Urteil : Voraussetzungen für die Erteilung einer Untervermietungsgenehmigung : aus der RDV 4/2018, Seite 232 bis 234
(Landgericht Berlin, Urteil vom 11. April 2018 – 66 S 275/17 –)
- Zu dem berechtigten Interesse an einer nach § 553 Abs. 1 BGB beanspruchten Untervermietung muss der Mieter dem Vermieter zwar plausible und wahrheitsgemäße Angaben machen; ein Anspruch des Vermieters, dass ihm für solche Angaben geeignete Beweise vorgelegt werden, bevor er über die Erteilung der Erlaubnis eine Entscheidung trifft, besteht nicht.
- Dies gilt auch dann, wenn der Mieter als Grund für den Wunsch zur Untervermietung den Umstand anführt, sich die Wohnung wegen der Maßgabe des SGB II zu hohen Wohnkosten allein nicht länger leisten zu können. Der Vermieter ist nicht berechtigt, eine Entscheidung über die Erteilung der Erlaubnis davon abhängig zu machen, dass der Mieter zunächst einen aktuellen und vollständigen Bescheid über Leistungen des Jobcenters vorlegt.
Sachverhalt:
Die Parteien stritten ursprünglich um die Erteilung einer Genehmigung zur Untervermietung in der von der Klägerin bewohnten 3-Zimmer-Wohnung, die schließlich in der mündlichen Verhandlung beim Amtsgericht am 28.9.2017 erteilt wurde.
Nach übereinstimmend erklärter Teil-Erledigung der Hauptsache hat das Amtsgericht in dem angefochtenen Urteil noch festgestellt, dass der Beklagte die Klägerin von Nachteilen freizustellen hat, die darauf beruhen, dass der Vermieter die Zustimmung nicht bereits zum 1.1.2017 erklärt hat. Außerdem hat das Amtsgericht dem Beklagten entsprechend § 91 a ZPO auch im Umfang der teilweisen Erledigung der Hauptsache die (gesamten) Verfahrenskosten auferlegt.
Gegen beides richtet sich das vom Beklagten eingelegte Rechtsmittel.
Aus den Gründen:
Das Amtsgericht hat zutreffend die Klage auf Genehmigung der Untervermietung für zulässig und begründet erachtet und also dem Beklagten (auch) insoweit die Kosten des Verfahrens auferlegt.
1. Der Klägerin stand zur Zeit der Erledigung der Hauptsache ein Anspruch gegen den Beklagten auf Erteilung einer Erlaubnis zur Untervermietung eines Zimmers der von ihr angemieteten 3-Zimmer-Wohnung zu. Das dafür nach § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderliche berechtigte Interesse an der Untervermietung lag vor. Der Beklagte hatte spätestens mit dem für die Klägerin verfassten Schreiben vom 08.11.2016 alle Informationen erhalten, von denen er seine Zustimmung abhängig machen durfte.
Das Amtsgericht hat dazu ausgeführt:
„… Ein anerkennenswertes berechtigtes Interesse der Klägerin gemäß § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB lag in ihrer wirtschaftlichen Bedürftigkeit (…) Dies kann nach einhelliger und zutreffender Rechtsprechung auch die Entlastung von Wohnkosten sein (…) Ein solches Interesse hat die Klägerin damit dargelegt, dass mit den Untermieteinnahmen (…) Ihre Belastung mit Unterkunftskosten signifikant gesenkt wird. (…)
Die Genehmigung ist von der Klägerin spätestens mit dem Anwaltsschreiben vom 8.11.2016 in zustimmungsfähiger Form verlangt worden. Die Klägerin hatte zu diesem Zeitpunkt Namen und Anschrift des Untermieters genannt sie hatte schon zuvor den Grund des Überlassungsbegehrens genannt und dargelegt, dass dieser nachträglich entstanden sei sowie angegeben, dass ein Zimmer untervermietet werden solle, und den hierfür avisierten Untermietzins genannt. Damit ist sie ihren Darlegungspflichten nachgekommen (…) Eine nähere Darlegung der klägerischen Vermögensverhältnisse konnte der Beklagte, nicht zur Voraussetzung der Erteilung der Genehmigung erheben (…) Es war bereits klar, dass die 3-Zimmer-Wohnung für die bis dahin allein darin lebende Klägerin einerseits zu groß und andererseits zu kostspielig war. Das Interesse, die anfallenden Kosten zu senken, um einem sonst zwar nötigen, aber bei der bekannt angespannten Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt auch schwierigen Umzug in eine preiswertere Wohnung zu vermeiden, war (…) klar und verständlich dargestellt. Es bedurfte danach keiner weiteren Darlegung. Insbesondere die geforderte Vorlage von Bescheiden geht – gerade auch in Ansiedlung der informationellen Grundrechte der Klägerin nach Art. 2 Abs. 1 GG deutlich zu weit (…)“.
Diesen Ausführungen ist zunächst nichts hinzuzufügen; das Berufungsgericht schließt sich der eingehend dargelegten Auffassung des Amtsgerichts an.
Der Beklagte hält in der Berufungsbegründung zwar daran fest, ein Vermieter könne und müsse über eine Genehmigung zur Untervermietung nicht entscheiden, bevor er aussagekräftige Unterlagen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mieters erhalten habe, durch welche die vom Mieter aufgestellten Behauptungen bewiesen werden müssten. Diese Einschätzung überzeugt aber nicht.
Die vom Amtsgericht zutreffend wiedergegebenen Voraussetzungen für das Vorliegen eines berechtigten Interesses an einer Untervermietung beschränken sich darauf, dass ein Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichen Gewicht vorliegen muss, welches mit der geltenden Rechtsund Sozialordnung vereinbar ist (vgl. nur m.w.N. SchmidtFutterer, Rz. 4 zu § 553 BGB). Es kann sich um ein persönliches aber auch um ein wirtschaftliches Interesse handeln (BGH, Beschluss vom 3. Oktober 1984 – VIII ARZ 2/84; hier zitiert nach beck-online).
Dem Gesetz ist keine weitergehende Hürde dahingehend zu entnehmen, dass der Mieter die Genehmigung zur Untervermietung etwa erst dann beanspruchen könnte, wenn ihm andernfalls Vermögensverfall, Wohnungsverlust oder sonstige Fälle schwerer eigener Not drohen. Ist aber der Anspruch des Mieters vom Bestehen einer solchen konkreten Notlage nicht abhängig, so fehlt schon deshalb jeder Anlass, dem Vermieter die Überprüfung des Vorliegens einer solchen wirtschaftlichen Lage zuzugestehen.
Daran ändert sich auch dann nichts, wenn ein Mieter im konkreten Einzelfall das Bestehen eigener wirtschaftlicher Not als einen der Gründe für den Entschluss zur Untervermietung benennt. Auch wenn also die Klägerin konkret erklärt hatte, ihren Lebensunterhalt durch gering vergütete Erwerbsarbeit sowie zusätzlich durch Leistungen des Jobcenters nach dem SGB II zu bestreiten, gab dies dem Beklagten keinen Anspruch darauf, vollständige, aktuelle und (nach seinen Maßstäben) aussagekräftige Unterlagen als Beweis einzufordern, bevor er sich zur Frage der Erteilung der Genehmigung verbindlich äußerte. Zwar verlangt ein Vermieter mit Recht plausible und nachvollziehbare Angaben zu dem berechtigten Interesse an einer Untervermietung, und ebenso begründet ist sein Interesse an der Namhaftmachung des konkret in Aussicht genommenen Untermieters, diese Voraussetzungen werden aber durch vollständige und plausible Informationen (also durch Auskünfte) erfüllt; eine Beweispflicht nach Maßgabe zivilprozessualer Maßstäbe besteht entgegen der Erwartung des Berufungsklägers im Rahmen vertraglicher Korrespondenz nicht.
Das Gericht verkennt nicht, dass die Klägerin in der Verhandlung beim Amtsgericht im September 2017 den Bescheid des Jobcenters vom 9.1.2017 vorgelegt hat, und dass dies auch bereits früher hätte geschehen können. Viele Mieter, die die Voraussetzungen für eine Untervermietung möglichst zügig und unkompliziert klären wollen, werden sich freiwillig zur Vorlage derartiger Unterlagen beim Vermieter entschließen, weil dies in einem atmosphärisch intakten Mietverhältnis die vom Mieter angestrebte Entscheidung des Vermieters erleichtern und in einer konstruktiven Kommunikation beschleunigen wird. Aus einem solchen – im Grundsatz zweifellos sinnvollen – freiwilligen Verhalten von Mietparteien ist aber nicht zu schlussfolgern, dass es einen Rechtsanspruch auf aussagekräftige Nachweise auch dort geben muss, wo die zwischenmenschlichen Voraussetzungen für ein konstruktives Miteinander nicht gegeben sind. Der Beklagte selbst hat sich im vorliegenden Verfahren für ein konflikthaftes Vorgehen entschieden. Er hat sich im Zeitraum vor der Klageerhebung darauf verlegt, ihm vorliegende Informationen zur Untervermietung als unzureichend zu kennzeichnen, und den Prozessbevollmächtigten der Klägerin wissen zu lassen, dass diesem ja selbst bekannt sei, welche „…weitere Daten zu benennen…“ seien (Schreiben vom 1.9.2016). Im Folgeschreiben vom 15.9.2016 hat er dann formuliert „Bevor die notwendigen Informationen nicht vorliegen, und was notwendig ist findet sich in der entsprechenden Kommentierung, muss mein Mandant die Genehmigung nicht erteilen…“. War die Klägerin nach solcher Korrespondenz zunächst nicht bereit, freiwillig ihre Sozialdaten in der Gestalt jeweils aktueller Bescheide des Jobcenters zu offenbaren, so rechtfertigt dies einen gegen ihren Willen durchsetzbaren Rechtsanspruch des Beklagten nicht.
2. Auch die Feststellungsklage hat das Amtsgericht mit Recht als zulässig und begründet angesehen. Schon mit Schriftsatz vom 3.7.2017 hat die Klägerin ihren schlüssigen Sachvortrag durch die Einreichung des bis zum 31.1.2017. geltenden Bewilligungsbescheides des Jobcenters untermauert, wonach als Bedarf für Unterkunft und Heizung lediglich 449 € vom Amt übernommen wurden. Gegenüber der Gesamtmiete von 537,36 € verblieb also laufend ein ungedeckter Kostenteil, den die Klägerin durch den Beitrag eines Untermieters hätte decken können und wollen. Die Grundlage für einen Anspruch auf Freistellung von den Nachteilen einer verspätet erteilten Genehmigung zur Untervermietung lag damit vor.
Die Klägerin verweist mit Recht darauf, dass die abschließende Bezifferung der wirtschaftlichen Folgen einer verspätet genehmigten Untervermietung zunächst auch deshalb nicht möglich war, weil bis zur Genehmigung die Höhe eines möglichen Untermietzuschlag nicht bekannt gewesen ist. Die Parteien haben tatsächlich in der mündlichen Verhandlung beim Amtsgericht einen Zuschlag in Höhe von 40 € zugunsten des Beklagten vereinbart. Frühestens seit diesem Zeitpunkt waren also die unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen der Begründung eines Untermietverhältnisses kalkulierbar.
Auch für die Zeit danach trifft aber auch der weitere Hinweis der Klägerin zu, wonach sie die Einnahmen aus einer Untervermietung beim Jobcenter wird angeben müssen, so dass sich die im Rahmen möglicher Änderungsbescheide daraus ergebenden Anrechnungen oder Kürzungen von Leistungen auch insoweit nicht abschließend bezifferbar sind. Selbst wenn also mit dem Untermietzuschlag ein Teil der zunächst unbekannten Parameter für die Berechnung eines Schadens in 1. Instanz geklärt worden ist, war die Klägerin im Zeitraum zwischen der Beendigung der 1. Instanz bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht gehalten, (ggf. teilweise) von der ursprünglich zulässig erhobenen Feststellungsklage in 2. Instanz zur Leistungsklage überzugehen (vgl. BGH v. 15.11.1977; VI ZR 101/76; NJW 1978, 210 ff.).