte und zügige Erledigung der Aufgaben die vollständige, sichere und schnelle Verfügbarkeit der in den Kontoauszügen enthaltenen Daten unerlässlich ist (vgl LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. März 2015 – L 31 AS 2974/14 –, juris, speziell auch zur Notwendigkeit, mit der „Schlagzahl“ des seinerzeitigen Vertreters der Klägerin „Schritt zu halten“).

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Entfernung der Kontoauszüge gemäß § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB X. Danach sind Sozialdaten auch zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die verantwortliche Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich sind und kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Löschung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, denn die Kenntnis der in den Kontoauszügen enthaltenen Daten ist aus den oa Gründen auch noch nach Abschluss des jeweiligen Verwaltungsverfahrens, in dem sie vorgelegt wurden, regelmäßig erforderlich. Selbst wenn ausnahmsweise ein Löschungsanspruch ggf hinsichtlich einzelner Daten auf Kontoauszügen im Hinblick auf den eingetretenen Zeit – bzw Fristablauf bzw sonstige „erledigende“ Umstände in Betracht käme, so war der Beklagte im Hinblick darauf, dass die Klägerin ihr Begehren mit dem insoweit unbestimmten Löschungsantrag nicht dahingehend in Bezug auf konkret bezeichnete Kontoauszüge konkretisiert hatte, nicht verpflichtet, von sich aus jeden Kontoauszug auf den Antrag vom 10. Oktober 2013 entsprechend zu überprüfen. Solange – wie hier – der Umfang des Prüfauftrags für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht erkennbar ist, ist der Beklagte berechtigt, von einer weiteren inhaltlichen Prüfung abzusehen. Insoweit kann nichts anderes als im Fall nicht konkretisierter Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X gelten (vgl nur BSG, Beschluss vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 335/13 – juris mwN; vgl auch BSG, Beschluss vom 21. Februar 2017 – B 4 AS 379/16 B – zur hinreichenden Bestimmtheit eines Löschungsantrags).

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Speicherung der in den Kontoauszügen enthaltenen Daten, denn die Speicherung war – wie oben ausgeführt – rechtmäßig.